65 - Möwen - Juri

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(Authors Note: Begleitmaterial zu diesem Kapitel: Juri's Instagram-Post vom 12.06.2024, speziell das letzte Foto)

- Donnerstag, 06.06.2024 - Drunk (And I Don't Wanna Go Home)/Elle King, Miranda Lambert -

"Bäääh, Cayus." Ich lachte über Lucas' Reaktion. Wir saßen gerade gemeinsam mit einem kühlen Getränk in der Hand in Lucis Garten und Cayus war intensiv damit beschäftigt, Lucas' Grill zu verunstalten. In anderen Worten: Cayus wühlte mit der Grillzange in alter Kohle herum und versuchte, noch irgendwas an seinem "Feuer" zu retten, das nie entflammt war.

"Maaan. Warum klappt das nicht?" Ich hatte inzwischen Seitenstechen vor Lachen. Mein Blick wanderte zwischen meinen zwei Kindheitsfreunden hin und her. Die Situation war auch einfach zu witzig. Ein absolut verzweifelter Cayus in Shorts und Sonnenbrille, ohne Tshirt, dafür mit Kochschürze vor dem Grill, dessen Versuche bislang alle absolut in die Hose gegangen war und wieder einmal untermalte, dass er weder kochen noch grillen konnte. Ein halb amüsierter, halb genervter Lucas, der schlichtweg versuchte, Cayus daran zu hindern, seinen Garten abzufackeln. Und ich, entspannt mit einer Mate, zurückgelehnt in einem Gartenstuhl und als Manager der Musikbox.

"Juri, mach was!", forderte mich Lucas schließlich auf. Anscheinend hatte auch er es inzwischen aufgegeben. Ich seufzte, stellte meine Glasflasche auf den Steinen neben meinem Liegestuhl ab und bequemte mich hinüber zu Cayus. Dann nahm ich ihm wortlos die Grillzange ab und verscheuchte ihn mit einer Handbewegung in Richtung Lucas. "Siehe zu und lerne."

Dann legte ich die Grillzange beiseite und schnappte mir die kleinen Holzscheite, um sie pyramidenförmig aufeinander zu stapeln. Dann verteilte ich die Holzkohle um den Miniatur-Scheiterhaufen und schnappte mir aus einer Tupperdose einen neuen Grillanzünder, da nach Cayus' letztem Versuch nur erfolgreich der letzte abgebrannt war, ohne weiteres Holz in Brand zu stecken. Ich legte ihn zwischen zwei aneinander gelehnte Holzscheite und schnappte mir das Stabfeuerzeug.

Schnell brannte der Grillanzünder und nach einer Minute hatte auch der erste Holzscheit Feuer gefangen. Ich schnappte mir die bereitgelegte Pappe und wartete kurz, bis auch das zweite und dritte Holzscheit brannte. Dann begann ich damit, der Pyramide vorsichtig und richtungsgelenkt Luft zuzufächern. Keine Minute später hatte sich das Feuer mehr oder minder gleichmäßig auf den Holzstapel verteilt.

Zufrieden ließ ich die Pappe wieder sinken und schaute zu Lucas und Cayus hinüber. Sofort musste ich erneut lachen. Cayus' Gesichtsausdruck war Gold wert - eine Mischung aus Bewunderung und kindlicher Eingeschnapptheit stand in seinen Augen und durch seinen leicht geöffneten Mund wirkte er kaum älter als 10 Jahre. Auch Lucas lachte nun leise über Cayus' Reaktion und grinste frech: "Siehst du? So geht das!"

Wenn Cayus nicht gewirkt hatte wie ein Kind, tat er es spätestens jetzt. Denn er verschränkte beleidigt seine Arme vor der Brust und meinte abwehrend: "Das hätte ich auch gekonnt. Es hat einfach zu viel gewindet gerade." Ich ließ ihm seine Weltsicht und unterließ es, ihm mitzuteilen, dass bislang noch kein Lüftchen hier geweht hatte. Eigentlich untypisch für Hamburg.

Dann betrachtete ich meine Hände und sah, dass sie beinahe komplett von Ruß bedeckt waren. Das hatte ich nun davon, dass ich die Kohle ohne Handschuhe umgeschichtet hatte. Ich hob meine Handflächen in Richtung der Jungs und Luci verstand mich direkt.

Er nickte und erhob sich aus seinem Stuhl. "Komm mit, Waschbecken ist drinnen." Ich grinste und folgte ihm ohne ein weiteres Wort. Lucas war schon immer sehr bedacht auf Hygiene und Reinlichkeit, was ich nach einiger Zeit von ihm übernommen hatte. Entsprechend würde ich auch nicht einmal im Traum auf die Idee kommen, die schöne, frisch geputzte Gartentür auch nur zu berühren. Stattdessen hielt er sie mir auf und ich begab mich schnell in die Küche, wo ich mit Spülmittel die Kohlereste von meinen Handinnenflächen entfernte.

121 km/h /// Juri Knorr ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt