Vorbei

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Diego

"Ach mit mir reden. Auf einmal? Kommt ein bisschen spät würde ich sagen" fahre ich sie gereizt an. Die Frau hat sie doch nicht mehr alle.
"Bitte Diego. Gib mir doch wenigstens die Chance mich zu erklären" bittet sie mich.
"Die hätte ich dir gegeben. Wenn du ehrlich gewesen wärst. Du bist eine verlogene Kuh und jetzt verlass meinen Laden!"
"Diego" seufzt sie, "Bitte gib mir eine Chance. Du kannst das so jetzt doch nicht einfach beenden" winselt sie.
"Ach nein? Ich glaube schon das ich das kann. Ámbar, ich wiederhole mich nicht gern, aber verlasse meinen Laden!" brumme ich erneut. Sie möchte es einfach nicht verstehen.
"Ich wollte dir nie wehtun, ich hatte nur Angst" wispert sie und blickt mir dabei direkt ins Gesicht. Natürlich kann ich ihr ansehen, dass es ihr leid tut..aber es geht nicht. Es geht einfach nicht. Wie soll ich ihr das jemals verzeihen? Es ist nicht das Ding, das sie ein Kind hat. Ganz im Gegenteil, ich hätte damit kein Problem, aber es über so einen langen Zeitraum zu vertuschen, das macht mich krank. Wie kann sie denn so wenig Vertrauen in mich haben? Denkt sie wirklich ich bin so ein schlechter Mensch?
"Bitte geh einfach" versuche ich es in einem ruhigeren Ton.
"Lass uns doch einfach darüber reden. Ich will nicht einfach so gehen"
"Ich möchte aber das du gehst. Jetzt. Einfach so. Kapiert?"
Um meine Ansage Nachdruck zu verleihen öffne ich schon die Tür für sie.
"Bitte überleg es dir nochmal"
"Nein!" knurre ich und schiebe sie mit Leichtigkeit aus meinem Büro. Danach knalle ich die Tür zu. Das kann doch nicht ihr ernst sein. Voller Wut schmeiße ich meine Aktenordner vom Tisch und es entsteht ein reinstes Chaos. Wieso muss sie jetzt hier auftauchen? Für mich ist die Geschichte mit uns vorbei. Ich kann das nicht verzeihen!

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"Diego" höre ich die Stimme meines besten Kumpels. Hinter ihm steht Ramiro.
"Ramiro! Ich hab gesagt lass niemanden rein!" schreie ich meinen Mitarbeiter an.
"Es tut mir leid..er wollte einfach nicht hören" entschuldigt Ramiro sich und geht dann. Matteo schließt die Tür und setzt sich auf meinen Schreibtisch.
"Was läuft eigentlich falsch mit dir?" fragt er mich.
"Was soll falsch laufen? Ich wollte meine Ruhe. Du hättest einfach mal anrufen können"
"Ich bin dein bester Freund" erwidert er empört.
"Und das gibt dir das Recht einfach hier reinzuplatzen?"
"Ja verdammt. Lass deine schlechte Laune wegen Ámbar nicht an mir aus!"
Sofort wandern meine Augen zu ihm.
"Woher weißt du das mit Ámbar?!"
"Wenn du mir die letzten Wochen mal zugehört hättest, dann würdest du wissen, dass Delfi und ich uns treffen. Und natürlich redet sie mit mir über Ámbar und dich"
Klar ist das selbstverständlich, das man über andere Paare redet, warum auch nicht?
"Wusstest du es?"
"Was?"
"Das sie ein Kind hat?"
"Was?"
"Ist das dein ernst oder verarschst du mich?"
"Ich wusste das nicht. Delfi meinte nur zu mir das Schluss sei und Ámbar einen Fehler gemacht hat. Ich wäre von einem Seitensprung ausgegangen, aber nicht das sie ein Kind hat"
"Sie hats mir nicht mal selber gesagt. Ich hab sie durch Zufall gesehen"
"Wie alt ist das Kind?"
"Vier?Fünf? Sechs? Keine Ahnung, spielt das eine Rolle?"
"Für Kinder die sowas schon geistig mitbekommen ist es vielleicht schwierig sich an neue Personen zu gewöhnen, als für Einjährige zum Beispiel. Sie hat es vielleicht nur gemacht um das Kind zu schützen"
Ich nehme mein Handy und spiele Matteo die Sprachnachricht ab.
"Sie dachte ich würde kein Interesse mehr haben. Ich? Ist das zu fassen? Ich hab doch seit Wochen nur noch über sie geredet, wenn wir beide uns gesehen haben. Wie kann sie sowas denken? Vielleicht hätte ich ihr einfach sagen müssen, was ich dir so gesagt habe, aber dafür ist es jetzt eh zu spät"
"Sie scheint es ernst zu meinen, jedenfalls klingt sie so. Diego, ich weiß du bist ein Sturkopf, aber..man Ámbar hat dich verändert und das wirklich zum Positiven, lass das doch nicht alles fallen für eine Lüge"
"Sie hat mir ihr Kind verschwiegen. Wie kann man denn sowas machen? Das versteh ich einfach nicht und deswegen gibt es auch  keinen Weg zurück"
"Du weißt, was du mir am Wochenende erzählt hast? Das du dich immer mehr in sie verliebst? Das du unfassbares Glück hast, so jemanden wie sie getroffen zu haben?"
"Ja, das war bevor ich wusste was sie zu verstecken hat. Ich seh es ja ein, wenn man vielleicht nicht beim ersten Date damit rausrückt, aber nach spätestens einem Monat kann man doch mal die Wahrheit sagen oder nicht? Sie hatte ihre komplette Wohnung verändert, sie hatte das Kinderzimmer abgeschlossen. Was ist das für ein Vertrauen?!"
"Keine Ahnung Diego. Ehrlich nicht. Trotzdem machst du einen Fehler"
"Kommst du heute mit feiern?"
"Das Thema ist doch jetzt noch gar nicht beendet"
"Für mich schon. Also wie sieht es aus?"
"Nein, ich bin verabredet. Glaubst du das sowas jetzt die richtige Ablenkung ist?"
"Seit wann weißt du denn was richtig und was falsch ist? Ich war schon ewig nicht mehr feiern"
"Ja, seit dem Tag an dem du Ámbar kennengelernt hast. Lass den quatsch und gib ihr eine Chance"
"Musst du nicht los? Delfi abholen und sie romantisch ausführen?"
"Halt einfach die Klappe. Manchmal bist du so eine Zicke alter, man könnte denken du wärst im falschen Körper"
"Jaja komm sei ruhig und verpiss dich"
Matteo stößt sich vom Tisch ab und geht mit einem lauten Türknall fort. Ein paar Minuten später verlasse ich das Büro und begebe mich auf die Suche nach Ramiro.
"Was hast du nicht verstanden an 'Lass niemanden auch nur in die Nähe meines Büros!'?" knurre ich stocksauer.
"Er hat nicht auf mich gehört. Was sollte ich denn machen?"
"Lern Judo oder so, aber wenn ich sage ich will niemanden sehen, dann sorg gefälligst dafür, egal wie"
"Kommt nicht wieder vor"
"Ich gehe jetzt. Räum auf, mach dann die Lichter aus und schließ alle ab. Kannst dir Morgen dafür den ganzen Tag frei nehmen"
"Danke Diego"
"Hmm"

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"Ey Diego, was ziehst du für ein Gesicht?" fragt Leon mich und wir schlagen ein. Er war hier schon bevor ich Teilhaber wurde Barkeeper und im laufe der Zeit sind wir gute Kollegen geworden.
"Alles gut" winke ich ab und setze mein Lächeln auf.
"Wie immer?" fragt er und ich nicke. Ich lehne mich mit dem Rücken an die Bar und lasse meinen Blick durch den Club schweifen. Mal sehen, wer mein neues Objekt der Begierde wird.


Autsch, das hat Ámbar sich sicherlich anders vorgestellt. Ich hatte schon viele Szenarien, wie die Szene hätte enden können, also die zwischen Ámbar und Diego, aber diese Versöhnung würde mir dann doch zu schnell gehen.

Mal eine andere Frage: Kennt ihr das Gefühl, wenn jemand aus eurem Umfeld, sprich Familie, Freunde,.. bald nicht mehr da sein wird? Nicht im Sinne von Tod, um Gottes Willen darauf will ich nicht hinaus, aber wenn derjenige zum Beispiel wegzieht. Auch wenn es erst in ein paar Monaten ist? Habt ihr einen Plan wie man das verdrängen kann? Ihr müsst wissen ich bin ja immer total emotional, in allen Bereichen und mich nimmt sowas halt immer mit :D


Her SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt