Kapitel 67 - Brief

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Doch als das Amulett gegen die Wand knallte und aufging, kam nicht der Zettel zum Vorschein. Es war ein klein zusammengefalteter weißer Zettel, der mir entgegensprang, nicht der gelbe, den ich damals hineingesteckt hatte. Verwirrt hob ich das Papier auf und faltete es auseinander.

Zu meiner Überraschung war es ein A4-Zettel, welcher Mensch konnte den denn so klein falten? Ich erkannte, dass es ein Brief war und so setzte ich mich aufs Bett und las ihn halblaut durch.

Babe.

Es tut mir alles so leid. Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, doch du hast eine Entschuldigung mehr als verdient. Du hast diesen Zettel wahrscheinlich gerade gefunden, weil du entweder den ursprünglichen Zettel wegschmeißen wolltest oder aus Wut das Amulett runtergeschmissen hast. Ich hoffe, dass mein Plan aufgeht und du diesen Brief erst in London findest.

Ich werde dir das ganze jetzt von Anfang an erklären. Ja, ich habe Schluss gemacht wegen der Sache mit Chris. Aber ich hab nicht Schluss gemacht, weil ich dich nicht mehr liebe oder nicht mehr konnte oder so ein Scheiß. Ich hab einfach Zeit gebraucht um einige Dinge vorzubereiten und weil du der neugierigste Mensch überhaupt bist, hättest du es rausgefunden, wenn ich dich nicht von mir ferngehalten hätte. Außerdem wollte ich dir Zeit geben, um vielleicht einen Neuen kennenzulernen und mit ihm glücklicher zu werden. Aber als ich gesehen hab, dass du nicht mal daran denkst, war ich zugegeben echt erleichtert. Es tut mir leid, dass ich dir das Herz so brechen musste und diesen Weg gewählt hab, nur um dir etwas zu verschweigen.

Babe, ich liebe dich über alles und das wird sich niemals ändern. Ich hab in den letzten Wochen Dinge geplant und vorbereitet, für unsere Zukunft. Wenn du aus London zurückkommst, erwarten dich ein paar Veränderungen, die vor allem mir geholfen haben, die Selbstzweifel zu beseitigen. Ich bin der Mann geworden, den du verdienst, zumindest so ziemlich. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen für die ganze Scheiße, die ich gebaut hab, nur um dich von mir fernzuhalten, aber das war der einzige Weg. Denn wenn ich dich nicht auf diese Weise auf Abstand gehalten hätte, hättest du alles mitbekommen und es wäre keine Überraschung mehr.

Ich liebe dich und ich wünsche dir viel Spaß in London. Und komm erst gar nicht auf die Idee, mich die ganze Zeit nur zu vermissen, bitte genieß das Praktikum und die Stadt. Ich freue mich, wenn du zurückkommst, mein Babe.

Cole

Mir fehlten schlicht weg die Worte. Ich wusste nicht, was ich sagen oder denken sollte, ich brach einfach nur in Tränen aus. In Tränen der Erleichterung, Tränen der Freude und Tränen des Überglücklichseins. Cole liebte mich noch und er hatte nicht für immer Schluss gemacht, sondern nur so lang, bis seine mysteriösen Planungen fertig waren.

Ich war selten so überwältigt von meinen Gefühlen und brauchte erstmal ein paar Minuten, bis meine Tränen getrocknet waren und ich mich wieder gefangen hatte. Ich griff sofort zu meinem Handy und wählte Coles Nummer.

Als er abhob, war seine Stimme bereits sehr amüsiert, er wusste, dass ich den Brief gefunden hatte, wieso sollte ich sonst anrufen. „Ja?" fragte er und ich hörte sein Grinsen förmlich. „Du verdammte Ratte!" schimpfte ich mit amüsiertem Unterton. Coles kehliges Lachen erklang und wärmte mein Herz. „Du hast den Brief also gefunden?" fragte er dann mit einer fröhlichen Stimme.

„Ja, weil ich das Amulett an die Wand geschmissen habe." Lachte ich. „Siehst du, ich wusste es." Meinte er und ich hörte erneut sein triumphierendes Grinsen. „Ich bin aber trotzdem böse auf dich." Meinte ich dann ein wenig ernster, er hörte jedoch, dass ich es eher zum Spaß sagte.

„Babe, es tut mir wirklich leid. Ich wollte nicht, dass es so weit geht, aber du hast mich an meinem Geburtstag noch geküsst und dann musste ich irgendwas tun, damit du aufgibst, sonst hätte es dir noch mehr wehgetan." Klang seine Stimme durch den Hörer.

„Und deshalb hast du gesagt, dass du aufgegeben hast und dich nicht mal verabschiedet?" fragte ich verwirrt. „Ja." „Du bist..." ich wollte ihm noch mehr Beschimpfungen an den Kopf werfen, als ich etwas hörte, was wie Musik in meinen Ohren klang. „Ich liebe dich."

Ich telefonierte noch eine Weile mit ihm und erzählte ihm alles was bis jetzt passiert war. Er meinte, er wäre derjenige gewesen, der das Bild von mir auf der Homepage entdeckt hatte und machte mir das Kompliment: „Du sahst wunderschön aus, Babe. Ich war richtig stolz, am liebsten hätte ich mich in die Seite gehackt und als Überschrift ‚Cole O'Neills Babe' geschrieben." Ich sagte ihm, dass er verrückt war und mir fehlte.

„Das hast du ja mal toll geplant, jetzt kann ich hier noch zwei Monate rumsitzen und dich vermissen, obwohl ich weiß, dass alles okay ist zwischen uns." Warf ich ihm beleidigt vor. „Ich weiß, aber ich dachte, dass deine Wut erst am Ende des Praktikums so groß wird, dass du das Amulett kaputt machst." Grinste er.

„Woher wusstest du überhaupt von dem Amulett und wann hast du den Zettel da reingesteckt? Ich hatte es doch immer um." „Als du bei deiner Abschiedsfeier mit der Gang warst, wollte ich den Brief in deinen Koffer stecken, aber da habe ich das Amulett gesehen. Ich fand das echt süß, dass du diesen ‚Für immer, Babe.'-Zettel aufgehoben und ihn mit dir rumgetragen hast." Erklärte er mit einer gut gelaunten Stimme.

Wir redeten bis Mitternacht und dann meinte er, ich solle schlafen und dass er mich am nächsten Tag wieder anrufen würde. Er entschuldigte sich noch ein letztes Mal und dann legte ich auf.

Ich legte mich mit einem Lächeln ins Bett und schlief sofort ein. Ich hatte meinen Cole zurück, wir waren wieder zusammen und alles war gut. Auch, wenn ich ihn erst in neun Wochen wiedersehen würde, war ich glücklich.

Call me BabeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt