26 . Wohin jetzt?

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Liam's Eltern schienen davon auszugehen, dass die Situation geklärt war, denn sie gingen einfach an uns vorbei in die Küche und ich könnte schwören, dass sein Vater im Vorbeigehen sowas sagte wie "Gut so, Sohn".

Mir wurde schlecht. Ich konnte nicht glauben, dass er sich so von ihnen rumschubsen ließ.

Ich versuchte wieder Blickkontakt mit Liam aufzubauen.

Klar, ich hatte eigentlich garnicht kommen wollen, doch dieser Streit hätte definitiv nicht so enden sollen.

Ich hoffte irgendwie, dass er einfach mitkommen, oder sich sonst irgendwie gegen seine Eltern stellen würde, aber er stand nur, mit verschränkten Armen, da.

Mein Atem verschnellerte sich.

Das konnte nicht wahr sein!

"D-Du.. - und du bist sauer auf mich?" Ich wünschte ich könnte die Tränen und Verzweiflung von meinem Gesicht vertreiben.

"Geh."

Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen und ich konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken.

Ich ging die paar Schritte zurück zur Couch und schnappte mir meine Tasche, deren Inhalt mich schmerzhaft an meinen dummen Optimismus erinnerte.

Ich ging in den Flur und warf einen letzten Blick zurück zu Liam, in der Hoffnung er würde mich doch noch aufhalten, doch das tat er nicht und so verließ ich alleine das Haus.

Das war schlimm, schlimmer als ich es je hätte einkalkulieren können.

Mit jedem Schritt den ich mich vom Haus entfernte, wuchs meine Wut. Ich wusste nicht wieso, aber ich war nicht richtig traurig, also auch, aber eigentlich war ich eher wütend.

Ohne wirklich zu wissen, was ich tat, stand ich irgendwann an der Bushaltestelle.

Wohin jetzt?

Ich wollte nicht nach Hause.

Mein Psychologe hatte bereits Feierabend und eigentlich wollte ich auch dort nicht wirklich hin.

Ich wollte zu Adam, aber nach Amerika zu fliegen erschien mir dann doch etwas drastisch und recht kompliziert.

Dean war übers lange Wochenende mit Matthew weg, daher fiel er auch weg.

Also setzte ich mich in den Bus und fuhr zu der Person, die mir ehrlich gesagt als erstes in den Sinn gekommen war - Lilly.

Ich fuhr etwa eine halbe Stunde Bus, in der ich versuchte mein Make-Up in der Scheibe wieder einigermaßen zu korrigieren, oder zumindest die verlaufene Mascara zu entfernen.

Von der Bushaltestelle, an der ich ausstieg, bis zu Lilly's Haus musste ich noch knapp 10 Minuten laufen. Es war nicht die nächste an ihrem Haus, aber ansonsten hätte ich umsteigen müssen.

Als ich schließlich vor ihrem Haus stand hatte ich mich wieder einigermaßen gefasst.

Ich wollte einfach nur schreien und auf irgendwas einschlagen. Ich glaube ich war noch nie im Leben auf einen Menschen so sauer gewesen. Wie gesagt einigermaßen.

Gott, ich muss jetzt echt mit Lilly reden.

Hinter der geöffneten Tür stand Lilly's Mutter Melinda.

"Hallo Grace, alles in Ordnung?" Sie sah mich leicht besorgt, aber immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen, an.

"Ja. Ich wollte zu Lilly", sagte ich und bemühte mich darum nicht so auszusehen, wie ich mich fühlte.

"Oh, das tut mir leid, sie ist glaub ich grade bei Xavier", erklärte sie und warf mir einen mitleidigen Blick zu. "Soll ich ihr was ausrichten?"

"Nein, schon okay. Ich fahr einfach hin", antwortete ich und machte kehrt.

Second Chance || Still can't get enoughWo Geschichten leben. Entdecke jetzt