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Erschrocken betrachtete ich die violetten Augen die mich panisch musterten. Das braune Haar war zerzaust und es hingen etliche Zweige und Blätter darin. Seine Klamotten und seine Haut waren voller Erde und nervös zuckten seine Augen hin und her.

"Was zur Hölle...? Wes, was ist denn mit dir passiert?", fragte ich fassungslos und betrachtete meinen komplett verwahrlosten besten Freund.

Sein panischer Blick wurde sofort ruhiger als er mich erkannte und er machte sichtlich erleichtert einen Schritt auf mich zu. Doch ein klicken ließ ihn erstarren.

Gabriel, der bisher nur angespannt an der Wand gelehnt hatte, zielte jetzt mit einem Revolver auf meinen besten Freund. "Keinen Schritt weiter, Wolf, oder ich Knall dich ab", knurrte er und sah mehr als nur bereit dazu aus. Wütend funkelte ich meinen Mitbewohner an. Ich schätzte es sehr, dass er versuchte mich zu beschützen aber das war Wesley, mein bester Freund seit ich 16 war.

Böse knurrte ich Gabe an, was dazu führte, dass sein Blick kurz zu mir huschte. "Knarre runter, Gabriel! Das ist Wes!", zischte ich. Widerwillig senkte er die Waffe, ließ Wes aber nicht aus den Augen.

Langsam lief ich auf meinen besten Freund zu und berührte sanft sein Gesicht was seine Stirn sofort glättete und der panische Ausdruck in seinen Augen wich einem erschöpften.

"Was ist passiert, Wes?", fragte ich noch einmal und musterte wachsam sein Gesicht. Wieder richtete er seine violetten Augen auf mich.

"Du musst sofort zurück kommen, Roux. Sie haben Cadan! Und das Rudel dreht völlig durch", hauchte er, bevor seine Knie unter ihm nachgaben und er ohnmächtig auf den Teppich kippte. "Warte, Wes, wen meinst du mit 'Sie'?", fragte ich panisch doch mein bester Freund bewegte sich nicht mehr und war in einen tiefen Schlaf gefallen. Ängstlich blickte ich zu Gabriel, der sich seufzend von der Wand abstieß und sich neben uns hinkniete. Leicht untersuchte er den Betawolf, bevor er mir ernst in die Augen blickte.

"Ich habe zwar keine Ahnung, wie der Kerl dass geschafft hat aber er ist völlig überanstrengt. Ich habe schon den ein oder anderen Werwolf gesehen aber noch nie einen der die sich überanstrengen konnte", meinte er zögernd und sah mich fragend an aber ich konnte nur ahnungslos mit den Schultern zucken.

"Ich bringe ihn in mein Bett. Wir sehen weiter wenn er wieder wach ist", beschloss ich schliesslich und hievte den jungen Mann hoch um ihn die paar Schritte in mein Schlafzimmer zu schleifen und ihn auf mein Bett zu werfen.

Sanft Strich ich ihm durchs Haar. "Wach bitte bald auf, Wes", flüsterte ich dann bevor ich das Zimmer verließ.

Stunden waren vergangen und ich saß mit Gabe am Esstisch und trank einen Kaffee nach dem anderen während wir dem Regen zu sahen der stetig gegen unsere Scheiben trommelte.

"Also ... was glaubst du ist da los?", eröffnete Gabe zögernd das Gespräch. Niedergeschlagen wandte ich ihm meinen Kopf zu und verzog nachdenklich den Mund. "Ich hab keine Ahnung. Ich fühle auch nicht was los ist, weil ich weder eine Verbindung zu Cadan noch zum Rudel habe.", meinte ich dann langsam und zog frustriert die Augenbrauen zusammen. Das war das erste Mal das ich mir wünschte ich würde zum Rudel zu gehören.

Gabriel seufzte leise. "Er sah aus als hätte er panische Angst. Irgendwas schlimmes ist dort drüben passiert", meinte er dann ernst. Langsam nickte ich und stützte betrübt meinem Kopf in die Hände. Was war passiert?

Plötzlich ertönten langsame, zögerliche Schritte und ich hob sofort erwartungsvoll den Kopf. Wes schlich misstrauisch in die Küche ohne Gabriel auch nur einmal aus den Augen zu lassen. Als sein Blick auf mich fiel, breitete sich ein erleichtertes Lächeln auf seinen Lippen aus.

"Wes!", Erleichterung durchströmte mich und ich stand eilig auf. "Wie geht's dir?", erkundigte ich mich besorgt und musterte ihn eingehend. Wes ließ sich schwer auf einen der Stühle nieder und stützte seinen Kopf in die Hände.

Sofort ließ ich mich neben ihm nieder. "Also, Wes, bist du bereit mir zu sagen was dich hierher führt?", fragte ich vorsichtig ohne ihn aus den Augen zu lassen.

Wes hob langsam den Kopf und blickte mir intensiv in die Augen. "Unser Rudel wurde angegriffen und jetzt haben sie Cadan. I- Ich brauche deine Hilfe. Du bist seine Gefährtin und damit unsere Anführerin. Ich brauche dich. Das Rudel braucht dich, einfach damit sie wissen, dass es da draußen noch jemanden gibt, hinter dem sie stehen können", erklärte er brüchig.

Verwirrt runzelte ich die Stirn. "Aber du bist der Beta, der zweite Anführer. Kannst du sie nicht anführen, solange Cadan... verhindert ist", presste ich dann hervor und versuchte verzweifelt nicht auszurasten. Ich hatte mich von ihm losgesagt und hatte damit kein Recht sorgenvoll zusammenbrechen.

Wes warf mir einen frustrierten Blick zu. "Du sagst es. Ich bin der Beta aber sie brauchen einen Alpha. Jemand der sie wirklich anführen kann. Dem das im Wesen liegt. Ein Alpha erkämpft sich seinen Platz oder, wenn man ihn nicht herausfordert, wird der Platz vererbt, wie bei Cadan. Er ist der Alpha. Mit allem drum und dran. Er hat sogar diese gruselig roten Augen wenn er in seiner Alphastimme Befehle erteilt oder wenn er stocksauer wird. Und du als seine Gefährtin, kannst von dieser Macht etwas abzapfen und die Gefährtin eines Alphas zu sein macht dich also automatisch auch zu einer Art Alpha. In weiblicher Form. In manchen Rudeln nennt man sie 'Luna', wie die Mondgöttin. Aber das hat Cadan dir bestimmt schon alles gesagt. Aber genau aus diesem Grund brauchen wir dich.", faselte mein bester Freund und seine hellen Augen zuckten immer wieder misstrauisch zu Gabriel, der das ganze Ernst beobachtete.

Nachdenklich lehnte ich mich zurück. Die Angst um Cadan, ließ mein Herz rasen und ich würde gerade alles darum geben um einfach schreien zu können aber Wes war schon panisch genug. Wenn ich jetzt auch noch ausraste, bringt das uns beiden nichts.

Frustriert fuhr ich mir durch mein noch immer schwarzes Haar. Als ich sah wie das dunkle Haar durch meine Finger glitt, fing mein Körper an zu zittern und ich biss die Zähne zusammen um nicht loszuheulen. Warum musste sich Gabe für seinen dummen Streich ausgerechnet diese Farbe aussuchen?

Auch Wes warf nun einen irritierten Blick auf mein Haar. Er schien es vor lauter Panik bis her nicht wirklich realisiert zu haben aber jetzt starrte er mit zusammengezogenen Brauen darauf. "Interessante Farbwahl", meinte er dann vorsichtig, was mich heftig zusammen zucken ließ.

Ich schenkte Gabe einen wütenden Blick und bleckte leicht die Zähne bevor ich mich wieder Wes zuwandte der es geschafft hatte sich von meinem Haar loszureißen.

"Gut, ich werde mitkommen!", meinte ich dann energisch und stand auf. Verwirrt starrte der Wolfsjunge mich an.

"Einfach so?", meinte er dann misstrauisch was mich verletzt schnauben ließ.

"Was glaubst du bitte was ich für ein Monster bin, Wesley? Ich liebe euch und ich liebe ihn und ich werde niemanden von euch im Stich lassen egal was passiert", zischte ich dann bitter, woraufhin Wes entschuldigend die Hände hob.

"Nun gut, Gabe du schaust nach dem nächstbesten Flieger. Ich geh packen. Und du Wes ruhst dich solange noch aus. Später musst du mir erzählen wie du es geschafft hast dich zu überanstrengen", befahl ich und verschwand in meinem Zimmer.

Hinter mir hörte ich Gabriel nur leise ein: "Kontrollfreak", grummeln.

"Das habe ich gehört, Mr. Bain!! Und das hat nichts mit Kontrolle zu tun", rief ich zurück, bevor ich anfing wahllos Klamotten zusammen zu suchen und sie in eine große Tasche warf. Ohne darauf zu achten, wie ordentlich das nun war.

Ich musste jetzt stark sein, für Wes, für das Rudel.

Für Cadan.

Pain of Wolves Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt