27 Kapitel

8.8K 433 7
                                    

Samantha P.o.V.

Vollkommen überstürzt wirbelte ich herum. Hastig drückte ich den überraschten Harry die Tasse in die freie Hand. „Ich muss los", keuchte ich erschrocken und sprintete los. Noch mehr Ärger konnte ich mir echt nicht erlauben. Ohne jemanden zu berühren kämpfte ich mich durch die Menschen. Kam mir jemand zu nahe, wich ich aus und kam von meinem Weg ab. Es war ein Spießrutenlauf, aber es gelang mir irgendwie. Fünf Minuten später kam ich vollkommen verschwitzt beim Krankenhaus an und hielt atemlos inne. Ein extrem verzweifelter Damon raufte sich die Haare und sah sich hilflos um. Sein Handy hing am Ohr. Seine Augen wanderten über den überfüllten Platz. Mich Knirps konnte er gar nicht sehen. Hektisch setzte ich einen Fuß vor den anderen und eilte auf ihn zu. Ihn wollte ich niemals in Panik versetzen. Ich hatte bloß die Zeit aus den Augen verloren. Unsicher schritt ich vorwärts.

„Nein Basti. Ich sehe sie nicht! Verdammt, sonst würde ich auch nicht anrufen, du Genie", wetterte er in sein Smartphone. Abrupt blieb ich hinter ihm stehen. Angst durchflutete mich.
Angst vor seiner Reaktion.
Angst vor seinen verletzten Gefühlen.
Angst vor meiner eigenen Dummheit.
Mit jeder Sekunde die verstrich, wurde meine Angst größer. Gleichzeitig dazu wuchs der auf mich zukommende Ärger proportional mit. Mit großen Augen sah ich den angespannten jungen Mann an. Das hier war eindeutig keine schlaue Idee von mir gewesen.
Du bist Samantha, die Eisprinzessin.
Es kostete mich all meinen Mut, doch schließlich schaffte ich es meinen Mund zu öffnen. „Damon....", flüsterte ich leise. Er erstarrte mitten in seinen Bewegungen und drehte sich wie in Zeitlupe zu mir um. „Ich habe sie gefunden", murmelte er tonlos und legte eiskalt auf. Sein fassungsloser Blick musterte mich. Entkräftet ließ er das Handy sinken und schaute mich einfach nur aus seinen dunklen Augen an. Vollkommen erstarrt schaute ich zurück. Jeder meiner Muskeln war angespannt. Schlimmer als mein Vater konnte es eigentlich nicht werden.
Eigentlich.
Doch anstatt mich anzumeckern, schwieg der langhaarige Student und sah mich einfach immer noch fassungslos und geschockt an. Wir standen uns inmitten der Menschenmenge gegenüber. Keiner von uns wagte es ein Wort zu sagen. Irgendwann gab ich mir einen Ruck. „Damon", wiederholte ich leise seinen Namen. Eingeschüchtert wich ich seinem Blick aus. Eigentlich wollte ich mein Verhalten erklären, doch mein Gehirn verweigerte seinen Dienst. Mal wieder.

Jetzt erwachte auch er aus seiner Starre. Innerlich wappnete ich mich für eine weitere Predigt und schloss die Augen. Mein hektischer Atem roch nach Alkohol und gebrannten Mandeln. Abwartend stand ich da und ballte meine Hände zu Fäusten. Doch anstatt eines Wutanfalls schlossen sich zwei kräftige Arme um meinen zitternden Körper. Verwirrt erstarrte ich und öffnete meine Augen. Damon zog mich in eine kräftiger Umarmung und dachte gar nicht erst daran mich wieder loszulassen. Steif drückte ich den Rücken durch und riss die Augen auf. „Dir geht es gut", flüsterte er erleichtert und drückte mich noch fester. Erstaunlicherweise ließ mein Zittern nach. Zögernd schloss ich die Augen und drückte meinen Kopf leicht gegen seine harte Brust. Das ich allmählich erdrückt wurde, machte mir nichts aus. Seine Hand strich immer wieder durch meine langen Haare. „Ich war fast verrückt vor Sorge!"
Der Eisblock in meinem Herzen schmolz nun komplett dahin. Zaghaft hob ich meine Arme und klammerte mich an seiner Hüfte fest. Und so standen wir da. Regungslos. In der Kälte. Mitten in umher laufenden Menschen.

„Du hast mir mir gesprochen", wisperte Damon gerührt und ließ mich langsam los. Nun hob ich den Kopf und sah ihn aus meinem gesunden Auge an. Glück und Unglauben schimmerte in seine Augen. Sanft strich er mir mit seinen Händen die Tränen aus dem Gesicht. Und ich zuckte nicht zurück. In dem Moment wurde mir einiges klar:
1. Damon war kein unsympathisches Arschloch, wie ich anfangs dachte.
2. Er würde mir niemals Vorwürfe machen.
3. Er würde immer für mich da sein.
4. Er verhielt sich genau so, wie ich es mir von Basti wünschte.
„Alles in Ordnung?" Fragend neigte er den Kopf und sah mich besorgt an. Seine Hände ruhten auf meinen Schultern, als ich hektisch nickte. In dem Moment glitt sein Blick zu seinen Händen und er zuckte zusammen. Ruckartig löste er sich von mir. „Es tut mir Leid. Sam. Ich...ich wollte dich nicht anfassen....ich...ich...war nur außer mir....vor Sorge", stotterte er verlegen. Sanft strichen seine Finger eine meiner eiskalten Tränen von meinen glühenden Wangen.

Ich sah ihn nachdenklich an, unfähig meine Gedanken in Worte zu fassen. Die ganze Situation überforderte mich immer mehr. Damon schien es genauso zu gehen, denn er steckte seine Hände in seine Jackentaschen und sah mich leicht lächelnd an. „Wollen wir zu meinem Auto gehen?" Unruhig trat er von einem Fuß auf den anderen. Erleichtert darüber, dass er die Initiative ergriffen hat, nickte ich und lächelte ihn an. „Willst du deinen Freunden noch Tschüss sagen?" Sein Blick wanderte auf einen Punkt hinter mir. Ich brauchte mich nicht umzudrehen um zu wissen, dass die Gruppe dort stand.
„Viel Spaß mit deinem Sugar Daddy", krakelte Josefine über den Platz. Harry erwiderte etwas, doch ich bekam es nicht mit. Ich schüttelte schnell den Kopf und setzte mich in Bewegung. Damon fragte nicht weiter nach. Wortlos wies er mir den Weg durch die Menschen. Durch seine Größe wichen die Menschen ihm bereitwillig aus. Die kalte Luft ließ meinen Atem kondensieren und mich erzittern. Fast schon erleichtert stieg ich in seine Schrottmühle. Im Auto machte ich sofort die Sitzheizung an. Wärme durchfuhr wenig später meinen Körper. Erleichtert klemmte ich meine abgefrorenen Hände unter meine Oberschenkel und versuchte mich aufzuwärmen.
Pfefferminzgeruch verbreitete sich im Auto, welches seit meiner letzten Fahrt geputzt worden war. „Hier." Leicht schroff reichte mit Damon ein Kaugummi, welches ich kleinlaut auspackte und mir in den Mund schob. Wieder wartete ich auf die Predigt, doch es kam nichts. Höchst konzentriert startete Damon den Wagen und steuerte uns durch die überfüllten Straßen. Das Radio berieselte uns leise mit Weihnachtsmusik. Meine Augenlider wurden immer schwerer. Die Wärme und die leise Musik erschwerten mir das wach bleiben immer mehr.

Broken InsideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt