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„Du willst mit mir shoppen gehen?", ich wollte zu ihm aufblicken, wurde aber von dem reflektierenden Glanz des Hochhauses so geblendet, so dass ich erst blinzeln musste und dann beschloss, den Blick lieber zu senken, um der Gefahr einer Erblindung zu entgehen.

„Warte es nur ab Clarke. Seit wann sind wir denn so ungeduldig?", das Schelmische in seiner Stimme war nicht zu überhören. Ich blickte auf seine Füße, die sich mir näherten.

„Seitdem du alles spannend machen musst.", maulte ich und entschied mich nun doch aufzusehen. Zum einen, weil ich mich langsam an das grelle Licht gewöhnt hatte und zum anderen, weil ich mich an Damon einfach nicht sattsehen konnte.

Gerade fuhr er sich durch seine Haare, welche sich durch den Helm an seinen Kopf geschmiegt hatten. Dabei hatte er diese Korrektur gar nicht nötig. Er sah auch mit anliegenden Haaren verboten gut aus. Ich hingegen hoffte in näherer Zukunft einen Spiegel aufsuchen zu dürfen, um meinen bestimmt nun wieselartigen Haaren wieder Leben einhauchen zu können.

„Es tut mir leid, aber ich fürchte, dass die Heimlichtuerei an dieser Stelle noch nicht beendet ist.", oh Gott. Was würde nun kommen? Müssten wir als nächstes durch dunkle Gänge wandern, bis hin zu einem Geheimversteck? Oder würde doch eher in den nächsten Minuten eine luxuriöse Limousine mit getönten Scheiben ankommen und uns an einen verbotenen Ort bringen? Beide Möglichkeiten schienen im Augenblick tatsächlich möglich zu sein. Besonders, wenn man beachtete, was Damon für ein Geheimnis aus diesem Treffen machte.

Doch statt einer Karte mit eingezeichneten Geheimgängen, oder einem Schlüssel für ein unverschämt teures Auto holte Damon ein rotes, seidenes Tuch aus seiner Hosentasche und sah mich auffordernd an.

„Umdrehen.", da ich wusste, dass Nörgeln nichts brachte, drehte ich mich ergeben um und spürte, wie Damon mit aller Zärtlichkeit meine Augen verband und genaustens darauf achtete, dass bloß kein Härchen sich verfang. Ich spürte seinen Atem in meinem Nacken und hielt schockartig die Luft an.

Wir waren jetzt schon so lange zusammen und noch immer waren seine Berührungen und seine Nähe nichts Selbstverständliches für mich. Das zeigte das blitzende Gefühl, welches pulsartig meinen ganzen Körper einnahm, als Damon nach meiner Hand griff, um mich ans Ziel zu führen.

„Woher hast du eigentlich das Tuch?", der weiche Stoff schmiegte sich sanft an meinen Kopf und gab ein raschelndes Geräusch von sich.

„Sagen wir mal so. Meine Mutter sollte von diesem Diebstahl nichts erfahren.", flüsterte er verschwörerisch an mein Ohr.

„Wow, du bestiehlst sogar deine Mutter für mich. Dann muss es dir echt ernst mit mir sein."

Plötzlich griff er meine Hand und drehte mich mit einer schnellen, fließenden Bewegung um hundertachtzig Grad, sodass ich direkt vor ihm stand und ich seinen warmen Atem auf meiner Wange spürte. Ein minziger Geruch erreichte meine Nase, was mich darauf schließen ließ, dass er vor nicht all zu langer Zeit Kaugummi gekaut haben muss. Einen von der scharfen, eindringlichen Sorte. Aber ich mochte den Geruch.

„Für dich würde ich sogar noch ein Halstuch meiner Mutter klauen.", ein Glück, dass ich ihm nicht in die Augen sehen konnte, sonst hätte ich mich wahrscheinlich wieder vollkommen in ihnen verloren.

„Du Gangster.", kicherte ich und wollte ihm spielerisch an die Schulter schlagen. Durch mein beeinträchtigtes Seevermögen traf ich jedoch nur ins Leere und spürte die Luft, die sich an meine Faust schmiegte.

„Ich bin schwer von dir beeindruckt.", hörte ich den sarkastischen Unterton meines Freundes und konnte darauf nur die Augen verdrehen. So ein Idiot!

„Vielleicht solltest du mir langsam mal die Überraschung zeigen.", ich verschränkte schmollend die Arme vor der Brust und musste mir das Gelächter Damons anhören.
Doch es dauerte nicht lange und er spürte meinen aufkeimenden Unmut über seine Spielereien. Er griff wieder nach meiner Hand und führte mich gemächlich in das Einkaufszentrum.

Als wir eintraten, wurde ich von einer Wolke verschiedener Düfte empfangen. Durch das Trüben meines Seesinns nahm ich die Gerüche jetzt viel aufmerksamer wahr. Ein Gemisch aus Parfüm und Essen wirbelte durch die Luft und schaffte augenblicklich ein Gefühl der Vertrautheit.
Das Stimmenwirrwarr, welches an Wänden abprallte, ließ mich vermuten, dass viele Menschen heute auf die Idee gekommen waren, ihren Tag mit einkaufen zu füllen.

Es musste wohl komisch aussehen, wie ein großer, gut-aussehender Junge ein Mädchen mit verbundenen Augen durch die Gänge führte. Doch mich störte dieser Gedanke nicht. Mir war absolut gleich, was die Leute von uns dachten, da ich mich in Damons Nähe immer wohl fühlte.

„Wir sind gleich da.", hörte ich Damon sagen. Seine Schritte verlangsamten sich und er ließ seine Hand meinen Rücken hinunter gleiten, bis zu meiner Taille.
„Vorsicht, Stufe.", er drückte mich sanft nach vorne und ich reagierte auf seine Anweisungen. Doch nicht ohne vorher nochmal tief Luft zu holen, da seine Berührungen mich wieder unwillkürlich dazu gebracht hatten, meinen Atem anzuhalten.

Wir bewegten uns nach unten und sofort fiel mir meine Idee des Geheimtunnels wieder ein.
Aber mitten in einem Einkaufszentrum?

Eher ich meine Verschwörungstheorie weiter ausspinnen konnte, spürte ich Damons Finger plötzlich in meinen Haaren und keine Sekunde später war die Augenbinde ab.
Doch anstatt vom gleißenden Lichts der, für Einkaufshäuser typischen Lampen empfanden zu werden, begrüßte mich ein dunkler Eingangsraum. Er war nicht groß, sah aber sehr ordentlich aus.

Es handelte sich nicht um eine abgewrackte Bude voller Fanatiker, die besessen darauf waren, den Gral der Wahrheit zu finden. Nein, es war viel eher ein cooles Zimmer mit LED-Lämpchen, die in langgezogenen Streifen die Aktivität, die hier ausgeführt wurde, ankündigte.

Pure Freude umschlang mein Herz und ich fiel Damon dankend in die Arme.

„Ich liebe Schwarzlicht-Minigolf!", rief ich aufgeregt und war in diesem Moment das glücklichste Mädchen der Welt.

Gaps in my HeadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt