Sein Vater empfang mich mit einem warmen Lächeln und schüttelte mir mit einer stürmischen Bewegung die Hand.
„Es ist so schön, endlich einmal Damons Freundin kennenzulernen. Er hat schon so viel von dir erzählt.", er zwinkerte mir verschwörerisch zu. Ich konnte ihn nur überrascht anstarren. Die braunen Haare hatte Damon definitiv von seinem Vater. Dieser war groß gewachsen und hatte eine schlichte schwarzfarbene Hose und ein weißes Poloshirt an. Sein Gesicht strahlte so viel Freundlichkeit aus, dass ich fast ein schlechtes Gewissen bekam, weil ich mir mitunter ausgemacht hatte, was für Monster seine Eltern sein könnten. Doch diese braunen Augen wirkten so gutherzig, dass ich mich augenblicklich entspannte.
Nun richtete sich meine volle Aufmerksamkeit auf Damons Mutter. Mir fiel sofort auf, wie schön sie war. Die blonden Haare waren zu einer straffen und kunstvollen Hochsteckfrisur zusammengebunden und brachten ihr markantes Gesicht perfekt zur Geltung. Ihre Nase war dünn und nicht zu lang. Die Augen groß, aber keine Glubschaugen. Die Lippen voll, aber nicht wulstig. Man sah ihr an, dass sie sehr auf ihr Äußeres bedacht war.
Als sie mir mit festem Griff die Hand schüttelte, konnte ich einen Blick auf ihre sauberen und einwandfrei lackierten Fingernägel riskieren. Außerdem wurde mir sofort bewusst, dass das Kleid, welches ihre gute Figur sanft umschloss, keines war, welches man in Läden bekam, in welche ich mit meinen Freundinnen oder mit meiner Mutter ging. Bei diesem Kleid handelte es sich offenbar um ein sehr teures Einzelstück aus einer exquisiten Boutique. Damons Eltern mussten sehr gut verdienen.
„Ich heiße Marleen.", stellte sie sich mit fester Stimme vor. Sie strahlte eine ungemeine Autorität aus, welche mich einen ticken gerader stehen ließ, „entschuldige meinen Mann. Charles ist sonst nie so unhöflich.",
Ok. Charles und Marleen. Das könnte ich mir merken. Nein, ich müsste es mir sogar merken, wenn ich bei Damons Mutter gut ankommen wollte. Ich sah ihr an, dass mit ihr nicht zu scherzen war. Und obwohl man das Buch bekanntlich nicht nach seinem Cover bewerten sollte, musste ich sehr mit mir kämpfen nicht auf der Stelle umzudrehen und in die nächste Mädchentoilette der Schule zu stürzen, nur um mich dann runterspülen zu können.
Nein, ich müsste wahre Größe beweisen und Charles und Marleen zeigen, dass ich eine reife Person war. Immerhin war es ja schonmal ein gutes Zeichen, dass sie mich aufforderten sie zu Duzen. Wahrscheinlich hatte ich das Damon zu verdanken, der ihnen bestimmt nur das Beste von mir erzählt hatte. Jetzt musste ich ihnen nur beweisen, dass er nicht mit seinen Ausführungen übertrieben hatte.
„Ich freue mich schon auf das Spiel.", der Satz kam aus meinem Mund heraus, ohne dass ich groß darüber nachdachte. Ich wollte nur irgendetwas sagen und nicht wie ein Fisch stumm durch die Gegend schauen.
Zum Glück spielte Charles für mich den Retter in der Not. Er lachte und nahm seine Frau an die Hand.„Na dann sollten wir uns mal auf den Weg machen, nicht wahr?", ich rang mir ein dankbares Lächeln an und krallte mich an Damons ausgestreckten Arm, um mir Halt zu suchen. Wenn ihm meine Grobheit etwas ausmachte, ließ er sich dies nicht anmerken. Stattdessen redete er mit seinen Eltern über die Mannschaft und seinen Footballtrainer und versuchte, die Stimmung etwas aufzulockern.
„Warst du schon oft bei Footballspielen, Aria?", fragte mich plötzlich seine Mutter, als das Feld gerade in unser Sichtfeld kam.„Nein, das ist mein erstes. Ich habe die Regeln auch noch nicht ganz verstanden, aber ich hoffe, dass ich sie mir heute merken kann und verstehe, was Damon auf dem Feld so treibt.", versuchte ich es mit heiterer Stimme.
Doch statt eines Lachens, oder zumindest eines angedeuteten Lächelns, verzogen sich Marleens Lippen zu einem schmalen Strich. Unwillkürlich sank meine Hoffnung auf eine Freundschaft mit Damons Eltern.
„Es wird dir gefallen, Aria. Da bin ich mir sicher.", schaltete sich nun Damons Vater ein und kam mir wieder zur Hilfe, „aber ich muss dich warnen. In dieser Sportart geht es ganz schön wild zu."
„Mach ihr keine Angst, Dad. Es ist nur ein Probespiel. Es ist nur Football. Keiner stirbt heute.", Damon legte einen Arm um meine Schulter und zog mich enger an sich heran. Es war mir ein wenig unwohl zu Mute, ihm vor seinen Eltern so nahe zu kommen, doch zumindest ein Elternteil sah diese Berührung gelassen. Das andere schaute schleunigst weg und räusperte sich lautstark. Das konnte ja was werden!
Nach einer gefühlten Ewigkeit waren wir endlich an der Tribüne des großen Feldes angekommen. Hier trennte sich Damon von uns und somit war ich innerhalt weniger Sekunden alleine mit seinen Eltern.
Ich war komplett überfordert mit dieser neuen Situation und musste ein paar Mal tief und langsam ein- und ausatmen, um nicht zu hyperventilieren. Das letzte, was ich wollte, war, dass Damons Eltern mich für unpassend oder unhöflich hielten.
„Wollen wir uns dann hinsetzen?", fragte ich und stellte ärgerlich fest, dass meine Stimme unsicher und schüchtern klang. Beide nickten und so suchten wir uns einen Platz, von welchem man das Footballfeld perfekt überblicken konnte. Ich rutschte auf den unbequemen Stühlen aufgeregt hin und her, während Damons Vater versuchte, mir nochmals die Regeln zu erklären.
Eine Mannschaft bestand aus zwei Teilen, die Defense und die Offense. Ziel der Offense war es über einen Raum von 10 Yards zu gelangen. Die Mannschaft unserer Schule hatte sich mit einer aus einem Dorf in unserer Nähe zusammengetan. Da sie keine vollständige Mannschaft stellen konnte, vermischten sich die beiden Teams.
Charles berichtete mir, dass Damon in der Defense-Mannschaft sei und es seine Aufgabe war, den Football an sich zu reißen. So weit so gut.

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Gaps in my Head
Подростковая литератураInhaltsangabe: Wie wäre es, jeden Abend mit der Angst einzuschlafen, am nächsten Tag aufzuwachen und sich nicht mehr an den Vortag erinnern zu können? Wie wäre es, das Gefühl zu haben, man hätte Lücken in seinem Kopf? Das ist der Alltag von Aria...