Tief geduckt setzte ich eine Pfote vor die anderen und schlängelte mich leicht zwischen den Büschen hindurch.
Vor über zwei Stunden hatte ich endlich eine Spur gefunden und dieser folgte ich nun seit geraumer Zeit. Es ging stetig bergauf und langsam hatte ich die Hoffnung fast aufgegeben, da der Himmel sich auch merklich zuzog. Wenn es anfing zu regnen, wäre die Spur zunichtegemacht.
Auf einmal trat ich zwischen den Bäumen hervor. Ich stand ganz oben auf einem der Berge die meine Heimat einrahmten und blickte auf die endlosen Felder, Wälder und Seen. Es war wunderschön.
Der Wind war kühl, warnte vor dem nahenden Winter und verfing sich spielerisch in meinem dichten Fell. Langsam setzte ich mich hin und genoss die Einsamkeit hier oben. Selbst wenn ich diesen mysteriösen Bruder nicht fand, so hatte sich die Suche doch gelohnt.
Plötzlich spürte ich wie etwas Warmes neben mich trat. Weiches Fell streifte meines und der ruhige Herzschlag eines Wesens erklang in meinen Ohren.
Meiner hingegen begann sich zu beschleunigen und zu flattern wie ein Vogel im Käfig. Mein Fell fühlte sich als als wäre es elektrisch aufgeladen und mein Nackenfell sträubte sich.
Irritiert von der Reaktion meines Körpers legte ich unsicher die Ohren an, bevor ich meinen Kopf vorsichtig drehte. Das was ich dann sah verschlug mir den Atem.
Neben mir saß, der größte Wolf den ich je gesehen hatte, von einem solch tiefen Schwarz, das man glauben könnte, es würde das Licht verschlucken.
Aufmerksam sah er mit gespitzten Ohren ins Tal und schenkte mir nicht die kleinste Reaktion.Doch das Zucken seiner Lefzen verriet ihn letztendlich und dann wandte auch er seinen riesigen Schädel mir zu. Der intensive Blick aus seinen eisblauen Augen traf mich unvorbereitet und ich zuckte mit einem leisen Schnauben zurück. Doch auch er war sichtlich ins Wanken geraten und starrte mich nun mit schreckgeweiteten Augen an. Dann begann er auf einmal manisch seinen Kopf zu schütteln und dabei unwillig zu knurren.
Ich wollte mit ihm sprechen. Nein. Ich musste mit ihm sprechen. Irgendetwas in mir verzehrte sich danach seine Stimme zu hören und aus irgendeinem Grund war ich mir sicher, das seine Stimme unglaublich tief und rau, wie die eines Sängers der zu oft und zu laut gesungen hatte.
Aus diesem Impuls heraus, verwandelte ich mich zurück in meine menschliche Form. Selbst in dieser Form ging der Wolf mir beinahe bis zur Brust.
Auffordernd sah ich den dunklen Wolf an, dessen Verwirrung mit jeder Minute zu wachsen schien. Doch dann brummte er leise und begann sich dann selbst auch zu verwandeln.
Der Mann der dann vor mir stand war so unglaublich wie sein Wolfskörper. Auf den ersten Blick schien er Kellan wie aus dem Gesicht geschnitten zu sein aber auf dem zweiten Blick, waren seine Augen um einiges blauer und sein dunkles Haar lockte sich leicht an den Spitzen, generell wirkte es wesentlich länger und zerzauster als das des Wolfes aus dem Café. Seine Wangenknochen waren ein Stück höher und seine Kiefernknochen einen Hauch markanter, was man trotz des Bartschattens deutlich erkennen konnte.
Plötzlich räusperte er sich und sah mich schief an, was mich abrupt aus meine Gedanken riss. Hastig schüttelte ich den Kopf und ließ mir meine langen silbernen Haare vor das Gesicht fallen um die aufsteigende Röte zu verbergen.
Doch mein Gegenüber schien noch immer auf etwas zu warten, weswegen ich tief einatmete und wieder hoch sah um seinem intensiven Blick zu begegnen.
"Also, eigentlich kann ich mir die Frage sparen aber ... bist du der Bruder dieses ... Anwalts? So ein großer, dunkelhaariger mit grünblauen Augen, trug einen Anzug und faselte während er mir meinen ruinierten Kaffee ersetzte etwas davon, dass er seinen Bruder suchen würde, der seit 17 Jahren verschollen ist, nachdem dem Tod einer ... ja wem eigentlich, das hat er mir nicht verraten. Naja, auf jeden Fall dachte ich mir ich unterstütze ihn ein bisschen bei seiner Suche und wie es aussieht hatte ich nicht nur Erfolg bei der Aussicht", rasselte ich mit einem Atemzug herunter, was den Werwolf belustigt mit den Mundwinkel zucken ließ.
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Pain of Wolves
WerewolfDie 17-jährige Roux ist ein Mensch oder zumindest war sie das, bis ihr Freund ihr dies nahm. Wütend verließ sie ihn, zog nach London und baute sich dort ein Leben auf. Nun acht Jahre später ist sie zurück und wird wieder mit ihrer verheerenden Verga...