44

162 8 0
                                    

„Die eine Hand muss tiefer."

      „Ich weiß."

„Und geh ein wenig in die Knie."

      „Du Klugscheißer."

„Lass dein Ziel nicht aus den Augen!"

      „Ach halt doch die Klappe!"

Das Minigolf-Spielen startete etwas holprig. Obwohl ich schon oft genug den Schläger in der Hand hatte, war ich kein begnadeter Spieler. Ich brauchte unzählige Versuche, bis der kleine runde Ball das Ziel traf und wurde immer missgelaunter.
Als Damon nach einer kleinen Weile auch noch versuchte, meinen Lehrer zu spielen und jede meiner Bewegungen kommentieren musste, riss mein Geduldspfaden endgültig. Das schien Damon zu merken. Denn urplötzlich schoss auch er ständig daneben.

Als er schließlich einen Ball, der fünfzig Zentimeter vom Loch entfernt war, viel zu sehr anstieß und dieser mit unkontrollierter Geschwindigkeit an eine Bande krachte, sah ich ihn mit zusammengekniffenen Augen an.

„Damon!"

„Ja?", sein Blick war voller Unschuld. Er tat doch tatsächlich so, als wüsste er nicht, weshalb ich ihn so musterte.

„Ich weiß, dass du das absichtlich machst.", ich runzelte meine Stirn und versuchte, möglichst streng zu schauen. Das fiel mir leider verdammt schwer, was daran lag, dass Damons Unschuldsmiene einfach perfekt war. Außerdem meinte er es doch nur gut. Er war einfach ein Schatz! Aber das musste er ja nicht wissen.

„Was denn?"

      „Ach komm schon."

„Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon du redest."

„Lass mich nicht immer gewinnen! Ich bin lieber eine gute Verliererin, als eine schlechte Gewinnerin.", ich wartete auf seine Reaktion.
Er entschied sich für den richtigen Weg.

„Tut mir leid. Ich möchte nur, dass für dich alles perfekt ist.", diese Worte wirkten wie ein Zauberspruch und sorgten dafür, dass sich mein Herz verflüssigte und einfach davon floss. Ich konnte nichts dagegen machen und seufzte nur verträumt.

„Weißt du, womit du mich glücklich machen würdest?", er blickte fragend zu mir auf, „wenn du mir all deine Tricks und Künste vorführst und wenigstens versuchst nicht allzu hoch zu verlieren."

„Ich soll gegen dich verlieren?", jetzt wirkte er ungläubig. Als hätte er nicht recht verstanden, was ich mit meiner Herausforderung meinte, fuhr er sich langsam durch die Haare. Ich merkte, dass er sich nicht sicher war, was er darauf antworten sollte und musste schmunzeln.

„Ich mach dich fertig!", schrie ich und richtete meinen unhandlichen Minigolf-Schläger direkt auf Damons Brust. Wenn er schon nicht gut genug war, mir den Sieg zu bringen, konnte ich ihn wenigstens als effektive Waffe verwenden. Ich schwang das schwere Metall durch die Luft und erhoffte, dass mich dessen pfeifende Geräusche furchteinflößender machten.
Aber keine Chance!

„Ja klar. Was kannst du kleiner Zwerg mir schon anrichten?", und dann fing er doch tatsächlich an zu lachen! Wie konnte er sich eine solche Frechheit erlauben? Er hatte zwar nicht ganz unrecht, was meine Größe anging, aber das gab ihm noch lange kein Recht, mich Zwerg zu nennen.
Dabei war das noch ein netter Spitzname. Von Gnom bis abgebrochener Gartenzwerg war mir alles schon untergekommen. Jedoch wusste ich, dass Damon diese Bezeichnung kein bisschen böse meinte. Er wollte mich nur etwas ärgern und das klappte verdammt gut.

„Ok. Dann wird es für dich auch kein Problem sein, wenn der Zwerg nicht zu deinem Probespiel kommt.", ich nahm den Schläger wieder richtig in die Hand, setze zu einem neuen Schlag an und versuchte Damon weitestgehend zu ignorieren.
Das gestaltete sich leider als sehr schwierig, da er einen Wimpernschlag später hinter mir stand und urplötzlich seine Hände auf mein Hüfte legte. Mein Körper reagierte mit einer prickelnden Gänsehaut auf der Oberfläche meiner Haut und mit dem Beschleunigen meines Herzes, welches sich inzwischen wieder verfestigt hatte und nun nichts besseres zu tun hatte, als schreiend Damons Namen zu rufen.
Warum konnte er sich auch nicht ankündigen?
Ein einfaches: „Hey pass auf. Ich fasse dich gleich an. Bereite dich schonmal darauf vor, innerlich zu explodieren", hätte schon gereicht.

Ich spürte, wie er mich näher an sich heranzog und den Duft meiner Haare einsog. Sie rochen nach Rosen, was meinem neuen Shampoo zu verdanken war. Damons Körper entspannte sich, ich erlaubte es mir nicht weiter böse auf ihn zu sein und lehnte mich an ihn.

„Dann muss ich meinen Eltern wohl leider ausrichten, dass meine Freundin nicht das Interesse hat, sie kennenzulernen.", er sagte die Wörter so neutral, dass er genauso gut über das Wetter oder seine Beabsichtigung ein weißes T-Shirt zu kaufen hätte sprechen können. Aber das tat er nicht. Ich gab die entspannte Haltung auf und drehte mich wie vom Blitz getroffen um. Er sah meinen erstaunten Blick und brachte ein kehliges Lachen zustande, welches sich bis tief in mein Mark fraß und mich kurz aufschlucken ließ. Normalerweise hätte ich mich nun nicht länger halten können, hätte ihn an mich herangezogen und ihm gezeigt wie sehr ich ihn, schon allein wegen seines Lachens liebte. Doch im jetzigen Moment war gar nichts normal.

Er wollte mich seinen Eltern vorstellen. Er wollte, dass ich sie kennenlernte und sie sahen, welchem Mädchen er so viel Zeit widmete. Eigentlich sollte ich nicht so aufgeregt und überrascht sein. Schließlich hatte er meine Eltern schon längst getroffen und war ein fester Bestandteil unserer Familie geworden.

Es war eine Selbstverständlichkeit, wenn er abends zum Essen kam und auch mal bei mir übernachtete. Doch Damons Eltern hatte ich noch nie getroffen. Mir war nicht viel über sie bekannt. Damon redete nicht oft über sie aber schon allein der Gedanke daran, die Menschen, die einen so wunderbaren Menschen zu Stande bringen konnten, persönlich zu treffen, war eine Ehre für mich. Es war der Beweis, dass Damon es tatsächlich ernst mit mir meinte. Doch das wusste ich auch schon vorher.

„Deine Eltern?", kam mir stotternd über die Lippen, „und was ist, wenn ich mich blamiere?", plötzlich packte mich eine Angst, die mich umschloss wie ein rauer Herbstwind. Sie nahm meinen Kopf, meine Seele, mein Herz ein und ließ einen bitteren Geschmack auf meiner Zunge zurück. Ich fühlte mich wie gelähmt und schaffte es kaum über die erfreuliche Nachricht zu lächeln. Damon spürte meine Anspannung selbstverständlich.

„Ach Ary. Sie werden dich lieben! Mach dir keine Gedanken. Sei einfach so, wie du immer bist und dann kann nichts schief gehen.", er nahm mich in den Arm, in der Erwartung, ich würde mich unter seinen Berührungen wieder entspannen, so wie ich es immer tat. Doch dieses Mal blieb die Aufregung in meinem Inneren bestehen. Als wäre sie unweigerlich ein Teil von mir, welchen ich bis zu dem schicksalhaften Treffen nicht mehr los werden würde.

„Das ist leichter gesagt als getan. Wie bin ich denn immer?", er befreite mich aus der süßen Umarmung, um mir in die Augen zu sehen.

„Die Aria, die ich kennenlernen durfte ist mutig, selbstbewusst und intelligent. Und ich liebe diese Person.", das sagte er so frei hin, als gäbe es gar keine andere Antwort auf meine Frage. Ein Gefühl der Geborgenheit umzog mich, wie eine schützende Schicht vor den negativen Gefühlen und sorgte dafür, dass ich Damon wieder in eine Umarmung zog und befreit an seine Brust seufzte.

„In Ordnung. Ich werde kommen. Falls ich das Treffen nicht ganz zufällig vergesse.", ich zwickte zum Spaß in seine Seite. Damon zuckte überrascht zusammen und ließ von mir ab.

„Das wird wohl kaum der Fall sein. Ich habe genau gesehen, wie viele Klebezettel deine Mutter für dich gekauft hat! Schämst du dich nicht, dass wegen dir alle Bäume abgeholzt werden?", er sprach diesen Vorwurf voller Liebe aus, dass ich ihm gar nicht böse sein konnte. Auch als er versuchte, eine grimmige Miene aufzusetzen, indem er sein Gesicht in Falten legte und seine Augenbrauen fordernd in die Höhe schießen ließ, konnte ich nicht anders, als ihn an mich heranzuziehen und ihn einfach zu küssen. Wieso hatte er nur solch eine Wirkung auf mich?

Gaps in my HeadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt