Eins

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Ich hätte Bucky Sunrise reiten lassen sollen.

Wir ritten seit zwei Stunden durch die Pampa und ich tat so, als wüsste ich den Weg. Tat ich kein Stück, das blöde Pferd lief einfach irgendwohin und ignorierte meine Zügel- und Beinhilfen gekonnt. Es war nicht so, dass ich eine schlechte Reiterin war, aber dieses Pferd war ein Monster.

Der heißt gar nicht Sunrise, sein Name ist Bloody Hell.

Immerhin war Bucky bisher nichts aufgefallen. Er saß relativ entspannt auf Lioness, die gemütlich ihrem jüngeren Artgenossen folgte und sich nicht die Bohne darum scherte, wie unfähig ihr Reiter war.

„Wie lange reiten wir noch?", brach mein schweigsamer Reisebegleiter zum ersten Mal die Stille.

Bis ich dieses Teufelspferd zum Anhalten bringe.

„Mal sehen. Wir brauchen einen guten Lagerplatz", entgegnete ich.

Sunrise bog erneut ab und schleifte mich durch einige herabhängende Brombeeren. Schlecht gelaunt klammerte ich mich fest und verzog das Gesicht, als mir eine dornige Ranke über die Wange peitschte.

„Denk an die Lasagne, Arschloch!", zischte ich dem Hengst leise zu.

„Wann willst du endlich zugeben, dass du ihn nicht reiten kannst?"

Hm. Soviel zum Thema Bucky merkt nichts.

Grummelnd zog ich die Schultern hoch und erklärte: „Es liegt nicht an mir! Niemand außer Dylan kann ihn reiten, aber er ist nunmal unser bestes Pferd. Er stammt von der Rennbahn und ist ein arrogantes Sackgesicht."

Wiehernd warf Sunrise den Kopf hoch und ich bekam einen heftigen Stoß in den Magen, weil ich nicht darauf vorbereitet gewesen war. Ich verfiel in wüstes Fluchen auf Englisch, Wakandanisch und Finnisch.

„Deine Familie hätte doch wissen müssen, dass er nicht reitbar ist", merkte Bucky an, das Schmunzeln in seiner Stimme brachte mich direkt auf Hundertachtzig.

„Wir können gerne tauschen!", patzte ich.

„Schon gut, ich hab nichts gesagt."

Eine halbe Stunde lang trug Sunrise mich willkürlich durch den Wald, bis wir auf einen breiten Pfad trafen. Zu meiner großen Erleichterung schien auch dem Monster von einem Pferd dieser Weg zu gefallen und er folgte dem Trampelpfad.

„Ihr habt viele Pferde. Wieso eigentlich?", ergriff Bucky erneut das Wort.

„Wir retten alles, was wir retten können. Wir haben Sunrise von einer Versteigerung geholt, weil sein Besitzer nicht mit ihm zurechtkam und ihn an den Höchstbietenden verscherbeln wollten. Er ist ein gutes Pferd, seine Mutter war irgendein bekanntes Rennpferd, er wäre niemals in gute Hände gekommen und wurde schon vom Vorbesitzer schlecht behandelt. Also haben wir ihn mitgenommen", berichtete ich und tätschelte ihm den Hals.

Natürlich schüttelte er sich sofort, als wolle er meine Berührung loswerden.

Undankbares Drecksvieh!

Aus irgendeinem Grund erinnerte mich das an meinen Masterplan bezüglich Buckys nächstem Wort. Doof nur, dass es dieses Mal etwas ungewöhnliches war und ich erstmal den Mut aufbringen musste, es ihm vorzuschlagen.

Meine Fresse, vor kurzem wollte ich ihm noch die Kehle aufreißen und jetzt sowas! Ich verstehe nicht mal, warum ich ihn mittlerweile schon fast als Freund sehe.

Irgendwann würde ich es aber aussprechen müssen, also gab ich mir einen Ruck.

„Bucky, ich habe mir was wegen dem nächsten Auslösewort überlegt. Es bedeutet ja übersetzt eins und ich... naja, ich dachte am stärksten ist ja häufig ein Gefühl der Zugehörigkeit zu jemandem. Und dann hab ich mir überlegt, dass sowas am besten zustande kommt, wenn man ein Geheimnis des anderen kennt. Eins, das derjenige noch nie jemandem gesagt hat", druckste ich herum und vermied es, zur Seite zu schauen.

Night Wolf  ~Avengers/Marvel FF~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt