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Nachdenklich betrachtete ich die Sterne über mir, während ich vor dem Haupthaus im Gras lag und meinen Gedanken freien Lauf ließ.
Vor wenigen Stunden standen wir in einem großen Raum und haben darüber geredet wie wir Cadan retten können.
Und wo wir seinen Bruder, Kellan, finden würden.

Seufzend strich ich mir eine Strähne meiner Haare aus dem Gesicht. Die letzten zwei Tage waren eine emotionale Folter für mich gewesen und ich wusste, es wurde Zeit voranzukommen.
Denn momentan taten wir nicht mehr als auf der Stelle zu treten, was mir das Gefühl verlieh unfähig zu sein.
Und Lydia glaubt das langsam auch, hatte ich das Gefühl.

Nervlich vollkommen am Ende fuhr ich mir müde über das Gesicht und versuchte die aufsteigende Verzweiflung zu unterdrücken. Vor weniger als drei Tagen, dachte ich noch ich würde Cadan nie wieder sehen und mein Dasein als Werwolf weitestgehend verleugnen.

Aber nun war ich hier, eine Alpha, wenn auch nur vorübergehend, auf der Suche nach meinem Gefährten, der eventuell sogar mein Seelenverwandter war, was in der Welt wie wir sie kennen absolut selten ist.

Hätte man mir das vor einer Woche gesagt, hätte ich ihn für verrückt erklärt.

Mit einem tiefen Seufzen erhob ich mich und lief zielstrebig auf den Waldrand zu. Ich musste die Gedanken aus meinen Kopf bekommen und da bot sich das jagen an. Es war seltsam sich so oft zu verwandeln aber irgendwie brachte es etwas befreiendes mit sich. Als hätte ich endlich etwas akzeptiert, dass das zu mir gehörte wie mein eigenes Herz.

Genüsslich ließ ich die Verwandlung zu und verwandelte mich in den großen, silbernen Wolf der tagein, tagaus in meinem Inneren schlummerte und darauf wartete heraus zu kommen und frei zu sein.

Lautlos bewegte ich mich über den weichen Waldboden. Spürte wie die Tannennadeln und das Moos meine Schritte abfederten und mich vollkommen geräuschlos durch den Wald streifen ließ. Ich hörte, das leise Zirpen der Grillen, das Knistern meines Fells wenn es an Bäumen und Büschen entlangstreifte. Sogar die Herzschläge einzelner Lebewesen erreichte mein Ohr.

Nach und nach entspannten sich meine Muskeln und mein Verstand konzentrierte sich auf die Geräusche um mich herum. Leise schlich ich um eine kleine Lichtung herum auf der, dem Geruch nach zu urteilen, eine Herde Rehe lag.

Neugierig linste ich zwischen zwei Büschen auf die kleine Waldwiese. Die Herde war vergleichsweise klein und eines der Rehe sah deutlich älter aus. Gerade stand es wackelig auf und humpelte zu dem Bach der am Waldrand über die Lichtung floss. Es wäre ein leichtes es von seiner Herde zu trennen. Es reichte wenn ich die anderen zum rennen brachte. Damit wäre das ältere Tier mir schutzlos ausgeliefert, da es schlecht mit den anderen mithalten und stark zurückfallen würde.

Ich schnaubte leise und begab mich in Habachtstellung. Ein leises aber deutliches Knurren entfloh meiner Kehle und sofort schossen etliche, braune Köpfe nach oben. Der Hirsch sah sich misstrauisch um, während er die anderen mit seinem Geweih zum aufstehen animierte und sie vorsichtig vor sich hertrieb. Jetzt hieß es nur noch folgen. Lange konnte das alte Tier nicht mithalten.

Leise folgte ich der Herde in den Wald. Trieb sie vor mir her und gab ihnen das Gefühl es sei ein ganzes Wolfsrudel hinter ihnen her, indem ich mehrmals meinen Platz wechselte. Mal von hinten trieb, mal ertönte ein Knurren von der einen Seite, ein anderes mal ließ ich es von der anderen Seite rascheln. Die Tiere gerieten zunehmend in Panik und wurden immer schneller, wobei das Tier auf das ich mein Auge geworfen hatte, sichtlich, immer mehr Schwierigkeiten hatte, mit ihrer Herde mitzuhalten. Und der Hirsch bekam kaum mit, dass jemand verloren ging. Für ihn zählte die große Gruppe und kein einzelnes Tier. Ich schnaubte, sein Fehler und das Pech meines Opfers. Aber mein Glück.

Pain of Wolves Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt