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„Aria, oh mein Gott.", seltsam, wie das Leben spielte. Ich lag auf dem Boden. Das feuchte Gras kitzelte an meiner Nase und mein Herz schlug immer noch schneller, wenn ich seine Stimme hörte. Ich wusste inzwischen, wozu er fähig, dass er eine Gefahr für sich und seine Umwelt war und doch war ich dabei meine Hand nach ihm auszustrecken und mich an ihm festzuhalten. Wie dumm und naiv ich war. Ich konnte verdammt froh sein, dass Mary und Lara in diesem Moment in das Geschehen traten und sich besorgt neben mich knieten.

„Aria, geht es dir gut? Was ist passiert?", schrie Mary mit hysterischer Stimme. Sie strich mir sanft über die Haare und versuchte mich leicht anzuheben, „du musst aufstehen, sonst wirst du noch krank.", fügte sie etwas leiser und sortierter hinzu. Sie hatte mit ihrem Einwand nicht ganz unrecht. Inzwischen war es tatsächlich sehr kalt geworden und meine Kleidung war komplett durchnässt. Da der Schmerz in meinem Unterleib bereits ein wenig abgeklungen war, versuchte ich mich etwas aufzurichten. Doch bei der kleinsten Bewegung fühlte es sich so an, als würde mir jemand einen Basketball in die Magengrube schlagen. Benebelt vor Schmerz ließ ich mich stöhnend wieder ins Gras fallen.

„Verdammt, ist das etwa Blut?", hörte ich Lara keuchen. Ich sah auf mein Kleid, welches nun nicht mehr ganz blau war. Es war übersäht mit Gras- und -tatsächlich- auch einigen Blutflecken.

„Ich glaube, das sind nicht meine.", antwortete ich mit größter Mühe. Ich schielte zu den Jungen, der von Damon und seinen Freunden verprügelt wurde. So wie ich lag er im Gras und hielt die Augen geschlossen, während einige andere Gäste sich um seine Verletzungen kümmerten. Sie halfen sich mit vielen Pflastern und Toilettenpapier. Außerdem sah ich, dass sie in einen Becher etwas Wasser und in den anderen wohl Alkohol geschüttet hatten, um den Dreck aus den Wunden zu holen. Mich rührte es, wie hilfsbereit sie alle waren und doch holte keiner einen Krankenwagen. Alle hatten zu sehr Angst, dass die Gruppe um Damon Ärger bekommen und dann auf Rache aus sein würden.

Wie konnte ich nur all die Monate so blind sein? Wie konnten alle von Damons Aktivitäten wissen, außer ich? Ich sah zu ihm. Er hatte sich neben mich gehockt und schaute zerstört auf den Boden, als sei er derjenige, der gerade von einer Gruppe Jugendlicher verprügelt wurden wäre. Er wirkte so unschuldig, als könnte er keiner Menschenseele etwas antun, aber mich würde er nicht mehr austricksen können.

Als hätte er meine Gedanken gelesen, blickte er auf einmal auf und sah mich mit aller Trauer an. Es wirkte nicht so, dass er es bedauerte, erwischt wurden zu sein. Ich hatte viel eher das Gefühl, dass er sich wegen etwas ganz anderem schuldig fühlte, etwas, dass mit diesem Vorfall zu tun hatte. Ich sah nicht das typische Funkeln, welches seine Augen erleuchtete, sobald wir zusammen waren. Das Einzig, was ich erkannte, war ein schwaches Glänzen und die dunklen Ringe, welche seinem Gesicht das letzte Leben nahmen. Er wirkte schuldbewusst, aber das würde nichts an dem, was er getan hatte, ändern.

Als er mich ansah, wirkte es so, als würde er versuchen mit mir ohne Worte zu kommunizieren. Er sah mich eindringlich an und hoffte mich wohl damit wieder auf seine Seite zu bringen, aber das würde ihm diesmal nicht gelingen.

„Komm Ary, wir bringen dich ins Bett.", sagte da Mary plötzlich, die wohl den Blickkontakt zwischen Damon und mir beobachtet hatte. Ich nickte und versuchte es wieder mit dem Aufstehen. Diesmal klappte es, trotz der dumpfen Schmerzen in meiner Bauchregion, besser und Mary und Lara halfen mir bis ins Haus und in mein Zimmer. Es war ein weiter Weg und wir kämpften uns Meter um Meter nach vorne. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an und als ich mich müde in mein Bett fallen ließ, war ich mir sicher, auf der Stelle einschlafen zu können.

Doch Mary und Lara bestanden darauf, mir zumindest das blutverschmierte Kleid auszuziehen. Lustlos ließ ich ihre Berührungen und ihr Gezerre über mich ergehen und wollte gerade die Augen schließen, als ich schnelle und polternde Schritte über den Holzboden des Flures hörte. Ich blickte Richtung Tür, in welcher nur einen kleinen Augenblick später Damon stand. Er sah sich im Zimmer um und sein Blick blieb an meinem kleben. Aber nur für eine Sekunde, dann versperrte mir Lara die Sicht.

Gaps in my HeadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt