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Als ich ins Bett ging, hoffte ich diesmal beim Aufwachen alles vergessen zu haben.
Damon, den Streit...

Doch ein weiteres Mal war das Schicksal nicht gnädig zu mir und so konnte ich mich, als ich aufwachte, an jedes verdammte Detail von unserem Streit erinnern.
Ich überlegte, ob ich mich bei ihm entschuldigen sollte. Nur dieses Mal richtig.
Doch diese Idee verwarf ich schnell wieder. Ich wollte nicht, dass er dachte, ich würde ihm hinterher rennen. Das würde sein -eh schon viel zu großes- Ego verdoppeln.

Doch ich wollte mit ihm reden. Ich konnte nach diesem Streit doch nicht einfach gar nichts machen. Ich musste klarstellen, dass ich gegen niemandem irgendwelche Vorurteile hegte.

In einer Pause lief ich mit Mary über den riesigen Pausenhof. Wir sahen andere Schüler Fußball und Basketball spielen.

„Was läuft da zwischen dir und Damon?", fragte mich Mary gerade, als ein orangener Basketball auf uns zuflog.

Ich fing in auf und schleuderte ihn zurück, in die Richtung, von der er gekommen war.

„Damon und ich? Was soll da laufen?", fragte ich mit betont gleichgültiger Stimme. Doch selbst ich merkte, wie sie augenblicklich in die Höhe schoss. Verdammt!

„Danke!", rief mir ein großer, schwarzhaariger Junge zu. Er hatte den Basketball gefangen.

„Gerne.", antwortete ich.

Er sah mich kurz an und kam auf mich zugelaufen. Den Basketball warf er achtlos zur Seite, was ihm ein genervtes Raunen seiner Freunde einbrachte.

„Ich kenne dich doch.", sagte er als er nur noch wenige Meter von uns beiden entfernt war.

„Woher denn das?", ich musterte ihn. Seine schwarzen Haare waren ordentlich gekämmt, was eine Kunst war, nachdem er Basketball gespielt hatte. Sein kurzes Shirt definierte seine Bauch- und Brustmuskeln. Er hatte braune Augen, was mich darauf schließen ließ, dass er südländischer Abstammung war.
Vielleicht italienischer, oder spanischer.
Er war groß. Bestimmt einen oder zwei Köpfe größer als ich.

„Ich habe dich noch nie gesehen.", ich zuckte mit den Schultern.

„Doch. Du bist das Mädchen von gestern! Du bist diejenige, die Damon gesucht hat!"

Ich hatte einen Gedankenblitz.

„Du bist der Junge von der Tribüne!", rief ich.

„Ja!", lachte er über mein Begeisterung.

„Warum hast du gestern Damon gesucht?", mischte sich nun Mary ein.

Ich geriet ins Wanken.

„Tja...also..."

„Viel wichtiger ist doch, ob sie ihn gefunden hat.", erwiderte der Junge. Ob gewollt oder ungewollt, er rettete mich aus einer peinlichen Situation.

„Ja, das habe ich. Danke für deine Hilfe."

„Bitte."

Er wollte sich zu seinen Freunden drehen, doch als wäre ihm wieder etwas eingefallen, drehte er sich zu uns um und fragte mit schüchterner Stimme: „Wie heißt du eigentlich?"

„Ich bin Aria.", lächelte ich, ebenfalls zurückhaltender.

„Schön dich kennenzulernen. Ich bin Kyle."

„Spielst du nicht normalerweise Football?", fragte ich, weil ich nicht wusste, worüber wir sonst reden könnten.

„Ja. Aber unser Trainer betont immer wieder, dass es gut ist, wenn man viele Ballsportarten beherrscht. Außerdem möchte ich etwas Abwechslung."

„Okay, hört sich cool an."

Ich bemerkte, dass Mary neben mir unruhig wurde.

„Wir sehen uns, Kyle.", verabschiedete ich mich deshalb kurz angebunden und gab Mary ein Signal weiterzulaufen.
Eine Weile schwiegen wir beide. Ich spürte, dass Mary etwas bewegte.

„Du bist mir noch eine Antwort schuldig.", sagte sie schließlich trocken.

Ich biss mir auf die Lippe. Zwischen Damon und mir lief doch nichts! Ein kurzes Gespräch im Café, an welches ich mich nicht einmal erinnern konnte, ein Streit am Footballfeld, an welches ich mich sehr wohl erinnerte und das war es!

„Mary. Ich kann dir versichern, dass da wirklich nichts zu sagen ist. Du bist meine beste Freundin. Wieso sollte ich dir etwas, das mit einem Jungen zu tun hat, verschweigen?"

„Weil du genau weißt, dass ich ihn nicht leiden kann. Damon und seine Rasselbande. Ich habe das Gefühl, dass er dabei ist, dir den Kopf zu verdrehen."

„Er hat mich vor einigen Tagen das erste Mal angesprochen. Ich kenne ihn nicht."

Sie blieb stehen und richtete ihre Haare.

„Dann ist ja gut. Mehr wollte ich nicht wissen."

Ich lächelte erleichtert.

„Und wer war dieser andere Junge?"

„Ich habe ihn gestern kurz getroffen."

„Bei der Suche nach Damon...?"

„Mary. Du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Ich habe ihn gesucht, weil ich mich für mein seltsames Verhalten von gestern entschuldigen wollte.
Du warst doch auch dabei. Gib zu, dass ich komisch war!"

„Du warst abweisend. Meiner Meinung nach, hättest du nicht besser reagieren können.", sie verschränkte ihre Arme und sah mich schmollend an.

„Du hast ja einen richtigen Hass auf sie."

„Diese ganzen Footballspieler sind auch kein guter Umgang für solche Mädchen wie uns.

„Solche Mädchen wie uns?"

„Mädchen, die auf etwas Ernstes und Festes aus sind. Mädchen, denen eine gute Nacht nicht reicht, sondern die ein perfektes Leben planen."

Mir ging der Streit mit Damon durch den Kopf. Das, was er zu Vorurteilen, die wir gegenüber ihm hätten, gesagt hatte.
Doch, die Dinge, weshalb wir ihn und seine Freunde mieden, stimmten doch alle. Das, was Mary sagte, machte Sinn!

„Du hast recht.", gab ich zu. Sie nickte zustimmend und wir liefen über den großen Hof zurück in das Schulhaus.

Gaps in my HeadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt