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Nervös trommelte ich mit den Fingern stetig auf mein Knie und starrte aus dem kleinen Fenster. Wes neben mir schlief unruhig und das schon seit acht Stunden. Mich wunderte es ehrlich gesagt, dass er noch nicht aufgewacht war.

"Verehrte Gäste, wir befinden uns nun im Landeanflug und bitten Sie sich nun wieder anzuschnallen.", ertönte die kratzige Stimme der Stewardess aus den alten Lautsprechern. Je näher ich meiner Heimat kam, desto angespannter wurde ich. Schließlich musste ich für die nächsten Wochen ein großes Wolfsrudel anführen und meinen Exfreund finden. Frustriert zischte ich und lehnte meinen Kopf gegen die eiskalte Scheibe.

"Alles okay?", ertönte die raue, verschlafene Stimme meines besten Freundes, dem es nach der Ruhe sichtlich besser ging. Seufzend drehte ich ihm meinen Kopf zu und musterte ihn.

Nach der Dusche hatte er auch wieder wie ein Mensch ausgesehen, oder Werwolf, wie man es nimmt. Mittlerweile hing ihm sein braunes Haar schon wieder wirr ins Gesicht.

Genervt schüttelte ich den Kopf, wandte meinen Kopf wieder dem Fenster zu und krallte meine Fingernägel in die Haut meines Oberschenkels. Mit zusammengebissenen Zähnen beobachtete ich wie der Boden langsam näher kam und wir die Wolkendecke immer weiter hinter uns ließen.

Eine Hand legte sich plötzlich auf meinen Rücken und strich mir beruhigend darüber. "Du schaffst das, Ro. Es liegt dir sozusagen im Blut.", meinte er daraufhin aufmunternd, woraufhin ich ihm nur einen skeptischen Blick zuwarf.

Stille legte sich über uns und wir beide hingen bis zur Landung unseren Gedanken nach.

Eine weitere Stunde später standen wir schließlich draußen in der warmen Morgensonne Wyomings. Skeptisch musterte ich die Straße, bevor ich Wes einen fragenden Blick zuwarf.

Zögernd erwiederte er meinen Blick. Dann kratzte er sich schüchtern am Hinterkopf und wandte seinen Kopf ab. "Als eh... da gibt es so eine Sache. Wir müssen laufen", meinte er dann und grinste entschuldigend.

Frustriert stöhnte ich auf und warf genervt meinen Kopf in den Nacken, danach machte ich mich auf den Weg Richtung Straße.

"Ehm...", ertönte es hinter mir, sodass herum wirbelte und Wes schon beinahe wütend musterte. "WAS?!", knurrte ich. Erschrocken wich mein bester Freund ein Stück zurück.

"Also... Ich dachte eher an das laufen", grinste er dann und zeigte schräg hinter sich auf den Wald. Düster musterte ich die Bäume, bevor ich Wes einen rachsüchtigen Blick zuwarf.

"Und unsere Taschen?", seufzte ich dann ergeben und verdrehte nur leicht die Augen. Erleichterung breitete sich auf den Zügen des Brünetten aus. "Das ist kein Problem, ich helfe dir, wenn du dich verwandelt hast", meinte er dann aufmunternd und zwinkerte mir fröhlich zu, bevor er auch schon zwischen den Bäumen verschwand.

Tief einatmend folgte ich ihm.

Als ich in den Wald trat, umfing mich sofort der beruhigende Geruch nach Moos, Harz, Laub und verschiedenen Kräutern und Blumen. Genießerisch schloss ich die Augen und inhalierte den angenehmen Geruch.

"Dafür dass du dein Wesen so verabscheust, scheinst du deinen natürlichen Lebensraum, ja umso mehr zu lieben", stellte Wes belustigt fest und riss mich damit aus meinen Gedanken.

Schmunzelnd öffnete ich ein Auge und betrachtete den Jungen der vor mir stand. Hier im Wald, wirkte er wieder wie er selbst. Stolz, Stark und lebensfroh. Als würden ihm all die Probleme des Lebens nichts anhaben können. In der Stadt hatte er unglaublich verloren gewirkt. Weit entfernt von dem Wes den ich kannte.

"Ich verabscheue mein Wesen nicht. Ich kann es nur nicht kontrollieren und das macht mir Angst", erklärte ich und öffnete schließlich ganz die Augen, nachdem ich noch einmal tief eingeatmet hatte.

Pain of Wolves Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt