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-Pennys Sicht-

Immernoch lachend werfe ich einen Blick auf mein Smartphone und erschrecke: „Fuck, es ist schon ein Uhr Nachts! Ich muss morgen fit sein!" Samu, der immer noch halb auf mir liegt, rappelt sich auf; sein Gesicht ist immer noch total rot. Will garnicht wissen wie ich dann aussehe! Oh Gott, nein das will ich wirklich nicht... ich wäre bestimmt keine hübsche Tomate! Sein tiefes Lachen holt mich aus meinen tomatigen Gedanken (?!) zurück und ich sehe ihn fragend an. Was ist daran denn jetzt bitte lustig? „Beruhig dich wieder, das Konzert ist doch erst am Abend. Es reicht dicke, wenn du davor zum Soundcheck da bist." Wie kann er denn so ruhig sein?! Da werden mehrere tausend Menschen sein! Wenn da irgendetwas schief geht, dann ist das ein Drama! Hektisch springe ich auf und renne ins Bad, wo ich allerdings auf dem Fußhandtuch ausrutsche und auf die Fließen knalle. Der Schmerz an sich ist erträglich, aber der ganze Druck, den ich mir selber wegen Morgen mache, entlädt sich und ich beginne zu weinen. Ich bin machtlos und in meinem Heulkrampf gefangen - wie früher. Meine Augen sind vollkommen mit Tränen verschleiert und ich kaure total verloren und zitternd auf dem Boden. „Ich kann das nicht, ich kann das alles nicht", wimmere ich vor mich hin. Sini muss das absagen! Ich rapple mich auf und will mit tränenüberströmten Gesicht ins Wohnzimmer stolpern um Sini zu überzeugen, dass das Konzert abgesagt werden muss, als ich gegen etwas warmes, relativ weiches laufe. Ich will erschrocken zurückspringen, aber da schließen sich schon seine starken Arme um mich und halten mich fest. Ich will mich von seinem Griff befreien, aber ich habe keine Chance. „Ich lass nicht zu, dass du das tust", sagt Samu ruhig und streichelt über meinen Rücken. Ich reiße die Augen auf. Das habe ich mir doch nur gedacht, oder etwa nicht?! „Woher..?" „Du hast es immer wieder vor dich hingemurmelt", erklärt er mir, noch bevor ich die Frage ganz stellen kann. „Aber ich kann das nicht! Verstehst du nicht?!" Mir kommen erneut die Tränen und ich reiße mich von ihm los. Samu überholt mich und stellt sich mir im schmalen Gang in den Weg. Ich sehe ihn an und stelle erschrocken fest, dass er sein hübsches Gesicht zu einer zornigen Grimasse verzogen hat. Aus Reflex von früher ducke ich mich weg, behalte ihn aber genauestens im Auge um schnell reagieren zu können. Er holt tief Luft und ich zucke allein bei der Erwartung seiner lauten und wütenden Stimme zusammen. Aber als er beginnt zu sprechen, klingt er ganz sanft: „Penny, schau mich an." Verwirrt sehe ich ihm direkt in die Augen. Keine Wut? Kein Geschrei? „Ich werde dich letztendlich nicht davon abhalten, aber ich will, dass du dich an den Moment erinnerst, an dem wir uns zum ersten Mal gesehen haben. Du warst völlig aufgelöst auf der Bühne und hast so stark gezittert, dass ich kurz davor war aufzuspringen und dich festzuhalten." „Siehst du?! Da waren viel weniger Menschen als es auf dem Konzert sein werden!" „Penny, hör mir doch weiter zu. Dir geht es jetzt gerade genauso wie damals, aber vergisst du da nicht was? Vergisst du nicht, dass wir uns für dich umgedreht haben? Dass das Publikum dich geliebt hat? Penny, die Leute, die am Konzert sind, kennen dich, die haben deine Auftritte gesehen! Die wollen dich sehen, so wie du bist. Und wenn du mal einen Aussetzer hast, dann verstehen sie das! Und außerdem bin ich doch im Publikum und du kannst jederzeit zu mir schauen!" Zögernd mache ich einige Schritte vorwärts und er sieht mich traurig an. „Du willst es also tatsächlich abblasen?" Was? - Nein! Ich will dich doch umarmen, du finnischer Vollidiot! Ich schmiege mich an ihn und schlinge meine Arme um ihn, was gerade mal so geht. „Oh, achso! Ich dachte schon du würdest das durchziehen", seufzt er erleichtert. „Sagt mal was ist denn hier eigentlich schon wieder los?" Sini sieht uns verständnislos an. „Äh, nichts, tut uns Leid", murmelt Samu und Sini verschwindet mit hochgezogener Augenbraue. „Danke", seufze ich. Anstatt eine Antwort zu geben hebt mein Liebling mich hoch und trägt mich ins Badezimmer. Hä, warum ins Badezimmer? Dann erinnere ich mich wieder: Ich wollte duschen. „Man, du wolltest ernsthaft so zu Sini marschieren?" Samu sieht mich nun auch mit hochgezogener Augenbraue an. Oh, bei ihm sieht das aber im Gegensatz zu Sini super aus! Dann sehe ich an mir herunter und erstarre. Mein Heulanfall hatte mich so sehr im Griff, dass ich garnicht gemerkt habe, dass ich ja noch völlig nackt bin! Ich werde knallrot. „Beruhig dich, no Chance, dass sie dich gesehen hat, ich stand schließlich vor dir." Verlegen spiele ich mit meinen Haaren herum. Samu hatte sich wohl wieder eine Boxer angezogen... Trotzdem verstehe ich jetzt Sinis irritierten Blick. Oh Gott, sie hat ‚schon wieder' gesagt! Mit großen Augen sehe ich Samu an. „Sie hat ‚schon wieder' gesagt!" Mein Tiger bricht in lautes Gelächter aus. „Ups", ist Alles was er sagt. „Ups, mehr nicht?!" Er fährt sich durch die Haare - so ganz egal ist es ihm dann wohl doch nicht, dass Sini uns gehört hat! „Ja, was soll man machen! Ist ja sowieso die letzte Nacht hier gewesen..." Kopfschüttelnd stelle ich mich unter die Dusche und wasche mir die Haare, während Samu sich wie selbstverständlich dazugesellt und sich ebenfalls duscht. Danach Zähne putzen, abtrocknen, Gesichtspeeling, ab ins Bett. „Tiger?" „Hmm", brummt er und sieht mich an. „Danke." „Oh mein kleiner Engel, doch dafür nicht, doch dafür nicht", flüstert er zärtlich und zieht mich an sich. Früher würde ich jetzt wachliegen und von meinen Ängsten gequält werden, aber jetzt fühle ich mich in seinen Armen sicher und geborgen und schlafe augenblicklich erschöpft von dem ganzen Stress ein.

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