Kapitel 36

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Nervös sitzt Kayla im Adlon am Fenster. Ihre Fingernägel geben ein klackerndes Geräusch von sich, jedes Mal, wenn sie auf die Glasfläche des Tisches treffen und bilden so einen Rhythmus. Die noch halbvolle Tasse, die vor ihr auf dem Tisch steht, dampft noch, das Kayla widmet ihr keinen Blick. Sie starrt hinaus in das Schneegestöber und wartet.

Nervös wippt sie mit dem linken Fuß, während ihre Wolfsohren zucken. Es passt ihr gar nicht, dass sie so sichtbar nervös ist, aber so sehr sie es auch versucht, sie kann daran nichts ändern. Noch immer trommelt sie mit den Fingern auf der Glasplatte herum und ist froh, dass diese noch keinen Sprung hat. Für sie ist der Nervosität kaum auszuhalten und dann muss sie ja auch noch ihre Kräfte unter Kontrolle halten.

Endlich sieht sie eine Gestalt durch den Schnee kommen und zuckt zusammen, als die Person tatsächlich das Adlon betritt. Neugierig linste sie zum Eingang, wo die Person gerade die Mütze abnimmt und die Jacke öffnet. Kayla kann es riechen, es ist wirklich Nick. Der sieht sich um und entdeckt sie jetzt auch.

Langsam kommt er auf sie zu und Kayla versucht sich gegen das kommende zu wappnen, doch sie schafft es nicht. Sie versucht in Nicks Gesicht zu lesen, was er nun tun will, doch sie erkennt nichts. Es lässt sie beinahe panisch werden, als er sich wortlos ihr gegenübersetzt und seine Hände mustert. Der Rhythmus von Kaylas Fingern auf der Glasplatte wird schneller.

„Stimmt es?" kommt es leise von dem Menschen. „Stimmt was?" harkt Kayla vorsichtig und leise nach. „Was dein Bruder mir erzählt hat. Das du... das du... du weißt schon." „Dass ich als Junge geboren wurde?" fragt Kayla leise und verschränkt ihre Finger miteinander.

Nick sieht sie fassungslos an, nickt dann aber. Kayla schaut auf ihre verschränkten Finger und fängt an damit herum zu spielen. „Ja, das ist wahr. Ich bin am dritten August als Jaydens jüngerer Zwillingsbruder Cay Hernandes auf die Welt gekommen. Und am einundzwanzigsten Januar nach meinem neunten Geburtstag wurde ich zu einem Mädchen." Erzählt sie leise.

„Das ist... push." Nick lehnt sich zurück, legt den Kopf in den Nacken und schaut zur Decke. Kayla beobachtet ihn, jede noch so kleine Bewegung wird von ihren Sinnen aufgenommen und je länger er zur Decke sieht, umso nervöser wird sie. „Nick?" fragt sie leise, scheinbar zu leise, denn er reagiert nicht.

Kaylas Blick fällt auf ihre Tasse und der Geruch von Kaffee steigt in ihre Nase. Immer wieder zuckt ihr Blick von Nick zu der Tasse, bevor sie die Tasse nimmt und austrinkt, ihre Augen dabei aber weiter auf Nick ruhen lässt. Der beobachtet weiter die Decke. Als er wieder zu Kayla schaut, kratzt er sich im Nacken und mustert sie.

„Das ist... unerwartet und... ich weiß nicht, ob ich das kann. Ich... es... ich weiß es wirklich nicht. Ich brauche etwas Zeit um das alles zu verarbeiten. Das ist doch alles etwas... etwas sehr komisch. Ich muss... über das alles nachdenken." Sammelt Nick und Kayla wird kalt.

„Ich denke... dass ich das... verstehen kann. So ein bisschen zu mindestens." Meint Kayla leise und sieht wieder auf ihre Hände. Krampfhaft versucht sie die Tränen zurückzuhalten, doch sie spürt, dass sie das nicht mehr lange hinbekommt. Sie nimmt sich ihre Sachen und steht auf.

„Ich lasse dir die Zeit, die du brauchst. Ich gehe dann mal besser." Meint sie und ihre Stimme ist deutlich gebrochen. Kayla verlässt das Café und eilt durch den Schnee, Mantel, Tasche und Schal in der Hand. Der Schnee lässt sich auf ihren Haaren und Schultern nieder, schmilzt und eiskalte Wasser dringt durch ihre Kleidung, doch Kayla merkt es nicht.

Durch den Schneesturm schon kaum Sicht, doch die Tränen machen es Kayla kaum möglich etwas zu sehen. Praktisch blind rennt se durch die weiße Welt und ist froh, dass die wenigen, die überhaupt auf der Straße sind, bunt gekleidet sind, sodass sie ihnen ausweichen kann.

Pure Wolf's BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt