55. Don't forget where you belong

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Drei Tage sind vergangen ohne einziges Wort von Harry. Ich habe mich nicht bei ihm gemeldet, er hat sich nicht bei mir gemeldet. Es tut weh. Niemals hätte ich gedacht, dass Liebe so wehtun kann und niemals hätte ich gedacht, dass es mit uns so schnell wieder vorbei ist. Es kommt mir vor, als wären wir schon ewig getrennt voneinander.

Mir ist klar, dass ich es war, der ihn rausgeschmissen hat, aber auch nur, weil er sich so daneben benommen hat. Und trotzdem schmerzt es seit Sonntagabend so sehr in meiner Brust, dass ich es am liebsten betäuben würde. Ich liebe ihn, noch nie habe ich einen Menschen so sehr angehimmelt wie ihn. Bei einer Entschuldigung von ihm, hätte ich ihm mit Sicherheit verziehen.

Ich fühle mich einsam in meiner eigenen Wohnung, obwohl ich schon immer alleine hier gewohnt habe. Ich vermisse ihn. Ich vermisse seine Stimme, ich vermisse seinen Duft, ich vermisse seine Berührungen, ich vermisse sogar seine Kochkünste und ich vermisse Gemma.

Ich wollte nicht, dass es so schnell endet, so Knall auf Fall. Sonntagmorgen noch haben wir total verliebt im Bett rumgealbert und abends ist die Beziehung hinüber. Wie konnte das so schnell passieren? 

Am Montag habe ich noch erwartet, dass er mich anruft oder mir eine Nachricht schreibt. Ich habe wirklich gehofft, dass er sich entschuldigt für seinen Ton. Aber das ist nicht passiert. Mit jeder Sekunde die ich auf ein Lebenszeichen von ihm gewartet habe, wurde der Strick um mein Herz enger zugeschnürt.

In den letzten drei Tagen habe ich mit niemandem gesprochen, weder mit Zayn noch mit meinem Vater oder sonst wem. Ich wollte einfach nur meine Ruhe haben. Mit einem Bier in der Hand lag ich auf dem Sofa und habe herum philosophiert. Früher habe ich nie verstanden, warum manche so ein Drama um Liebeskummer machen. Jetzt durfte ich es am eigenen Leib erfahren. Es ist schrecklich.

Heute habe ich mich doch wieder aufgerappelt und es unter die Dusche geschafft. Ich musste einkaufen, da mein Kühlschrank gähnende Leere zeigte. Wie sehr ich mir wünschte, dass Harry mich bekochen würde oder mich vielleicht sogar mit einem heißen Fütterungsspielchen verführen würde, versuchte ich auszublenden.

Es ist ein merkwürdiges Gefühl jetzt wieder hier im belebten Supermarkt zu sein. Ich hoffte so sehr, dass ich niemandem begegnen würde, den ich kenne. Einfach nur schnell die Sachen in den Wagen, ab zur Kasse und dann wieder nach Hause - so der Plan. Doch natürlich lief in meinem Leben momentan nichts so, wie ich wollte.

"Hey Louis, na alles in Butter?", fragt die bekannte Frauenstimme hinter mir. Eleanor. Ich schließe kurz die Augen, versuche mich zusammenzureißen und drehe mich schließlich um. "Hallo Eleanor, ja alles bestens. Wie sieht's bei dir aus?" Ich greife ins Regal und packe meine Lieblingscornflakes ein.

"Geht so. Eine Freundin macht gerade eine schwere Zeit durch.", antwortet sie. Eine schwere Zeit also? Und ich? Mache ich keine schwere Zeit durch? Fuck! "Hört sich nicht so schön an.", murmle ich.

"Hast du heute irgendetwas vor? Ich hatte heute Morgen schon meine Vorlesungen, von daher hätte ich vielleicht Zeit?" - "Ich...tut mir leid, ich habe heute keine Zeit, Eleanor." Vielleicht wäre ein bisschen Ablenkung ganz gut, doch ich kann mich einfach noch nicht aufraffen und mich mit Freunden treffen, als wäre nichts passiert.

"Ist wirklich alles in Ordnung? Du siehst nicht gut aus." Na danke auch. Ich habe selbst bemerkt, dass ich ziemliche Augenringe habe und meine Augen trüb sind, als ich in den Spiegel geschaut habe. Aber ist das ein Wunder? Verdammt, ich habe geheult wie ein kleines Kind in den letzten Tagen! Denn es reicht ja nicht, dass Harry gegangen ist. Nein, zu allem Überfluss ist da auch noch meine Mutter und die schwangere Briana.

"Fuck, nein! Es ist nicht alles in Ordnung. Aber ich will nicht darüber reden.", antworte ich schnippisch und mache mich auf den Weg zum Kühlregal. Ich brauch noch Milch, Butter und Käse. Eleanor folgt mir.

"Manchmal wäre es aber besser, mit jemandem darüber zu reden. Kannst du dich noch daran erinnern, als ich bei dir war? Wie wir darüber gesprochen haben, ob du vielleicht verliebt bist? Ich wette mit dir, du hattest damals schon Gefühle für einen Mann und es nur noch nicht eingesehen.", wirft sie mir vor die Füße. Man, warum ist sie nur immer so aufdringlich? Das war sie schon von Anfang an, bis dato hatte mich das aber nicht gestört.

"Ich erinnere mich. Jetzt ist aber was anderes los. Das ist eine Familienangelegenheit. Sorry." Ein Versuch sie abzuwimmeln, der natürlich scheitert. "Wir können trotzdem was zusammen unternehmen. Kino, Essen, was trinken oder einfach nur quatschen."

"Bitte Eleanor, lass mich einfach nur in Ruhe. Nimm es mir nicht übel." -  "Ist ja in Ordnung. Darf ich dann wenigstens kurz mit deinem Handy telefonieren. Ich habe meines zu Hause vergessen." Wenn sie mich dann endlich in Ruhe lässt. "Hier." Ich versuche, so wenig wie möglich genervt zu klingen, doch so wirklich mag es mir nicht gelingen. Doch vielleicht war es genau richtig, denn sie scheint aufzugeben. Ich höre weder ihre Schritte noch ihre Stimme neben mir und als ich an der Kasse stehe, schaue ich kurz zurück, um meine Vermutung zu bestätigen.

Ich seufze einmal laut und lege dann die Produkte aufs Kassenband. Mit der linken Hand greife ich noch zu den Zigaretten und warte dann, bis ich endlich an der Reihe bin, um zahlen zu können. Eleanor war nun auch bei den Kassen und reicht mir mein Handy zurück. "Danke Louis. Wir sehen uns. Lass den Kopf nicht hängen, was auch immer los ist, dir wird es sicher bald besser gehen."

Als ich zehn Minuten später wieder zu Hause bin, räume ich meinen Einkauf in den Kühlschrank, schiebe eine Pizza in den Ofen und schmeiße mich dann aufs Sofa. Ich sehe mich um und runzle die Stirn, als mir das kleine Teil auf der Fensterbank auffällt. Streckend greife ich danach und stelle fest, dass es eine kleine Speicherkarte war. Es muss eine von Harrys gewesen sein, denn ich selber besitze keine. Als er letztens hier für die Arbeit etwas erledigt hat, muss er sie vergessen haben. 

Stirnrunzelnd stehe ich auf und stecke die kleine Karte in meinen Fernseher. Ich schnappe mir die Fernbedienung und setze mich zurück aufs Sofa. Das Menü öffnet sich und ein paar beschriftete Ordner erscheinen. Die meisten Namen sagen mir nichts, doch die Wörter "Eröffnungsfeier Malik" lassen mich neugierig werden. Harry hatte mir nie die Bilder gezeigt, nur die paar auf der Homepage habe ich gesehen. Ich wähle den benannten Ordner aus und starte die Diashow.

Die meisten Bilder sind von Menschen, die ich gar nicht kenne, irgendwelche unbekannte Gäste. Nur ab und zu sieht man vertraute Gesichter wie die von Niall, Liam oder Perrie. Meine Augen werden allerdings groß als plötzlich eine Fotostrecke anfängt, die gar nicht mehr endete. Harry hatte mich fotografiert - gefühlte hundert Mal! Und ich habe das nicht mitbekommen? Eines wo ich was trank, auf einem lachte ich und auf dem nächsten fuhr ich mit meiner Hand durch die Haare. Aus so vielen verschiedenen Perspektiven hatte er abgedrückt, ohne dass es jemandem auffiel. Einige Bilder waren sogar so dicht rangezoomt, dass sie wie Nahaufnahmen aussahen. Man erkannte jede kleine Lachfalte um meine Augen, die ich so gar nicht an mir mochte.

Ich seufze. Da waren wir noch gar nicht zusammen. Wir kannten unser gerade mal eine Woche, aber anscheinend habe ich ihm wirklich schon da... gefallen. Ich schlucke. "Ach Harry...", nuschle ich zu mir selbst.

Mein Blick fällt aufs Handy. Keine Nachricht und keine verpassten Anrufe. Ich frage mich, was er macht. Naja, wahrscheinlich ist er gerade bei der Arbeit, fotografiert verliebte Pärchen oder süße Tiere. Ob er wohl auch an mich denkt? Hat er genau so eine Sehnsucht nach mir, wie ich nach ihm? Alles in mir schreit danach, zu ihm zu rennen, ihn anzuketten und nie mehr los zu lassen. 

Wären da nicht seine so miesen Worte, die er mir an den Kopf gefeuert hat.

Ich vermisse ihn so sehr.

Und bevor mein Verstand überhaupt kapierte, was mein Körper gerade tat, war es schon zu spät.

From: Louis
Ich vermisse dich.

Doch auch Stunden später habe ich keine Antwort von ihm bekommen.

Where is the love - [Larry-AU] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt