34 - Cadan

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Der Moment als ich sah wie das Leben ihren Körper verließ, war der Moment indem ich spürte wie meine Seele zerbrach. Es war als würde ein Teil von mir mit ihr sterben.

Tränen rannen mir in Strömen über das Gesicht. Während ich ihren leblosen Körper verzweifelt umklammert hielt. Hoffend, dass sie im nächsten Moment ihre grünen Augen aufschlug und mich anlächelt, als wäre ich die Sonne um die sich ihre Welt dreht.

Schwer legte sich eine Hand auf meine Schulter. "Ich habe sie geliebt, Bruderherz. Aber ich wusste sie gehört dir. Und ich glaube auch, dass sie dich immer lieben wird. Selbst jetzt.", brummte mein Bruder leise und strich tröstend über meine breite Schulter.

Zitternd hob ich den Kopf und blickte in die traurigen Augen meines Zwillings.

Wut auf mich selbst, breitete sich in meinem Körper aus.

Leicht nickte ich. "Vielleicht magst du Recht haben, aber dass sollte sie nicht. Verdammt, ich bin schuld. Ich bin schuld am Tod meiner eigenen Gefährtin.", winselte ich leise und zog ihren schlaffen Körper noch enger an meinen.

Mit einem tiefen Seufzen ließ sich mein Zwillingsbruder neben mir nieder und blickte mir offen in die Augen.
Da war etwas in seinen Augen was mich erschauern ließ. Es war als würde ich in ein unendliches, eiskaltes Nichts schauen.  Nicht ein Funken seines feurigen Charakters brannte noch in seinen grünblauen Augen.

Wissend erwiderte er meinen Blick, gewährte mir ein Blick in sein Innerestes. Doch dort war nichts mehr. Und dass war etwas was mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagte.

Stundenlang saßen wir gemeinsam da, während ich den toten Körper meiner großen Liebe in den Armen hielt.

Ja, ich hatte Fehler gemacht aber der größte war wohl der, der dafür gesorgt hatte, dass ich ihr Leben auf dem Gewissen hatte.

"Dad?", winselte eine junge Stimme und ich drehte leicht den Kopf. Kühl betrachtete ich das blonde Haar und die stechend blauen Augen meines Sohnes. Angeekelt verzog ich das Gesicht als ich in seinen Zügen seine Mutter wiedererkannte. Er war nichts weiter als ein weiterer meiner Fehler. Ein Fehler der mich beinahe Roux gekostet hätte.

Ich hatte es in ihren wunderschönen grünen Augen gesehen als sie Kyle das erste Mal gesehen hatte. Das blanke Entsetzen, dass nur langsam von Wut verdrängt wurde und danach diese abgrundtiefe Abneigung. Die Enttäuschung die ihre Augen verdunkelt hat. Es war ein Messer nach dem anderen welches man mir in mein Herz gerammt hatte.

Stumm drehte ich wieder den Kopf nach unten und strich ihr sanft dass silberne Haar zurück, welches schon immer ihr besonders Markenzeichen gewesen war.

Schritte ertönten leise hinter mir und eine weitere Hand legte sich schwer auf meine Schulter. Schwach drehte ich den Kopf und blickte in die violetten Augen meines besten Freundes. Auch in ihnen war die unbändige Trauer zu erkennen, doch er riss sich zusammen. Für mich. Trotz alledem was ich getan hatte.

"Es ist an der Zeit, Cadan. Wir müssen die Gefallenen begraben.", brummte er leise und sein Blick zuckte für eine Millisekunde zu der leblosen Schöhnheit in meinem Armen. Doch dann erreichte seine Aussage mein benebeltes Gehirn und ich riss den Kopf herum.

"Gefallenen? An wessen Tod... Wer ist noch wegen mir Tod?", fragte ich heiser und versuchte schwer den Kloß in meinem Hals herunterzuschlucken der sich dort gebildet hatte.

Die lavendelfarbenen Augen von Wes verdunkelten sich rasant und er blickte mich grimmig an.

"Einige Cadan. Es sind einige. Darunter auch Ian und Lydia. Wir haben wertvolle und starke Leute verloren aber dafür haben wir unseren Alpha zurück. Du wirst uns wieder stark machen. Und wir werden die Toten stolz machen.", antwortete er dann, bemüht stark und sein Griff um meine Schulter verfestigte sich.

Doch alles an das ich denken konnte war, dass einer meiner besten Freunde und meine große Liebe gestorben waren.
Lydia war zwar eine starke Kriegerin und eine treue Wölfin aber ich hatte ihr nie sonderlich nah gestanden. Unsere Zusammenarbeit ging nie weiter als über das Wohl des Rudels. Aber Ian war in den acht Jahren nach Roux verschwinden ein guter Freund geworden. Nach Wes wohl mein bester. Und ihn und sie jetzt verloren zu haben... zerstörte mich.

Etwas brach in mir und ich sackte schwach in mich zusammen.

Doch dann ließ ein dunkles Knurren, ausgelöst durch meinen Kampfgeist, meinen Körper vibrieren. Langsam richtete ich mich auf, zusammen mit Roux in meinem Armen.

Angestrengt versuchte ich rational zu denken. "Wes bereite die Zeremonie vor und sag den Familien Bescheid.", befahl ich und der Brünette senkte sofort den Kopf und machte sich auf den Weg um seinen Befehlen folge zu leisten. Langsam drehte ich mich zu meinem Zwilling um und blickte ihm in die grünblauen Augen die meinem Blick wachsam erwiderten. 

Auch wenn er mir ohne eine Regung seinerseits entgegenblickte, so sah ich doch wie er schwer schluckte. Ich war mir sicher er glaubte, dass ich ihm weg schicken würde. Düster musterte ich ihn.

Doch ich hatte eine andere Aufgabe für ihn. Langsam streckte ich die Arme aus, in denen noch immer der Körper von Roux lag. Reflexartig streckte Kel die Arme aus, bereit sie aufzufangen.

Sanft legte ich sie in seine Arme. "Du kümmerst dich um sie. Sorge dafür dass ihre Zeremonie wird, als wäre sie ihrer Seele entsprungen. Ich möchte, sofort Wissen, dass es ihre Zeremonie ist wenn ich sie sehe", befahl ich meinem Bruder leise und strich noch einmal sanft über die kalten Lippen der Frau die vor langer Zeit mein Herz gestohlen hatte.

Seufzend senkte ich den Kopf und strich mir durch das dunkle Haar. Mein Innerestes fühlte sich seltsam leer an, ein unangenehmes Gefühl. Leise brummte ich als ich mich umdrehte um meinen eigenen Aufgaben nach zu gehen.

Doch die Stimme meines Bruders hielt mich auf. "Du schaffst das Brüderchen. Du bist der Alpha und sie stehen hinter dir. Egal was war oder was sein wird", meinte er leise und ich drehte leicht meinen Kopf.

Tief atmete ich ein, dann nickte ich ihm knapp zu und machte mich auf den Weg.

Kellan mag Recht haben. Ich bin ein Alpha und egal was ich tue, mein Rudel würde hinter mir stehen. So waren wir Wölfe nun mal. Aber ich war ein Monster. Und ich hatte panische Angst. Angst vor mir selbst.

Ich selbst war wohl die größte Hürde die ich zu überwinden hatte.

Seufzend straffte ich die Schulter und trat den Weg an, der mich hoffentlich in die richtige Richtung führen würde.

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