Kapitel 40 ~ Don't get too close, it's dark inside.

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SARAH'S POV

Die Dielen knarrten unter meinen Schritten, der Putz bröckelte bereits von den Wänden. Ein modriger Geruch stieg mir in die Nase. Das Haus war groß, viel zu groß. Es war alt, schien jeden Moment zusammen zu brechen. Gehetzt schaute ich mich um, fühlte mich beobachtet. Ich meinte, überall Augenpaare sehen zu können. Mal braune, mal blaue. Ich befand mich in einem Wohnzimmer, ein altes, löchriges Sofa stand in Mitten des großen Raumes. Wieso war ich hier?
Meine Füße trugen mich zu der Couch, sie war schwarz, doch rote Flecken sprangen einem förmlich entgegen. Was war das? Ich trat immer näher, bis ich direkt davor stand. Es war eine Flüssigkeit, leuchtend rot setzte sie sich von dem schwarzen Leder ab. Meine Hand streckte sich aus. Ich wollte es nicht berühren, doch mein Körper gehorchte mir nicht. Es war dickflüssig, zäh, wie Blut. Erschrocken riss ich meine Augen auf. Das vor mir war Blut. Ich beäugte meine Hand, meine Fingerspitzen hatten nun den selben Rotton. Langsam zog die Flüssigkeit ihre Bahnen an meiner Hand herunter. Ich wollte es abstreifen, mich schütteln, weg von hier, doch nichts geschah. Ich konnte meinen Blick nicht von dem leuchtenden Rot abwenden, gebannt verfolgte ich den Tropfen, der sich gerade an meinem Zeigefinger herunter schlängelte. Das Rot schimmerte im gelblichen Licht des Kronleuchters über mir.

Ich verließ den Raum, fand mich vor einer Treppe wieder. Sie war steil, die Stufen knarrten gefährlich, als ein Fuß nach dem anderen auf das kühle Holz trat. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich Barfuß war. Ich trug ein weißes, leichtes Kleid. Es war schlicht, wehte um meine nackten Beine. Dünne Träger hielten es an meiner Schulter, es war wie ein Nachthemd. Oder das Kleid einer Elfe. Ich merkte, dass es an meinem Dekolleté einen großen Riss hatte, wie als wäre es aufgeschlitzt worden. Direkt über meinem Herzen. Ich fuhr den kaputten Stoff entlang, stechendes rot blieb auf dem leuchtenden weiß zurück.

Ich hatte das Ende der Treppe erreicht, ich war in einem einzigen riesigen Raum. Doch ich stand mit dem Gesicht zu einer Wand, konnte nicht hinter mich sehen. Es roch stark, wie als würde etwas verwesen. Die Wand hatte die selben roten Flecken wie das Sofa, woher kam das ganze Blut? Meine Hand streckte sich erneut aus, mit dem Zeigefinger berührte ich das Blut und setzte dann meinen Finger an die Wand an. Als erstes erschien ein R, gefolgt von einem I und danach ein P.
Ich betrachtete mein geschriebenes, wer sollte in Frieden ruhen? Sobald ich die Frage in meinen Gedanken gestellt hatte, fuhr meine Hand erneut in das dickflüssige Rot. Neue Buchstaben entstanden, ein S gefolgt von einem Pluszeichen. Stand das S für Sarah? War ich tot? Aber ich war doch in diesem Haus? Ich konnte mich doch bewegen, auch wenn ich keine Kontrolle über das hatte, was ich tat. Ein neuer Buchstabe erschien. Ein H. Harry, schoss es mir sofort durch den Kopf. Was hatte das alles zu bedeuten?

Etwas strich um meine Füße, es gelang mir, meinen Blick zu senken. Ich stand in einer Lache, einer Lache aus Blut. Doch so sehr ich es auch wollte, meine Füße gehorchten mir nicht und blieben stehen. Woher kam die Blutlache? Mein Kopf drehte sich langsam nach links, es war dunkler hier oben, doch man konnte noch alles erkennen. Mein Körper folgte kurz später meinem Kopf und ich stand nun mit dem Rücken zu der Wand. Vor mir erstreckte sich der große Raum, er war beinahe leer. Außer einem Kronleuchter an der Decke und einem Stuhl konnte ich nichts finden. Meine Füße trugen mich zu dem Stuhl, langsam setzte ich mich auf diesen. Mein Blick war auf eine kleine Tür gerichtet, sie war aus Holz und weiß gestrichen. Auch auf ihr war mit Blut etwas geschrieben.
'Naivität ist des Engels Tod'. Ich wollte aufstehen, aus dem Haus rennen oder wenigstens die Türe öffnen, doch ich blieb still sitzen. Den Rücken gerade ausgestreckt, das Kinn gehoben. Meine Arme hingen schlaff neben meinem Körper herunter, meine Beine waren aufgestellt. Ein leises Knarren ertönte, die Tür öffnete sich langsam von alleine. Immer ein kleines Stück weiter, bis mir der ganze Raum präsentiert wurde. Noch immer wurde ich auf dem Stuhl gehalten. Mein Blick glitt hektisch durch den Raum, wie als wäre ich auf der Suche nach etwas. Und tatsächlich blieb mein Blick an etwas hängen. Ich kniff meine Augen zusammen, zuerst erkannte ich Blut. Viel Blut. Es bahnte sich seinen Weg durch die Tür auf mich zu, erneut spürte ich die Berührung der zähen Flüssigkeit an meinen Füßen. Woher kam das Blut? Ich erkannte etwas großes, einen Menschen. War er tot?

Je länger ich hinschaute, desto mehr Details konnte ich ausmachen. Es war ein Junge, er war groß, hatte braune Haare. Sein weißes T-Shirt war an vielen Stellen rot, er lag mit dem Rücken zu mir. Wer war dieser Junge? Was machte er hier und warum bewegte er sich nicht mehr?
Ein lauter Knall ertönte, der Junge drehte sich zu mir, wie als würde ihn jemand umher drehen. Seine Arme waren tattoowiert, seine rosanen Lippen leicht geöffnet. Genau wie seine Augen. Weit aufgerissen starrte mich das wunderschöne Grün an.
Alles in mir wollte aufstehen, wollte rennen. Ob aus dem Haus heraus oder zu dem Jungen, wusste ich nicht. Doch mein Körper gehorchte mir noch immer nicht. Das einzige, das mir zu gehorchen schien, war meine Stimme.

The day you left meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt