„Warum hat ER dich heim gebracht?“
Mein Herz setzte einen Schlag aus, um danach in dreifacher Schnelle weiter zu schlagen. Das Blut schoss durch meine Adern und ich versuchte fieberhaft, mir etwas einfallen zu lassen, was ich ihm erzählen könnte. Aber was sollte ich ihm sagen? 'Ach, das war doch nicht Harry?' Er hatte uns gesehen, leugnen konnte ich also schon mal vergessen. Aber er muss ja nicht wissen, dass ich bei ihm geschlafen habe. Vielleicht kann ich ihm einfach erzählen, er hatte mich auf dem Weg nach Hause mit genommen?
„Ich dachte, du hättest daraus gelernt.“ Seufzend schüttelte er den Kopf. „Wie kannst du nur noch mal auf ihn reinfallen?“ Enttäuscht musterte er mich.Ich hätte den Mund halten sollen, mir irgend eine Ausrede einfallen lassen und das Thema beenden sollen, aber ich konnte es nicht. Ich brachte es nicht übers Herz, ihn und unsere Beziehung zu leugnen. Nach all dem hatte mein Bruder ein gänzlich falsches Bild von Harry und das sollte auf keinen Fall so bleiben.
Ich wollte ihm ruhig und erwachsen alles genau erklären, doch zu meinem Entsetzen brach ich in Tränen aus. Etliche Sekunden lag saß ich einfach auf meinem Bett, die Hände vors Gesicht geschlagen und schluchzte hilflos vor mich hin, bis ich eine große Hand auf meinem Rücken spürte.
Sanft fuhr er auf und ab, und seufzte schließlich auf. „Was hat er jetzt schon wieder angestellt?“
Völlig überrumpelt von dieser Frage hörte ich auf zu weinen.
Sofort nahm ich die Hände von meinem Gesicht und sah meinen Bruder völlig verstört an. „Was er angestellt hat? Er hat mir mein verdammtes Leben gerettet!“, platzte es aus mir heraus, bevor ich es verhindern konnte.
Jacks Augen wurden groß und er sah mich verständnislos an. Langsam schien ihm klar zu werden, was ich gerade gesagt hatte und Sorge breitete sich in seinem Blick aus. „Was ist passiert?“
Erneut brachen die Erinnerungen, die ich so erfolgreich verdrängt hatte, über mir zusammen. Ich wollte nicht darüber reden. Ich wollte einfach, dass die Bilder aus meinem Kopf verschwanden, aber ich musste es Jack erzählen, das war ich sowohl ihm als auch Harry schuldig.
„Versprich mir, dass du nichts Mum und Dad sagst, verstanden?“ Jack rang mit sich, ob er mir dieses Versprechen geben sollte, wusste aber, dass ich sonst nicht weiter reden würde. Ich wartete bis er nickte und schloss kurz meine Augen, um mich zu sammeln.
„Nach der Party“, begann ich also meine Erzählung. „Ich wollte ein bisschen an die frische Luft und dann habe ich Schritte hinter mir gehört. Ich dachte, ich hätte es mir nur eingebildet, aber bevor ich irgendetwas hätte tun können, hat mich jemand gepackt und in irgendeine dunkle Ecke gezogen.“
Eine Gänsehaut durchfuhr meinen Körper und ich legte meine Hände in meinen Schoß, um das Zittern zu stoppen.
Ich wagte es nicht, zu Jack aufzusehen. Mit gesenktem Blick fuhr ich fort.
„Er war viel stärker als ich. Ich wollte mich wehren, aber er hatte meine Hände festgehalten.“
Sofort fiel sein Blick auf meine Handgelenke, die dunkle Flecken zierten. Erschrocken zog er die Luft ein, doch ich ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen.
„Er hat angefangen, an meinem Kleid herum zu reißen“, heiße Tränen flossen meine Wangen herunter, als ich an seine Hände dachte. Wie sie mich berührten und mir keine Chance ließen, mich dagegen zu wehren.
„Ich habe meine Augen geschlossen, ich wollte das nicht sehen. Und plötzlich... war er weg. Als ich meine Augen wieder geöffnet hatte, sah ich nur, wie er auf dem Boden lag und Harry auf ihn einschlug. Verstehst du es nicht Jack? Wäre Harry nicht gekommen, wäre ich jetzt vielleicht...“ Von meinem Schluchzen unterbrochen, ließ ich den Rest des Satzes einfach in der Luft hängen.
Sofort schlossen sich Jacks Arme um meinen bebenden Körper. Es störte ihn nicht, dass ich sein T-Shirt völlig durchnässte.
Nach einigen Minuten brach er die Stille. „Versteh mich nicht falsch, Sarah. Ich bin Harry unglaublich dankbar dafür. Aber das lässt mich nicht vergessen, was er dir angetan hat. Und du solltest es auch nicht einfach so vergessen. Er hat sich verändert und ich glaube nicht, dass du weiterhin Kontakt mit ihm ha...“
„Nein!“, unterbrach ich ihn schrill. „Er war letzte Nacht nicht einfach nur für mich da. Er hat mir alles erklärt, er weiß, wie sehr er mich verletzt hat. Aber er hatte seine Gründe.“ Ich traute mich nicht, Jack jetzt von unserer Beziehung zu erzählen.
„Er hatte seine Gründe? Es gibt keinen Grund dafür, dich so zu verletzten!“ Erschrocken zuckte ich zurück, da ich nicht erwartet hätte, dass Jack lauter werden würde.
„Du hast gesagt, er ist hier willkommen, wenn er wieder der alte ist. Und er ist wieder wie früher.“ Meine Stimme zitterte und drohte, zu brechen, weswegen ich meinen Mund wieder schloss.
„Ich glaube einfach nicht, dass er sich von einem Tag auf den anderen so verändern kann“, sagte Jack entschlossen und stand auf.
„Gib ihm eine Chance“, rief ich verzweifelt, doch meine Stimme kam nicht lauter wie ein Flüstern über meine Lippen.
Aber Jack lief einfach weiter zur Tür. Tränen verschwammen meine Sicht und das laute Knallen meiner Zimmertür war das letzte, das ich von Jack diesen Abend hörte.
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The day you left me
FanfictionWas machst du, wenn dein bester Freund sich von dir distanziert? Wenn er plötzlich eine Freundin hat und komplett den Kontakt abbricht? Was machst du, wenn dein bester Freund zu deinem Feind wird? Und was macht er, wenn du in Gefahr bist? Für wen wi...