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Die Gruppen waren mittlerweile losgezogen und ich schlenderte mit Wes über die Lichtung um zu schauen ob ich irgendwo helfen konnte und mir nebenbei von Wes das Rudel erklären zu lassen.

"Die, die dich so ausgefragt hat, war Lydia. Sie gilt, wie soll ich es sagen, als eine Art Gamma. Sie ist dafür da, das Training im Auge zu behalten, sowie die Aufgabenstellung wenn Alpha und Beta mal verhindert sind. Sie ist wirklich nett. Sonst hätte Cadan sie nicht mit dieser wichtigen Aufgabe betraut. Es wundert mich also nicht, dass sie dich getestet hat.", er lächelte und Eifersucht keimte in mir auf. Sie kannte Cadan. Und das wahrscheinlich besser als ich.

Mit einem schiefen Grinsen musterte mich mein bester Freund. "Du bist eifersüchtig", stellte er dann belustigt fest und betrachtete meinen verkniffenen Gesichtsausdruck. Ein tiefes Grollen entfloh meiner Kehle und ich warf ihm einen wütenden Blick zu.

"ICH?! Eifersüchtig? Hahaha ... ja", gab ich am Ende knurrend zu. Ich hatte eigentlich vorgehabt es zu leugnen aber nach den ersten zwei Wörtern und dem breiten Grinsen auf Wes Gesicht war mir klar, dass das unmöglich war. Er hatte mich wahrscheinlich schon nach dem ersten Wort durchschaut. Missmutig beobachtete ich aus dem Augenwinkel wie der brünette Wolf leise lachend den Kopf schüttelte.

Genervt boxte ich ihm gegen den Arm. "Hör auf zu lachen", zischte ich und funkelte ihn warnend an.

Eine Bewegung zog meine Aufmerksamkeit auf sich.

Zwei Kinder rannten lachend über die Lichtung. Mit hoch erhobenem Haupt beobachtete ich den blonden Jungen der mit einem gewinnenden Lächeln hinter dem dunkelhaarigen Mädchen herrannte. Schnaubend wandte ich mich ab.

Wes warf den Kindern einen besorgten Blick zu bevor er mir weiter folgte.

"Alpha!", ertönte eine kindliche Stimme und neugierig drehte ich mich um.
Das brünette Mädchen stand mit leuchtenden Augen vor mir und ein zauberhaftes Lächeln umspielte ihre Lippen. "Was kann ich für dich tun?", fragte ich freundlich, doch mein Blick zuckte unaufhörlich zu dem blonden Jungen mit den intensiven saphirblauen Augen. Jedes Mal wenn mein Blick dem seinen begegnete zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen.

Tief einatmend widmete ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Mädchen. Die schüchterne den Blick auf ihre Füße richtete. "Ich wollte mich bedanken. Dafür dass du meinen Onkel suchen lässt und dieses Rudel nicht einfach übernimmst. Er bedeutet mir viel. Oh und das ist mein Cousin Kyle.", das Mädchen warf dem Jungen einen drängenden Blick zu und stieß ihn leicht mit ihrem Ellebogen an.

Mein Gesichtsausdruck verhärtete sich und ich richtete mich leicht auf. "Ich denke wir kennen uns schon, nicht wahr, Kyle?", richtete ich meine Worte an Cadans Sohn, der meinen Blick aus großen Augen erwiederte. Plötzlich fiel mir etwas auf und ich runzelte die Stirn. Neugierig wandte ich mich wieder an das Mädchen. "Cadan ist dein Onkel?", fragte ich und musterte das dunkelhaarige Mädchen. Eifrig begann die Kleine zu nicken.

"Mein Vater ist der Bruder unseres Alphas. Doch er ist in den Kampf gegen ein feindliches Rudel gezogen und kam nicht wieder zurück", kurz wurden die strahlenden braunen Augen des Mädchens von Trauer umschattet. Dann schüttelte sie den Kopf und schenkte mir ein herzerwärmendes Lächeln. "Mein Name ist übrigens Lily. Wie die Blume. Es ist meine Lieblingsblume", lachte sie, bevor sie sich umdrehte und mit Kyle in dem großen Haus verschwand.

Stirnrunzelnd blickte ich ihnen noch hinter her, als die beiden schon längst verschwunden waren, bevor ich mich langsam an Wes wandte. "Ich wusste gar nicht das Cadan einen Bruder hat.", meinte ich und betrachtete den Beta forschend der angespannt in die Schatten der nahegelegenen Bäume starrte. Dieser zuckte nach meinen Worten zusammen und warf mir einen raschen Blick zu.

"Cadan redet nicht gerne über ihn. Sie sind Zwillinge. Was bei uns Wölfen nicht unüblich ist. Vielleicht ist die weitverbreitet bekannte Zwillingsverbindung der Grund weshalb es ihm noch mehr schmerzt ihn verloren zu haben.", Wes starrte traurig auf dem Boden.

Tröstend strich ich ihm über die Schulter.
"Ihr standet euch nah, nicht wahr?", fragte ich, woraufhin Wes zustimmend nickte.

"Kellan, war ... wie ein Bruder für mich. Er und Cadan sahen sich verdammt ähnlich, außer dass Kellans Augen einen leichten Grünstich hatten und nach einem Kampf konnte man ihn zudem noch mit einer Narbe von seinem Bruder unterscheiden. Aber innerlich. Innerlich, Roux, waren die beiden wie Feuer und Wasser. Kellan war das Feuer. Temperamentvoll und zerstörerisch aber für seine Lieben strahlte er eine Wärme aus, wie kaum ein anderer. Cadan war sein Wasser. Er kühlte seinen Bruder nach einem Ausbruch immer ab. Kellan wiederum sorgte dafür dass in Cadan mehr Temperament wuchs. Ich vermisse ihn...", gestand er dann leise und sah mich mit wässrigen Augen wieder an.

"Und Kellans Tochter?", fragte ich und warf noch mal einen Blick auf die Tür hinter der Lily verschwunden war. Wes folgte meinem Blick. Dann schüttelte er den Kopf. "Sie ist nicht seine leibliche Tochter. Kel fand sie im Wald. Wir vermuten sie war das Kind eines Ausgestoßenen. Wahrscheinlich ein Rouge. Ein Omega hat noch zuviel Verstand dafür aber ein Rouge. Ein Rouge hat seine Menschlichkeit verloren. Im Gegensatz zu einem Omega. Rouges scheuen also auch nicht davor zurück Ballast in Form eines Kindes einfach zurückzulassen. Kel hätte damals beinahe das gesamte Waldgebiet vernichtet so wütend war er. Cadan konnte ihn gerade so beruhigen sonst hätte er wohl jeden Einzelgänger im Umkreis von 100km zerfetzt.", ein Lächeln umspielte die Lippen des Betas.

Ich grinste "Er scheint ein toller Kerl gewesen zu sein.", meinte ich woraufhin Wes zustimmend nickte. "Das war er. Wenn auch anstrengend", grinste er. "Komm, lass uns ins Haus gehen und etwas Essen", lachte er und lief einfach an mir vorbei als sei nichts gewesen.

Irritiert folgte ich ihm zurück ins Haus. Dieser Kerl macht mich noch irre.


Seit Stunden saß ich mit Wes nun auf dem Balkon des großen Hauses. Mittlerweile war es dunkel geworden.
Wes neben mir starrte mit düsterer Miene in den Sternenhimmel. "Vermisst du Val?", fragte ich und drehte meinem Kopf zu dem brünetten Wolf. Dieser seufzte tief. "Und wie. Es ist als würde mir mein Herz fehlen. Aber es hilft zu wissen, dass sie in Sicherheit ist.", erklärte er.

Gelassen sah ich ebenfalls wieder in den Himmel, bevor ich zögernd meine nächste Frage stellte: "Wirst du mir irgendwann eure Geschichte erzählen?". Wieder seufzte er und ich spürte wie sich sein Blick in mich brannte.

"Eines Tages. Wenn ich das Gefühl habe die Erinnerungen tragen zu können. Nur nicht jetzt. Nicht heute. Nicht wenn Cadan da draußen ist und eventuell in Gefahr ist.", meinte er und ich hörte wie er sich erhob. "Ich gehe schlafen und das solltest du auch. Morgen wird ein langer Tag.", empfahl er mir noch, bevor er im Inneren des Hauses verschwand.

Eine Weile beobachtete ich noch die Sterne, bevor ich mich ebenfalls erhob und langsam in mein Zimmer trottete. Die Erschöpfung hatte sich in meine Knochen gefressen und ließ sie schwer werden. Leise betrat ich mein Zimmer und schlurfte zum Bett, als mir ein bekannter Geruch in die Nase stieg.

Ängstlich schnupperte ich in die Luft. Es roch eindeutig nach Eisen, darunter eine Note von Nadelbäumen und einem Laubwald nach dem Regen. Die Eisennote war schwach aber klar identifizierbar. "Blut", flüsterte ich entsetzt und sah mich hektisch um, konnte aber nichts blutiges ausmachen oder etwas woher der Geruch stammen könnte.

Mit rasendem Herzen folgte ich dem Geruch bis in mein Badezimmer.

Dort blieb ich geschockt stehen. Das was auf meinem Spiegel geschrieben stand, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.





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