They see me rollin'...

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Der nächste Tag war anders. Erstmal weckte Clint mich noch vor Sonnenaufgang - was er nie wieder tun würde, nachdem ich ihm eine schallende Ohrfeige verpasst und ihn dreimal Henry und fünfmal Dylan genannt hatte. Dann begann er auf einmal, als ich schlecht gelaunt und mit kaum nennenswertem Winterfell durch den Schnee stapfte, von seiner Frau und seinen Kindern zu erzählen.

Erst hielt ich das für einen Scherz. Mal ehrlich, welche Familie überstand es, fast vierundzwanzig sieben vom Familienvater getrennt zu sein? Doch irgendwie mochte ich die Art, wie er von seiner Familie sprach. Es war, als wäre er völlig normal und als würden wir einfach nur eine Wanderung machen und nicht nach gefährlichen Terroristen suchen.

Natürlich war das Gespräch verdammt einseitig und es war lustig zu sehen, wie er mit einem Wolf sprach, der sowieso nicht antworten konnte. Aber ich war ihm auch dankbar. Er tat es, um mich abzulenken und zu überspielen, dass wir uns auf dem falschen Fuß erwischt hatten.

Gegen Nachmittag dann stießen wir auf eine Wagenspur im Schnee. Meine Nase, die wegen dem vielen Schnee kaum etwas wahrnehmen konnte bisher, sagte mir, dass hier Dieselmotoren langgefahren waren und zwar mehrere.

Eine halbe Stunde später fanden wir einen alten Krater, in dem sich eine relativ große, aber einstöckige Forschungsstation befand.

„Die sollte leer stehen", sagte Clint.

Wir pressten uns nebeneinander oben an die Schneekante und starrten hinab zu den Autos, die vor der Station geparkt waren. Einige Hunde, die vermutlich die Hundeschlitten ziehen sollten, drehten fast durch und sprangen an den Pfosten, an denen sie angebunden waren, auf und ab, weil sie meinen Geruch aufgeschnappt hatten. Hier in dieser offenen, geruchsleeren Landschaft trug der Wind Gerüche weit.

Ich machte mir das zunutze und witterte.

Hund, Mensch, Treibstoff, nasser Beton, Gulasch - hm -, Schwarzpulver - ein Hauch - und... ist das feuchtes Holz?

Kurz darauf entdeckte ich einen abgedeckten Stapel Brennholz. Entweder hatten sie den per Auto hergebracht, oder sie verfügten über Helikopter.

Außerdem haben sie Waffen. Mit den Hunden könnte man auch was anstellen...

Meine Erkenntnisse konnte ich allerdings schwer mit Clint austauschen, er dagegen hatte wohl seinen eigenen Plan.

„Du versuchst sie abzulenken, ich gehe da rein. Ich war schonmal in so einem Ding, ich weiß, wie die aufgebaut sind."

Ist das der Boss-Agent-Modus?

Nach kurzem Zögern senkte ich zustimmend den Kopf. Ablenkung? Kein Problem!

Ich hechtete geduckt über die Kante des Kraters und warf dauernd Blicke nach unten, um sicherzugehen, dass mich niemand sah. Die Hunde folgten meinen Bewegungen zuverlässig und wurden immer frustrierter.

Okay, Ablenkung. Das liebe kleine Hündchen? Nee, die würden wahrscheinlich sofort losballern. Das gefährliche Raubtier? Warum eigentlich nicht?

Also richtete ich mich majestätisch zu meiner vollen Größe auf und reckte das Kinn. Zwei Männer liefen unter mir entlang, keiner sah auf.

Hallo? Hier steht ein 1,70 m Wolf?

Also warf ich den Kopf in den Nacken und heulte.

Sonderlich oft tat ich das nicht. So menschlich man als Wolf auch sein konnte, alles an mir war nunmal nicht „echt", da ich eben zur Hälfte ein Mensch war. Eigentlich ganz, aber egal. Doch das Heulen hatte nichts menschliches mehr.

Laut und klar durchschnitt es die Luft, kehlig und melodisch zugleich.

Die Hunde drehten durch. Während sich die beiden Männer erstaunt zu mir umdrehten, rissen die Tiere so heftig an ihren Leinen, dass ein Pfosten nachgab.

Night Wolf  ~Avengers/Marvel FF~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt