Kapitel 12 ~ ... never killed nobody.

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 Ich wollte Liam hinter her, doch sah ihn zwischen den gut 200 Leuten nicht. Ich quetschte mich immer wieder durch die Reihen der Teenager, die mir genervte Blicke zuwarfen. Unfassbar wie viele Leute in ein Haus passten. Und die sollten alle auf meiner Schule sein?
Nachdem ich etwa den fünften Ellenbogen in die Rippen gestoßen bekommen hatte, blieb ich gereizt und unschlüssig stehen.
Wie sollte ich ihn nur finden?

Nachdem ich ihn erfolglos im Wohnzimmer gesucht hatte, ging ich weiter in die Küche. Meine Füße begannen in den Highheels zu schmerzen und mein Kopf dröhnte von der Musik.

Mir gingen Streite schon immer sehr nahe, weswegen ich auch ziemlich frustriert war. Und die Tatsache, dass Liam auch in der Küche nicht auffindbar war, machte es nicht gerade besser.

Mein Hals brannte vor Trockenheit und ich schaute mich nach etwas Trinkbaren um. In Mitten der ganzen leeren Cola- und Bierflaschen sah ich eine noch nicht angebrochene Bierflasche und griff dankbar danach.

Ich führte sie an meinen Mund und benetzte erst einmal meine Lippen, um mich wieder an den Geschmack zu gewöhnen. Meine Gedanken schweiften zurück zu dem Streit, ich musste unbedingt mit Liam reden. Geknickt ließ ich die bittere Flüssigkeit meinen Hals hinunter fließen. Ich schaute mich in der Küche um, bis ich eine ausgewaschene Jeansjacke am anderen Ende des Wohnzimmers entdeckte.

Ich rannte schon beinahe aus der Küche, doch als ich mitten im Wohnzimmer stand, war er nirgends zu sehen. Vielleicht hatte ich mich auch nur getäuscht.
Genervt stöhnte ich auf und drehte mich auf dem Absatz um.

Was sollte ich jetzt alleine machen?
Als hätte sie mich gehört, kam Jade auf mich zu.
Sie war schon deutlich angetrunken und schwankte mehr, als dass sie lief.

„Wo is'n Liam?“, nuschelte sie.
„Wir haben uns gestritten und ich kann ihn nicht mehr finden“, berichtete ich ihr geknickt.

Ihr Mund formte sich zu einem kleinen o, gerade als sie etwas erwidern wollte, schien ihr einzufallen, weswegen sie eigentlich zu mir gekommen war.

„Das ist ja blöde, aber... würde es dir etwas ausmachen, wenn du heute Nacht nicht bei mir schläfst? Ich weiß das war abgemacht, aber Louis hat gefragt, ob ich die Nacht nicht bei ihm schlafen will, da ich ja auch etwas getrunken habe...“

„Etwas?“, fiel ich ihr grinsend ins Wort. „Jade, du bist so ziemlich komplett besoffen. Sicher, dass du da alleine bei Louis bleiben willst?“

„Er würde das nie ausnutzen!“ Entgeistert schaute sie mich an. Ich hatte ganz vergessen, wie ernst sie alles nahm, wenn sie getrunken hatte.

„Das meinte ich auch gar nicht“, beeilte ich mich in einem beschwichtigenden Ton hinzu zu fügen. Ich fand es nur nicht gerade toll, dass sie mich alleine ließ. „Nur... ach egal. Hab viel Spaß und pass auf dich auf.“

Sofort erhellte sich ihre Miene und sie umarmte mich stürmisch.
Sie rief noch ein 'Danke' in meine Richtung und lief dann auf wackeligen Beinen davon, wahrscheinlich zu Lou.

Na toll, dieser Abend wird ja immer besser. Wie sollte ich jetzt überhaupt nach Hause kommen?

Meine Schläfen fingen an zu pochen, ich würde diesen Abend wirklich nicht ohne Alkohol überstehen. Resigniert setzte ich die Flasche erneut an meine Lippen und trank in großen Zügen. Vielleicht war heute der richtige Abend, sich das erste Mal so wirklich zu betrinken.

__

Ich hätte vielleicht früher darüber nachdenken sollen, dass ich Alkohol nicht gut vertrug.
Nachdem ich die letzte Stunde gelangweilt auf einer Couch saß, darauf bedacht, das wild knutschende Pärchen neben mir nicht zu beachten, und mit meiner zweiten Bierflasche angefangen hatte, wurde mir ziemlich schwindelig.

Sicher wäre es das Schlauste gewesen, einfach zu gehen, aber abgesehen davon, dass ich nicht wusste, wie ich heim kommen sollte, wollte ich mir einfach nicht eingestehen, dass der Abend der totale Reinfall war.
Ich wollte doch nur einen schönen Abend mit Liam und Jade verbringen, aber nein, ich musste ja alles kaputt machen.

Mir war bewusst, dass Harry sich verändert hatte und jetzt würde ich ihm so etwas zutrauen, auch wenn er niemanden verbieten würde, mit mir etwas zu machen. Dass ich ihm egal war, hatte ich die letzten Monate und vor allem Tagen gemerkt. Aber im Kindergarten? Er war der netteste Junge, den ich kannte. Ihm war es egal, dass die anderen ihn komisch anschauten, weil er mit einem Mädchen befreundet war. Er bestand jeden Tag darauf, meine Tasche zu tragen und verteidigte mich vor allem und jedem. Er wollte nie jemandem weh tun, wieso sollte er also Liam bedrohen?

Aber all dem stand ein beinahe unschlagbares Argument gegenüber. 'Warum sollte Liam mich anlügen?'

Von dem ganzen überlegen tat mein Kopf nur noch mehr weh. Frische Luft, das brauchte ich jetzt.

Ich versuchte aufzustehen, war jedoch viel zu betrunken, um mein Gleichgewicht zu halten. Ehrlich gesagt kam ich nicht einmal wirklich auf meine Füße.

Vielleicht war die Couch ja doch nicht so schlecht.

Ich nahm noch einen tiefen Schluck aus meiner Flasche, viel betrunkener konnte ich ja eh nicht mehr werden. Ich beschloss, meine Zeit damit zu vertreiben, Leute zu beobachten.

Etwas weiter rechts tanzte ein Junge, als wäre er noch nie auf einer Party gewesen. Wie in einem schlechten Film wirbelte er mit den Armen in der Luft, die Beine völlig neben dem Beat, aber ihm schien es Spaß zu machen.

Daneben tanzte ein Paar, wenn man es überhaupt Tanzen nennen konnte, vielmehr rieben sie ihre Körper aneinander.

In einer Ecke sah ich Jade mit Louis, der ihr gerade etwas witziges erzählt haben musste, da sie wie ein kleines Mädchen kicherte. Sie war definitiv verliebt.

Mein Blick glitt weiter und blieb bei einem Jungen hängen, der ziemlich selbstsicher auf ein Mädchen einredete. Dieser schien es aber gar nicht zu gefallen, da sie ihn erst entgeistert anschaute und dann ihre Hand hob. Bevor er reagieren konnte, landete ihre flache Hand auf seiner Wange. Ich bin mir sicher, dass man den Schlag bis zu mir hätte hören können, wenn die Musik nicht so laut gewesen wäre. Ein Grinsen stahl sich auf meine Lippen, als der Junge völlig verstört an seine rote Backe fasste. Stolz warf das Mädchen ihre langen Haare über die Schulter, drehte sich auf ihren hohen Schuhen um und rauschte davon. Ein Kichern entfuhr meinen Lippen und ich suchte mir jemand anderen, den ich beobachten konnte.

Und dann sah ich ihn, doch diesmal traf mein Blick nicht in seine leuchtenden grünen Augen. Er war viel zu beschäftigt mit Kelsey. Da er mich nicht bemerkte, beobachtete ich ihn eine Weile.
Er trug ein rot kariertes Hemd, bei dem er die oberen Knöpfe offen gelassen hatte. Man sah deutlich seine Tattoos, die ich schon immer bewundert hatte. Dazu trug er eine schwarze Hose und Converse.

Langsam glitten meine Augen wie von alleine zu seinem Gesicht.

Er hatte seine Locken in einem wilden durcheinander gestylt, doch man sah, dass es so gewollt war. Lange Wimpern umrandeten perfekt seine Augen, die er gerade zusammenkniff. Er spannte seinen Kiefer an und zog seine leicht rosaroten Lippen zu einer schmalen Linie. Scheinbar genervt ließ er Luft aus diesen entweichen und fuhr sich durch seine Haare.

Meine Haut begann zu kribbeln und Tränen bildeten sich in meinen Augen.

Ich wollte ihn vergessen, ohne ihn glücklich sein, vielleicht mit Liam zusammen, aber ich konnte es nicht. Egal wie oft ich mir einredete, es ohne ihn zu schaffen, es war unmöglich. Er war noch immer alles, was ich je wollte.

Es fühlte sich an, als zerspringe mein Herz in tausende kleine Splitter aus Glas, deren scharfen Ränder mich langsam von innen verletzten. Mir wurde gleichzeitig heiß und kalt und meine Hände begannen zu zittern, während mein Kopf zu zerplatzen drohte.

Und plötzlich ging es ganz leicht. Mit einem einzigen Versuch war ich auf den Beinen und eilte so schnell ich konnte aus dem Raum, durch die große Eingangstür und letztendlich auch aus dem Tor, das das Anwesen der Tomlinsons eingrenzte.

Mit zitterndem Atem blieb ich stehen und lehnte mich an das kühle Eisen. Die Party war in vollem Gange und alle Gäste waren bereits gekommen, weswegen niemand außer mir hier draußen war.

Ich beschloss, einige Schritte zu gehen.  Ich schlang meine Arme um meinen Körper, um die besitzergreifende Kälte fern zu halten. Mit immer noch wackeligen Beinen setzte ich einen Fuß vor den anderen und lief einfach in irgend eine Richtung davon.

Ich war viel zu sehr darauf bedacht, nicht hin zu fliegen, als dass ich das Rascheln in dem Busch neben mir hätte hören können.

Auch die Schritte hinter mir nahm ich erst wahr, als sie gefährlich nahe waren. 'Es ist sicher nur jemand von der Party, der auch ein bisschen an die frische Luft wollte' redete ich mir immer wieder ein.
Ich war vielleicht fünfzig Meter von Louis' Haus entfernt, hier wird mir schon nichts passieren.

Dennoch hatte ich das Gefühl, die Schritte kämen immer näher. Ich traute mich nicht, mich umzudrehen, spielte aber mit dem Gedanken, einfach los zu rennen.

Lächerlich! Ich bin alt genug, um mich wegen so etwas nicht verrückt zu machen.

Und dann wurde ich gepackt.

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Mrs Sparkle xx

The day you left meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt