Kapitel 10 - Streits

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Wir saßen alle im Auto. Bis auf Ali, aber die blieb ja zu Hause, da es ihr nicht gut ging. Und bis auf Cole, wie sollte es anders sein, er brauchte immer am Längsten. Ich saß hinten, da Dad darauf bestanden hatte, neben Rachel vorne zu sitzen. Rachel fuhr bei uns immer Auto, da Dad ein schrecklich schlechter Fahrer war. Mir wurde am Rücksitz immer übel, aber für Dad saß ich natürlich immer gern hinten. Außerdem würde ich so neben Cole sitzen, was mir heute außergewöhnlicher Weise nicht unrecht war.

„Ich bin schon da" keuchte er, er schien gelaufen zu sein, und sprang ins Auto, das Rachel schon gestartet hatte. „Du brauchst länger als wir Frauen" lachte Rachel und stieg aufs Gas.

Wie Cole es gewohnt war, dachte er nicht daran, sich anzuschnallen. Ich starrte ihn von der Seite an, während er es sich gemütlich machte. Schließlich – bevor es mich noch verrückt machen konnte – lehnte ich mich zu ihm rüber, schnappte mir seinen Gurt und legte ihn schnell um seinen Körper. Dann steckte ich ihn in die dafür vorgesehene Öffnung und es machte dieses typische klick.

„Babe, machst du dir Sorgen?" fragte er flüsternd, sodass Rachel und Dad – die sich ohnehin zu zweit unterhielten – nichts mitbekamen. Ich schlug ihn leicht in die Seite. „Träumst du oder was?" gab ich schnippisch zurück. Er grinste wieder sein typisches Grinsen und ich lehnte meinen Kopf ans Fenster.

„Cole, Grandmas Beerdigung wird nächste Woche Donnerstag stattfinden, um 15:00 Uhr. Onkel Will meinte, er würde uns alle dann noch zum Essen einladen. Ich weiß, dass das schwer für dich ist, aber ich würde mich trotzdem freuen, wenn du mitkommen würdest" meinte Rachel nach ein paar Minuten. In ihrer Stimme lag Trauer und Schmerz, aber sie war immer eine sehr starke Frau, weshalb sie das nie gezeigt hatte. Cole war nach ihr gekommen und so hätte er nie den Schmerz gezeigt, den er in sich hatte. Nur mir einen Tag davor.

Augenblicklich wechselte Coles Blick zu einem starren, kalten Blick. „Klar komme ich" antwortete er nur leise und senkte dann seinen Blick zu Boden. Es versetzte mir einen Stich in die Seite, wie er so dasaß und man ihm klar anerkennen konnte, dass er so viel Schmerz zu verbergen versuchte.

Ich wusste mir nicht zu helfen, also warf ich einen Blick nach vorne. Dad schlief mittlerweile tief und fest - er war wie ich, konnte überall schlafen - und Rachels Blick war auf die Straße fixiert. Also rutschte ich auf den Mittelsitz und legte meine Hand auf Coles Schulter. Er sah mich an, mit einem Blick wie ein Hundewelpe. Man hätte nicht gedacht, dass so ein Blick aus dem kalten, herzlosen Cole kommen konnte. Ich legte meinen ganzen Arm auf seiner Schulter ab und lehnte meinen Kopf an seinen, sodass unsere Schläfen aneinander gedrückt waren.

Eine Weile saßen wir so da, dann nahm er plötzlich meine Hand in seine. Wir beide zeigten dazu keine Reaktion, blickten weiterhin nur nach vorne. Aber Coles Hand war anders. Anders als Kyles, anders als Mikes, anders als Finns. Alle meine drei Exfreunde hatten nicht solche Hände wie Cole sie hatte.

Seine Hände waren groß, aber nur um ein kleines größer als meine. Sie waren weich, aber hatten auch einen gewissen Druck in ihnen. Ich wollte gar nicht wissen, wen er mit diesen Händen schon alles zusammengeschlagen hatte, welche Ärsche er damit schon angegriffen hatte und was sonst noch.

Aber trotz alle dem hatte ich in seinen Händen ein sicheres Gefühl. Es kam mir so vor, als würde er meine Hand nie loslassen, wenn ich sie ihm eines Tages geben würde.

Okay, genug mit der Schnulze.

Wir fuhren also zu diesem kleinen See, die Fahrt dauerte ungefähr zwei Stunden. Als wir ankamen, staunte ich nicht schlecht. Der See war grün, er glänzte im Sonnenlicht und es war ganz still.

„Wir werden die ganze Runde rund um den See gehen. Wie ich euch kenne, seid ihr zu faul, also geht einfach so weit ihr möchtet." Lachte Rachel und hakte sich bei Dad ein. Ich hatte irgendwie ein komisches Gefühl, nach diesem Händchen halten im Auto jetzt mit Cole alleine zu sein, also folgte ich ihnen kommentarlos auf den Waldweg, der rund um den See führte. Und dasselbe tat Cole.

Call me BabeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt