62 - familiär und fremd - Jari

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- Sonntag, 02.06.2024 - Unwritten/Natasha Bedingfield -

"Na dann moderier mal schön!" Mit den Worten verabschiedete ich mich noch kurz von Lennart und legte daraufhin auf. Gerade genoss ich die letzten paar Sonnenstrahlen hier in Leipzig vor der Halle, bevor ich für die nächsten 5 Stunden nur noch die Innenseiten der Quarterback Immobilien-Arena sehen würde.

"Hey, Großer!" Eine Stimme drang von hinter mir an mein Ohr heran und sofort konnte ich diese Stimme zuordnen. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen wendete ich mich zu einer strahlenden Liv um, die mich bereits vorfreudig anlächelte und mich kurz zur Begrüßung umarmte. "Hey, Kleine", grüßte ich sie ebenfalls.

"Na, bereit für heute?", fragte sie vorsichtig nach. Ich seufzte und nickte dann. "Schon. Auch wenn es seltsam ist, all die Arbeit heute auf dir abzuladen", gab ich ehrlich zu. Ich war nie gut darin gewesen, andere Leute 'meine' Arbeit machen zu lassen. Doch Liv grinste nur und beruhigte mich ein wenig: "Das ist kein Arbeit abladen, wenn das von Anfang an meine Arbeit ist. Gewöhn dich besser dran, dass du ab jetzt sowas wie mein Chef bist!" Ich lachte einmal auf und verdrehte die Augen. Ja, da hatte sie wohl oder übel recht.

Ich seufzte einmal geschlagen auf. "Okay, na gut. Aber nur, wenn du mich nie wieder als Chef bezeichnest. Ich bin maximal dein Bruder." Natürlich war sie - biologisch gesehen - nicht meine Schwester, aber irgendwie fühlte es sich für mich so an. Wir waren uns so unfassbar ähnlich, sowohl in Interessen als auch in unserer Art und Weise, und wir kannten uns schon so lange, dass das Verhältnis zwischen uns wirklich schon beinahe familiär war.

Liv lachte einmal leise und nickte dann. Dann meinte sie noch provokant: "Okay, Bro. Wollen wir schonmal rein? Ich muss noch akkreditiert werden." Ich lachte einmal laut auf, wegen des Spitznamens. "Okay, vielleicht ist mir Chef doch lieber...", meinte ich genauso provokant und schnappte mir meine Tasche, ehe wir uns gemeinsam auf den Akkreditierungseingang zubewegten. Sie lief mir voran und erst jetzt fiel mir auf, was sie heute trug.

"Hey, das ist doch der Pulli von letztem Mal!" Liv wandte sich zu mir um und nickte lächelnd. "Wehe, ich bekomme da wieder Kaffee drauf. Juri hat es ja letztes Mal... nicht so geil gefunden, dass ich kein Gelb getragen hab. Und irgendwie hat er damit auch recht. Ich will mich nach außen hin als Löwin geben, auch wenn ich ja eigentlich nicht offiziell Teil der Mannschaft bin. Vor allem heute."

Das verstand ich sehr gut. Es war sinnvoll, dass sie loyal gegenüber ihrem Verein war und brav auch die Vereinsfarben trug - gerade beim letzten Spiel der Saison. Ein letztes Mal Farbe bekennen - das war garantiert selbstverständlich für sie. So nickte ich nur und lächelte sie beschwichtigend an, ehe ich erklärte: "Keine Sorge, heute habe ich auch wieder alle Arme zur Verfügung." Sie grinste und nickte, ehe wir auch schon beim Tresen angekommen waren, an welchem die Akkreditierungsausweise ausgestellt wurden.

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"Denkst du, ihr habt überhaupt eine realistische Chance gegen so eine heimstarke Mannschaft wie Leipzig?" Ich wusste genau, wie unfair die Frage war, als ich sie ausgesprochen hatte. Doch Patrick Groetzki lächelte nur entspannt und erwiderte: "Schon. Wir sind mehr als nur bereit, alles heute in das Spiel reinzulegen. Immerhin haben viele von uns gleich ihr allerletztes Spiel als Löwe. Da will man sich auch nochmal mit einer richtig geilen Leistung vom Platz feiern lassen." Ich nickte. Verständlich.

Liv hinter der Kamera grinste breit. "Ihr werdet nicht so leicht nachgeben, was?", fragte sie mit einem koketten Lächeln auf den Lippen. Patrick nickte. "Genau", stimmte er ihr zu. Liv verkniff sich ein Lachen, nickte jedoch bestätigend. Es war natürlich klar, dass sie in diese Partie nicht gerade unparteiisch hineingehen würde, doch dafür machte sie ihren Job erstaunlich gut. Ich könnte wahrscheinlich nicht so neutral bleiben, wenn ich in ihrer Rolle wäre und der HSVH spielen würde.

121 km/h /// Juri Knorr ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt