32 - find' ich unfair - Liv

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- Samstag, 04.05.2024 - Lose Control/Teddy Swims -

Ich nahm einen Schluck von meiner Cola und seufzte einmal laut. Meyra neben mir auf der Couch zog ihr Knie an die Brust und legte das Kinn darauf ab. Die Uhr zeigte inzwischen halb eins in der Nacht an. Meyra fragte vorsichtig: "Also habt ihr euch jetzt komplett verzofft oder wie soll ich das jetzt verstehen?"

Ich seufzte einmal laut auf. "Ach man, ich weiß doch auch nicht. Weißt du, ab und zu denk ich mir halt, dass er voll der korrekte Mensch ist. Und dann dreh ich mich um und zwei Sekunden später zieht er so einen Scheiß ab. Ich weiß einfach immer nicht, woran ich mit ihm bin. Und dafür war er halt wieder nach dem Spiel richtig gemäßigt zu mir."

Meyra schüttelte ungläubig den Kopf. Dann führte sie aus: "Ja, der Junge ist echt nicht einfach zu lesen. Aber boah, Liv. Wenn ich ganz ehrlich bin, dann war das ja jetzt auch nicht ganz so richtig von dir, dass du das Trikot anhattest. Da kann ich ihn schon so ein bisschen verstehen. Und ganz ehrlich, wenn du mich on top dann noch Arsch genannt hättest, wäre ich glaub auch an die Decke gegangen."

Ich lachte einmal sarkastisch auf. Die Beleidigung war mir tatsächlich eher herausgerutscht. Allerdings hatte sie in dem Moment wirklich mein Innenleben widergespiegelt. So erklärte ich ihr, immer noch leicht aufgebracht: "Ja, schon, aber ich hab' das ja nicht umsonst gemacht oder so. Er hat mir einfach unterstellt, dass ich das mit Absicht gemacht hab. Und gleichzeitig hat er mir auch noch reingedrückt, dass mich jetzt deshalb alle im Team hassen. Da hat er den Ausdruck wirklich verdient gehabt in dem Moment."

Meyra nickte daraufhin diplomatisch. Doch dann zogen sich ihre Augenbrauen zusammen und sie versuchte vorsichtig, mir ein bisschen Einsicht einzureden: "Gut, aber wenn du es aus seiner Perspektive betrachtest, warst du spätestens dann genauso Arsch zu ihm wie er zu dir." Wo sie recht hatte, hatte sie leider recht. Aber das gab ihm trotzdem noch lange nicht das Recht, so mit mir umzugehen.

Das versuchte ich auch, in Worte zu fassen: "Da hast du wahrscheinlich auch recht. Aber ich hab ihm sogar eine Flasche aufgehoben. Nur für ihn. Die Story hab' ich dir ja erzählt. Das war eigentlich mein Zeichen an ihn, dass... ach egal. Der Punkt ist - ich hab' was für ihn getan und nicht mal was dafür verlangt. Und anstatt, dass er mir dankt, geht er so an mir hoch. Das fand ich in dem Moment halt echt nicht okay."

Sie zuckte mit den Schultern, nickte dann aber schließlich. "Ja gut, wo du recht hast, hast du recht. Schwierige Situation einfach." Wir beide seufzten einmal leise und ich nahm noch einen Schluck Cola. Für einen kurzen Moment war es still in ihrem Wohnzimmer, in welches sie mich kurzerhand nach dem Spiel noch eingeladen hatte. Doch es lagen noch einige offene Fragen in der Luft, denn sie hakte nach: "Und wie ging es danach weiter?"

Ich biss mir auf die Unterlippe. Und wieder einmal hat David den Tag gerettet, wollte ich eigentlich antworten. Aber da das falsch geklungen hätte, erzählte ich schließlich: "Naja, nach dem Spiel hat uns David dann beide geschnappt und mal beiseite gestellt. Dann hat er irgendwie so ganz weird offen in die Runde gefragt, warum ich das Trikot anhabe und uns dann allein gelassen. Richtig weird."

Meyra lächelte leicht. "Definitiv. Aber irgendwie auch cute, dass er sich so um euch kümmert." Diese Aussage ließ mich lachen. Ich fuhr fort: "Wenn du meinst. Auf jeden Fall hab' ich Juri dann die Sache mit dem Kaffee erklärt. Und dann hat er irgendwie total seltsam rumgedruckst. Da kam aber auch keine Entschuldigung und nichts. Und dann hat er einfach genickt und ist abgezogen in die Umkleide."

Meyra verzog geschockt das Gesicht und runzelte ihre Stirn. Genau so hätte ich vermutlich auch ausgesehen, wenn sie mir die Geschichte erzählt hätte, fiel mir auf. Ab und zu waren wir uns so ähnlich, dass es fast schon gruselig war. Sie reagierte mit den Worten: "Ja gut, das find ich dann auch dreist. Was erlaubt er sich eigentlich? Du hast es ihm ja sogar erklärt! Und dann lässt er dich trotzdem ohne Entschuldigung stehen?"

121 km/h /// Juri Knorr ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt