28 - Pelikan im Anflug - Liv

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- Samstag, 04.05.2024 - Best Day Of My Life/American Authors -

Ich quietschte laut auf und fiel dem 2,03 m großen Mann um den Hals. Naja, obwohl, 'um den Hals fallen' konnte ich das gerade nicht wirklich nennen - eher umarmte ich seine Hüfte, während er seine beidseitig geschienten Arme auf meine Schultern legte und mich so an sich drückte. Ich hatte Jari aber einfach schon zu lange nicht mehr gesehen, als dass mir das etwas ausgemacht hätte. So löste ich mich vorsichtig aus der 'Umarmung' und strahlte ihn an, Jari grinste breit zurück.

"Na? Wie war die Zugfahrt?" Er seufzte. "Mega ungewohnt einfach. Ich vermiss' den großen Blauen." Ich lachte sanft. Der 'große Blaue' war sein heißgeliebtes, Urzeit-altes Auto, welches er notgedrungen wegen seinen Armen in Hamburg stehen lassen musste. Stattdessen war er mit dem ICE und dann mit den Öffis hierher bis zum Mannheimer Hauptbahnhof gekommen und ich hatte mich sofort bereit erklärt, ihn hier abzuholen.

Breit grinste ich ihn an und musterte ihn einmal von oben bis unten. Doch dann fiel mir etwas auf. "Sag mal, wo sind denn deine Haare hin?!" Ich kannte Jari eigentlich fast nur noch mit seinem Dutt. Doch nun schaute unter seiner Cap versteckt nur ein Buzzcut hervor. Er lachte verlegen und antwortete: "Naja, die letzten paar Wochen war Haare waschen nicht sooo einfach. Und dann hatte Sinah irgendwann die Schnauze voll und wir haben gemeinsam beschlossen, dass die ab müssen."

Ein bisschen schmollte ich ja schon. Ich hatte früher immer mit Sinah, Jaris Freundin, gewitzelt, dass ich ihm irgendwann einmal die Haare flechten würde. Doch auch das hatte noch Zeit. So meinte ich nur frech: "Solange sie noch nachwachsen...", und er lachte und nickte. Dann fragte er vorsichtig: "Und, wo verschleppst du mich jetzt hin?"

Ich zuckte ein wenig planlos mit den Schultern. "Also eigentlich hätte ich dich ja mit ins Cabalo genommen, wenn du mit dem Auto gekommen wärst. Aber jetzt würde ich fast vorschlagen, dass wir uns einfach hier am Bahnhof ein hübsches Café suchen und dann mit den Öffis direkt rüberfahren zur SAP-Arena." Jari grinste ebenfalls planlos und antwortete schlicht mit den Worten: "Wenn du das sagst, dann machen wir das so, Chef!"

Ich lachte. "Oh Gott, nenn' mich bitte nicht Chef. Das wird sonst nachher ultra unangenehm." Dann erklärte ich ihm die Sache mit Cheffes Spitznamen und er erkannte, dass er sich zumindest für mich einen anderen Namen suchen musste. Währenddessen schulterte ich seine Umhängetasche und lotste ihn aus dem Bahnhofsgebäude heraus.

~~~

Ich grinste meinen Gegenüber an. "Und, wie wollen wir es machen?" Fragend schaute er mich an und ich merkte, dass ich noch ein bisschen spezifischer werden musste. Ich holte aus: "Also nachher. Theoretisch hab' ich heute vor dem Spiel von Cheffe frei bekommen, ich muss eigentlich heute also nur für mein eigenes Projekt filmen." Neugierig zog Jari seine Augenbraue hoch. "Projekt?"

Meine Augenbrauen zuckten und mir fiel auf, dass ich ihm nie erzählt hatte, was ich eigentlich machte. "Uff, da muss ich ein bisschen ausholen." Er grinste. "Wir haben Zeit." Danach nippte er an seinem Kaffee, indem er dem Strohhalm in der Tasse mit dem Mund hinterherjagte und so einige Schlucke trank, als er ihn zu fassen bekam. Die Gestik ließ auch mich schmunzeln. Ich hatte ihm x-Mal angeboten, zu helfen, doch er war wahrscheinlich noch sturer als ich in solchen Dingen.

So fing ich ganz von vorne an. Ich erzählte ihm von meinem Uni-Praktikum, wie ich per Zufall an die Stelle bei den Rhein-Neckar-Löwen gekommen war und von meinen ersten Wochen hier. Ich ließ auch nicht aus, wie ich Juri und David kennengelernt hatte und erzählte auch von dem miserablen ersten Eindruck, den Juri bei mir hinterlassen hatte. Dann rekapitulierte ich mit Jari gemeinsam die letzten zwei Wochen und schloss mit den Worten: "Die Jungs sind so unglaublich herzlich. Ich weiß gar nicht mehr, bei wem ich mich am wohlsten fühle. Irgendwie habe ich langsam totale Eilbeck-Heimats-Vibes, wenn du verstehst, was ich meine."

121 km/h /// Juri Knorr ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt