Alte Bekannte

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Smyte war mir von Fotos her bekannt. Er war ein großer, breitschultriger Mann mit einem gehässigen Gesichtsausdruck, schmalem Gesicht und einer langen Nase. Das Haar hatte er silbern gefärbt und nach hinten gegelt, wobei das einfach nur scheiße aussah. Bei Pietro sah es wesentlich besser aus und auch irgendwie natürlicher.

Doch während ich möglichst elegant - was mir kein bisschen gelang - durch die Menge lief, gelegentlich Worte mit einigen Leuten wechselte und dabei nicht einen Satz in so hochgestochenem Englisch zustande brachte wie sie, fand ich keine Spur von dem Kerl. Natasha gab mir mehrmals leise Warnungen, wenn ich die Aufmerksamkeit der am Rande stehenden Wachleute auf mich zog, Sam hatte sich in die Kameras gehackt und suchte nach Smyte und Steve und Wanda ließen sich von ihm darüber auf dem Laufenden halten, was wir trieben. Bucky hatte ich aus den Augen verloren, aber ich vermutete, dass er mich stets im Blick hatte.

„Oh, da drüben ist ja Mrs. Richards! Oder sollte ich lieber Mrs. Daltonson sagen? Hat sie einen Doppelnamen?", hörte ich eine Frau sagen, die Tonnen Make-Up im Gesicht hatte und eher wegen ihrem Aussehen als wegen ihrer - nicht vorhandenen - Intelligenz einen älteren Herren begleitete, so wie sie aussah.

Sofort blieb ich stehen und drehte den Kopf. Der Name ließ in meinem Kopf alle Alarmglocken schrillen.

Daltonson? Bitte nicht!

Rasch erinnerte ich mich selbst daran, dass der durchgeknallte Milliardär im Knast vergammelte und diese Frau sicher eine Verwandte war und garantiert keine Ahnung von mir hatte. Dennoch drehte ich mich um und setzte ein freundliches Lächeln auf.

„Daltonson, so wie in Daltonson Technical Industrie?", fragte ich freundlich.

Mit hochgezogenen Augenbrauen starrte der Mann mich an, doch seine Begleiterin strahlte und musterte mich.

„Oh, Sie sind aber eine hübsche junge Dame! Wer sind Sie denn? Ich bin Sally Hopkins, das ist mein alter Freund Harry Storker", stellte sie sich aufgedreht vor.

„Rachel Podowdy", erwiderte ich und schüttelte ihre Hand, während Storker steif daneben stand und keinen Ton von sich gab.

Wahrscheinlich bin ich unter seiner Würde. Tja, Pech gehabt.

„Schön, Sie kennenzulernen! Ja, ich glaube, ihr Mann war der Geschäftsführer, das ist er aber seit diesem bedauerlichen Vorfall nicht mehr. Haben Sie schon gehört, dass er im Gefängnis war? Also ich hätte niemanden geheiratet, der im Gefängnis war!", plapperte sie eifrig.

„War?", hakte ich nach und betete, dass sie einfach nur blöd war.

Sie sah mich mit riesigen Glubschaugen an und piepste: „Haben Sie das denn nicht gehört? Er kam letzten Monat frei und hat Mrs. Richards geheiratet. Sie hat ihn wohl jeden Tag im Gefängnis besucht. Ich glaube, er ist heute sogar hier! Soll ich euch bekannt machen? Mrs. Richards ist eine alte Freundin von mir!"

Oh shit! Wieso ist er draußen?

Mir rutschte das Herz in die Hose und ich wäre am liebsten schreiend davongerannt. Daltonson hatte mir einmal zwei Typen auf den Hals gehetzt, mir eine Kugel eingejagt und S.H.I.E.L.D. gegen mich aufgebracht.

„Geht es Ihnen nicht gut?", wollte Hopkins wissen, die mein bleiches Gesicht bemerkte.

Ich setzte ein Lächeln auf, entschuldigte mich und machte mich aus dem Staub. Ich warf einen kurzen Blick auf Mrs. Richard. Sie war eine große Frau mit langen braunen Haaren, einem knappen roten Kleid und dem Ausdruck eines Raubtieres auf der Jagd. Von ihrem kriminellen Ehemann war keine Spur zu sehen. Von Smyte genauso wenig. Da knackte es in der Leitung.

Leute, Clint hat mich gerade angerufen. Er sagt, Smyte wäre gar nicht hier. Er gibt wohl gerade eine Pressekonferenz in Schottland", meldete Natasha.

Night Wolf  ~Avengers/Marvel FF~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt