20 - Verschwörungen und Geheimnisse - Liv

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- Mittwoch, 24.04.2024 - Head Down/Lost Frequencies -

"Schnappst du dir dann gleich David?" Ich nickte bestätigend. Es war inzwischen elf Uhr morgens und ich stand wieder im Trainingszentrum der Jungs. Obwohl, Training konnte ich das, was ich aus dem Vorraum heraus erkennen konnte, eigentlich nicht nennen. Es war eher wie eine Nachbesprechung des gestrigen Spiels, obwohl die Spieler trotzdem in Kronau standen und Sportklamotten trugen. Heute war wahrlich nicht der spannendste Tag für Fotografen.

Nachdem Cheffe mich trotzdem davon überzeugt hatte, dass der heutige Tag noch Potential für gute Fotos hatte, waren wir schließlich doch die zwanzig Minuten von seinem Büro in der Hauptstelle zum Trainingszentrum gefahren. Und da uns nichts anderes übrig blieb, hatten wir ausgetüftelt, wen wir als nächstes interviewen wollten.

Da David gestern mit Abstand der wichtigste Leistungsträger des Spiels gewesen war, sollte ich schließlich ihn spontan interviewen. Zum Glück kannte ich ihn, unter anderem dank gestern, ja schon 'ganz gut' und mir waren bereits auf der Autofahrt hierher einige Fragen eingefallen, die ich dem Großen nun stellen wollte. Aber auch Cheffe war der Meinung, dass es eigentlich sonst nicht viel für mich beziehungsweise uns zwei zu tun gab.

Cheffe hatte mir auf der Fahrt erklärt, dass er eigentlich nicht jeden Tag hier bei den Jungs verbrachte. Das ergab auch Sinn - ich konnte mir nicht vorstellen, dass man nach jahrelanger Zusammenarbeit ausschließlich als Fotograf für eine einzige Mannschaft ab einem Punkt noch viel zu fotografieren hatte. Von der Bezahlung wollte ich gar nicht erst anfangen.

Entsprechend hatte er direkt auch schon angekündigt, dass es gut sein konnte, dass ich teilweise komplette Tage meines Praktikums ohne seine Aufsicht verbringen würde. Aber auch damit kam ich klar - inzwischen wusste ich, an wen ich mich für welche Dinge richten müsste. Die Eigenständigkeit konnte mir tatsächlich auch ganz gut tun und ich konnte meiner Kreativität ein bisschen mehr freien Lauf lassen, als ich es unter seiner lockeren Leine ohnehin schon tat.

So würden wir auch heute nicht den ganzen Tag bei den Jungs verbringen, sondern nur einige Fotos schießen und ich würde eben das Interview mit David machen, bevor wir wieder ins Büro zurückkehren würden und ich dem Media-Team bei der Bildbearbeitung helfen würde. Aber auch an diesem Job würde ich etwas finden, woran ich meinen Spaß hatte, da war ich mir sicher.

Die Jungs wirkten beinahe gelangweilt, als wir den Innenraum des Trainingszentrums betraten. Meine drei Mario Kart-Verlierer hatten sich ganz links außen auf der Bank niedergelassen und folgten sichtlich entspannt den Erklärungen von Sebastian Hinze. Dieser hatte tatsächlich ein Lächeln auf den Lippen, während er etwas an einem großen Whiteboard erklärte. Ich schnappte mir meine Kamera und schoss ein Foto von dem zufriedenen Gesicht des Trainers. Diese Mimik war wahrlich mehr Lob für die Jungs, als es jedes Wort hätte sein können.

Flipse, der ganz außen und mir somit am nächsten saß, hatte vermutlich den Kamera-Auslöser gehört. Sein Blick huschte zu mir und er grinste und deutete ein Salutieren an. Ich grinste ihm ebenfalls breit zu und hob auch meine Hand an die Stirn. Diesen kleinen Insider hatten wir gestern ins Leben gerufen und es war einfach zu witzig, um ihn nicht weiter zu verwenden. Cheffes Blick wanderte von mir zu den Jungs und er verdrehte schließlich grinsend die Augen.

Durch Philipps Geste wurden auch David und Juri auf uns aufmerksam. Die zwei wandten sich zu mir um und grinsten mich frech an, was ich erwiderte. Doch ich wollte sie nicht in ihrer Besprechung stören - David konnte ich mir auch noch später für das Interview herauspicken. Auch Cheffe war anscheinend derselben Meinung, denn wir entfernten uns um einige Schritte von den Spielern und wandten uns ein wenig ab.

Flüsternd, um Sebastian nicht zu stören, fragte ich meinen Vorgesetzten: "Sicher, dass wir hier sein sollten? Ich fühl mich irgendwie wie ein Störfaktor..." Cheffe grinste. "Ich hab' um ehrlich zu sein nicht damit gerechnet, dass die Jungs schon nach einer Woche so auf dich reagieren." Ich verdrehte die Augen, grinste aber. Dann hakte ich nach: "Sollen wir vielleicht rausgehen? Und später wiederkommen?"

121 km/h /// Juri Knorr ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt