36 - Staatsbürgerschaften und Buffets - Liv

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- Montag, 06.05.2024 - Castle on the Hill/Ed Sheeran -

Die Trainingshalle leerte sich inzwischen. Sebastian hatte vor fünf Minuten das Training für beendet erklärt und ohnehin hatten sich David und Kohli schon früher verabschiedet, damit sie den passenden Flug nach Kopenhagen erwischten. Auch Cheffe hatte sich gerade mit einem Winken und ein paar letzten Anweisungen für heute von mir verabschiedet und die Halle verlassen. Doch ich hatte noch einen Plan, den ich umsetzen musste.

Deshalb wartete ich darauf, dass Juri mir noch einmal winkte und dann die Halle ebenfalls verließ. Da Flipse aber noch bei seiner Tasche stand und darin herumwühlte, nutzte ich den Moment und trat hinter ihn. "Philipp, kann ich dich kurz stören?", fragte ich vorsichtig. Er schrak auf und sah mich dann kurz vorwurfsvoll an. "Alter, Liv, hast du mich erschreckt." Dann erhob er sich und wieder einmal fiel mir auf, wie viel größer die meisten Jungs doch als ich waren. Sein Gesicht verzog sich zu seinem strahlenden Lächeln, als er nachhakte: "Was gibt's denn?"

Ich lächelte ihn so überzeugend an, wie es ging. Denn ich wollte heute etwas von ihm. Doch ich wollte nicht direkt mit dem Thema herausrücken und so meinte ich zuerst: "Danke übrigens für die Einladung." Er nickte und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Wand hinter sich. Durch diese Körperhaltung wirkte er fast gar nicht mehr die 35 Zentimeter größer, die er war, fiel mir auf. Wir waren so fast auf Augenhöhe.

Gerade wollte ich schon zum nächsten Satz ansetzen, als er schließlich sagte: "Gerne doch. Ich freu mich total. Wie hat dich Juri eigentlich eingeladen?" Diese Aussage nahm ich erst einmal auf, dann fiel mir etwas auf. Warum wusste er, dass Juri mich eingeladen hatte und nicht David? Vielleicht hatte er es auch einfach erraten. Oder Juri hatte es ihm vorher erzählt. Wer weiß.

So seufzte ich und erklärte ihm: "Ganz normal über WhatsApp gestern Abend. Ihr feiert bei David zu Hause, richtig?" Der Große nickte und lachte leise: "Ich hab' ihm ja angeboten, dass wir auch bei mir feiern können. Aber die zwei waren der Meinung, dass Heidelberg besser erreichbar ist als Bad Schönborn." Ich lachte einmal auf. "Erzähl, da wäre ich ja gar nicht drauf gekommen", antwortete ich ihm sarkastisch. Bad Schönborn lag zwar keine fünf Minuten vom Trainingszentrum entfernt, aber es war dann doch nicht so einfach von Mannheim oder Heidelberg aus mit den Öffis zu erreichen, was ich momentan jeden Tag schmerzlich aufs Neue feststellen musste.

Doch Flipse verdrehte nur grinsend die Augen. "Ich find's ja ein bisschen verdreht, dass wir bei David daheim feiern, obwohl er noch nicht mal bis kurz vor knapp da ist." Ich verzog das Gesicht. Stimmt, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. "Die arme Katja...", pflichtete ich ihm bei und seufzte leise.

Philipps Gesichtsausdruck änderte sich und es wirkte, als ob er eine Idee gehabt hätte. "Also nur dass du es weißt... Ich helfe Katja auf jeden Fall beim Vorbereiten. Und wenn du Bock hast, kannst du uns auch einfach anstatt von einem Geschenk helfen. Damit wären wir glaub alle besser bedient..." Meine Augenbraue zuckte. Ich hatte mir tatsächlich bisher noch keine Gedanken über Geschenke gemacht, aber wenn er es mir schon so einfach machte...

"Ganz ehrlich: Da sag ich nicht nein zu", lachte ich also leise. Doch ich hängte noch an: "Aber dann will ich auch was backen. Ich rate mal, dass ihr sowas wie ein Buffet geplant hattet, oder?" Er nickte und lächelte sanft. "Ja, genau. Und eine Bar mit Getränken. Softdrinks und Bier inklusive, hartes Zeug darf sich jeder selbst mitbringen." Ich nickte ebenfalls. Das klang logisch.

"Hast du schon eine Idee, was du backen willst?", fragte er mich vorsichtig. Ich grinste breit und nickte. "Ihr bekommt die weltbesten Schoko-Blaubeer-Muffins, die ihr je essen werdet. Komplett nach López-Wagner-Rezept." Das Rezept war eine Kombination aus dem geilsten Schokokuchen der Welt, den meine Abuelita immer gebacken hatte, und Mamas Vorliebe für Blaubeeren und alles, was Blaubeeren enthielt. Beides in Kombination war einfach unschlagbar.

121 km/h /// Juri Knorr ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt