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Sein Lächeln erlosch und die Augen die vorher glänzten wie eine Perle verdunkelten sich und wirkten nun eher wie ein grauer Himmel mitten ein einem Sturm. Um seine Lippen erschien ein harter Zug und er spannte sich sichtlich an.

Doch mein Bruder schien davon nicht groß etwas mitzubekommen, denn er ließ grinsend das Fenster auf meiner Seite runter. "Ian, alter Kumpel, na komm, schwing deinen Arsch auf die Rückbank, meine Schwester kennst du ja schon.", lachte er und entsicherte mit einem Klicken die Hintertüren. Kaum einen Atemzug später riss Ian diese auf und ließ sich hinten auf die Sitze fallen. Kaum saß er zog er sein Handy raus und tippte mit gerunzelter Stirn darauf herum, bevor er den Kopf hob, meinen Blick bemerkte und mich herausfordernd ansah.

Schlecht gelaunt erwiderte ich seinen finsteren Blick. Dan warf uns kurz einen verwirrten Blick zu bevor er sich mit einem verkrampften Lächeln wieder der Straße widmete. "Du bist so still, Schwesterchen, ist alles Okay?", meinte er dann ernst und ich sah wie sein Gesicht einen besorgten Zug bekam. Ich warf Ian noch einen Blick zu, der besagte das er nicht gewonnen hatte, was er lediglich mit einem dunklen, ironischen Lächeln erwiderte und setzte mich wieder gerade hin. Langsam ließ ich meine Augen zu den hohen Bergen am Horizont wandern und betrachtete die dichten, dunklen Wälder davor und auf den Hängen. "Es ist seltsam wieder hier zu sein.", antwortete ich dann ehrlich.

Hinter mir ertönte ein herablassendes Schnauben, was mich dazu brachte mich ruckartig nach hinten umzudrehen und mit einem giftigen Blick zu der Quelle des Geräuschs, versuchte ich meine Wut im Zaum zu halten. Ian öffnete den Mund und seine Stimme glich einem Grollen: "Du bist gegangen, Prinzessin, du hast viele allein gelassen und nun sagst du es sei komisch wieder hier zu sein? Ich bitte dich, wenn dein Bruder nicht wäre, würdest du den ersten Flieger nach Hause nehmen.". Seine harten Worte rammten sich wie Messer in meine Brust und ich zuckte zurück. Aber er hatte Recht, von manchen hatte ich mich nicht einmal verabschiedet, Ian mit eingeschlossen.

Ich seufzte und senkte demütig den Kopf, dann wandte ich mich ab. Ich musste das klar stellen bevor ich am Dienstag zurück nach London fliegen würde.
Das bedeutete für mich, dass dies eine lange Nacht werden würde...

Gefühlte Stunden des angespannten Schweigens später, kamen wir endlich auf der kleinen Ranch meiner Familie an. Hastig riss ich die Tür auf und sprang nach draußen. Genüsslich ließ ich meine Knochen knacken und streckte mich. Kostete jeden einzelnen Zentimeter meiner 1.78m aus. Tief atmete ich klare, saubere Luft ein. Es roch nach der Sonne, deren Zeit sich langsam dem Ende neigte und die schon den Himmel in ein orangenes Flammenmeer verwandelte, es roch nach dem getrockneten Gras und es roch nach den dichten Nadelbäumen am Rande der Ranch. Sogar der Geruch der Pferde auf den Paddocks umwehte meine Nase.

Während der Frieden meiner Heimat von meinem Körper Besitz ergriff, hatte mein Bruder mein Gepäck reingeschleppt und meinen Eltern Bescheid gesagt, die mich nun vom Eingang des Hauses aus beobachteten. Selig lächelnd senkte ich den Kopf und lief träge auf das Haus zu. Ich war nicht weit gekommen, als meine Mom mir schon entgegen kam und mich in ihre Arme zog. "Ach Gott, Mädchen, ich hab dich so vermisst", hauchte sie und drückte mich noch fester an sich. Keuchend versuchte ich gespielt nach Luft zu schnappen. "Hilfe, Mom, Luft", hechelte ich und sofort ließ sie mich los. Stolz strahlte in ihren Augen als sie mich betrachtete. "So groß geworden... aber so dünn! Komm erstmal rein, es gibt Braten", winkte meine Mom, während mein Dad das alles lächelnd beobachtete. Als ich an ihm vorbeiging, klopfte er mir auf die Schulter. "Es ist schön, dass du endlich wieder da bist", flüsterte er mir ins Ohr und führte mich ins Haus.

Das war wahrscheinlich das beste und lebhafteste Abendessen das ich seit langem hatte. Mein Neffe hüpfte von einem Schoß zum anderen und mein Bruder hatte alle Hände voll damit zu tun seinen Sohn einzufangen. Meine Gran beobachtete mich während des gesamten Essens mit Adleraugen und kaum war mein Teller leer, füllte sie mir nach. Auch lernte ich die Verlobte meines Bruders kennen, Valerie. Eine wunderschöne, langbeinige Brünette mit einem sonnigen Charakter. Mit ihr lachte ich den ganzen Abend über Dan , wie ihm sein Sohn ständig entwischte.
Nur Ian verdunkelte das Essen ein bisschen, da er mir immer wieder kalte Blicke zuwarf.

Pain of Wolves Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt