121 km/h /// Juri Knorr ff

29 - Kaffee-braun - Jari

- Samstag, 04.05.2023 - flowers dressed in blue/Strings And Heart -

Ich hasste es und liebte es gleichzeitig. Es war einfach unglaublich witzig, wieder zusammen mit Liv arbeiten zu können. So etwas ähnliches hatten wir tatsächlich schon einmal gemacht, als sie sich ihre Achillessehne gerissen hatte und nichts Besseres als Social Media zu tun hatte. Damals hatte ich sie dazu gedrängt, ein wenig mitzufilmen, was so in Eilbeck abging. Sie war eigentlich die mehr oder weniger offizielle Social-Media-Vertretung für die Eilbecker Frauen gewesen, während ich von A nach B gependelt war und sowohl die Eilbecker Männer als auch den HSVH übernommen hatte. Wir waren einfach ein gutes Team, das wussten wir beide. Es war nur schade, dass wir ausgerechnet in so einem miesen Kontext wieder zusammenarbeiten würden.

Wir hatten uns gerade im Innenraum der Halle positioniert, als sie auch schon zum ersten Mal mein Handy hochhielt und mich angrinste. "Ready?" Ich grinste ebenfalls und nickte. Dann drückte sie auf den Aufnahmebutton und nickte mir zu. "Hallo, ihr alle da draußen und herzlich willkommen hier auf DYN! Ich stehe hier gerade mitten in der SAP-Arena und darf das Spiel der Löwen mitbegleiten gegen die Recken. Kurzer Test: Recken?" Liv grinste breit hinter der Kamera und antwortete wie aus der Pistole geschossen: "Rocken!", was mich ebenfalls breiter grinsen ließ.

Ich fuhr fort: "Und da ich wegen meinen Armen nichts selbst filmen kann, habe ich heute ein bisschen Unterstützung dabei. Sag mal hallo!" Liv sah mich kurz überfordert an, wendete aber dann doch das Handy und winkte einmal: "Hey ihr alle, ich bin Liv!" Dann richtete sie die Kamera wieder auf mich und ich beendete den Take: "Also, für die Recken ist heute noch einiges drin. Sie kämpfen gerade nämlich mit Gummersbach um Platz 6 in der Tabelle und eventuell damit auch um den Einzug in die European League! Und auch für die Löwen wäre ein Sieg endlich mal wieder richtig gut. Jut, dann würde ich sagen, los geht's!"

Liv beendete die Aufnahme und grinste mich an. "Gut, der Teil wäre geschafft. Ich nehm' mal an, ich schneide den Spaß direkt und lad ihn hoch?" Ich nickte sie an und warf ihr meinen besten Hundeblick zu: "Ja, das wäre super. Soll ich dir zeigen, wie das alles funktioniert?" Sie nickte und so ließen wir uns für einen kurzen Moment auf den Sitzen nieder, die eigentlich für die Spieler gedacht waren. Ich erklärte ihr eine Runde, wie man für Instagram eine Story zusammenschnitt und keine zwei Minuten später schnitt sie den Clip so gut, als hätte sie das schon ihr ganzes Leben gemacht. Grinsend schüttelte ich den Kopf. Die Kleine hatte einfach wirklich Talent für das alles hier.

"Hey, Liv!" Beide unsere Köpfe schauten in die Richtung, aus der die Stimme kam, und ich erkannte einen Mann, der vermutlich in seinen Dreißigern war. Liv neben mir grinste breit und meinte: "Hallo, Cheffe! Darf ich dir vorstellen: Der Mann, der mich dir heute entwendet hat. Das ist Jari Brüggmann." Ich setzte mein überzeugendstes Lächeln auf und erhob mich von meinem Sitz. Dann hielt ich Livs Vorgesetzten meine rechte 'Hand' hin und er erkannte direkt, was los war und 'schüttelte' meine Hand am Zeigefinger.

"Nett, Sie kennenzulernen!" Er schnaubte einmal empört: "Oh Gott, bitte sieze mich doch nicht. Ich bin doch gefühlt keine fünf Jahre älter als du." Ich lachte und nickte dann zur Bestätigung. "Ist es wirklich okay, dass ich mir Liv vor dem Spiel eine Runde ausborge?" Cheffe zuckte nur mit den Schultern. "Ja, klar. Solange ich sie für das Spiel dann wiederhaben kann..." Liv grinste und fügte dem Gesprochenen hinzu: "Es klingt so, als würdet ihr gerade um mich verhandeln wie um eine Schlachtkuh." Cheffe grinste ebenfalls und hob abwehrend die Arme. "Das kam jetzt von dir, nicht von mir." Liv klappte der Mund auf und sie stieß Cheffe einmal geschockt in die Seite.

Ich grinste über die Art und Weise, wie die zwei miteinander umgingen. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich tatsächlich eher gesagt, dass die zwei Freunde waren und nicht Vorgesetzter und Mitarbeiter. Ganz ehrlich, Cheffe machte das unfassbar gut. Er ließ Liv extrem viel Freiraum, aber setzte dabei geschickt Grenzen und kommunizierte diese auch. Jeder bräuchte einen Chef wie ihn.