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Stumm beobachtete ich den Schmetterling, der seit Stunden seelenruhig von Blume zu Blume glitt. Und das ohne auch nur den Hauch einer Ahnung zu haben wie schön er war.
Die blauen Flügel glitzerten leicht in der Sonne und ich erinnerte mich an die Zeit, in welcher ich nicht einmal wusste, wie intensiv die Farben eines Schmetterlingflügels wirklich waren. Das sie glitzerten und glänzten. Wie viele verschiedne Schattierungen einer Farbe in einem so kleinem Körperteil vorkommen konnten.
Mein Wolf ließ mich sogar das zarte Schlagen der Flügel hören.
Es war friedlich.

Frieden. Weiter davon entfernt als jetzt konnten wir nicht sein. Kyle wollte den Wolfsgott selbst töten. Und ich war mir sicher, das er damit uns alle vernichten würde. Damals im Seelenreich, spürte ich wie mächtig Fenrir war und irgendetwas tief in mir drin, sagte mir das nur Fenrir selbst entscheiden konnte wer sein Nachkomme wird.

Cadan war zwar stark, aber noch immer geschwächt und warum wollte er uns nicht sagen. Er wollte uns nicht sagen, was sein eigener Sohn ihm angetan hatte, doch jedes Mal wenn wir über ihn Sprachen leuchtete dieser unfassbare Schmerz in seinen Augen auf.

Auch erinnerte ich mich an die Zeit, in der, der kleine blondhaarige Junge noch so unschuldig war. Ich erinnere mich wie ich ihn das erste Mal gesehen hatte und wie seine Strahlend blauen Augen mich schüchtern gemustert hatten.

Ich seufzte leise und strich mir eine silberne Strähne hinter das Ohr. Die Hilflosigkeit fraß sich mit jedem Tag tiefer in meinen Körper.

Ich richtete meinen Blick in den Himmel, musterte die weißen Wolken die langsam über den Himmel glitten.

"Warum ich? Ich bin doch auch nur ein normaler Wolf. Nicht einmal eine geborene. Ich bin nur eine gewandelte. Ein ehemaliger Mensch. Wie kann jemand wie ich, alle retten?", flüsterte ich brüchig und ein Zittern durchlief meinen Körper.

"Das ist nicht leicht, Liebes, aber machbar. Ha, vor allem mit unserer Hilfe", ertönte eine Stimme plötzlich und riss mich aus meinen Gedanken. Blitzschnell riss ich den Kopf herum und starrte die Gestalt verwirrt an die gegen einem Baum lehnte.

Der Junge entblößte eine Reihe makelloser Zähne als er lächelte und sich elegant vom Baum abstieß. Lässig fuhr er sich durch sein leuchtendes, goldenes Haar. Und ich meine wirklich leuchtend. Es war als hätte er Licht in jede einzelne Strähne eingebaut.

Seine Augen glühten in einem hellen Gelb und nur schwach konnte ich die kleinen orangenen Flecken darin ausmachen.

Langsam kam er näher und hielt mir seine braungebrannte Hand hin. "Darf ich mich vorstellen, Sonnenschein?", zwinkerte er bevor er nachdenklich inne hielt. "Gut, zugebenermaßen ist das vorstellen etwas schwer. Man, ich hab echt zuviele Namen. Ich denke du kannst mich Sol nennen", lachte er und neigte sichtlich belustigt den Kopf.

"Bruder, du jagst ihr Angst ein.", ertönte eine weitere, sanfte Stimme und ich drehte irritiert den Kopf. Eine wunderschöne Frau, trat auf die Lichtung und sah ihren Bruder tadelnd an.

Dann richtete sie ihre Augen auf mich und lächelte liebevoll. "Hallo, Schwester", flötete sie und trat rasch näher. Und das ohne auch nur einen Moment unelegant zu wirken.

Ihr silbernes Haar floss wie ein Wasserfall an ihrem Rücken hinab und ihre hellgrauen Augen wirkten unglaublich sanft.

Mit großen Augen musterte ich das grundverschiedene Geschwisterpaar.

Doch dann blinzelte ich irritiert. Sie hatte mich 'Schwester' genannt, warum?

"Nun, ich bin Luna, kleiner Mond. Und du bist sehr wohl etwas besonderes.", nun traf mich ihr tadelnder Blick und ich zog schüchtern die Schultern hoch.

Sol und Luna. Erschrocken weiteten sich meine Augen. Wie dumm von mir erst jetzt richtig zu realisieren wer da vor mir stand.

Sol's Lächeln verblasste und er zog verwirrt die Brauen zusammen. "Spricht sie nicht?", fragte er und warf seiner Schwester einen fragenden Blick zu.

Diese verdrehte lediglich die Augen und ging mit einer fließenden Bewegung auf die Knie. "Du hast sie eingeschüchtert, Bruderherz. Natürlich spricht sie dann nicht, du Hornochse", schnaubte sie und blickte mir nun auf Augenhöhe ins Gesicht.

Sanft nahm sie meine Hände in ihre. Wärme durchströmte mich und ich entspannte mich etwas. "Liebes, du musst mir jetzt ganz genau zu hören, okay?", meinte sie eindringlich und ließ mich nicht einen Augenblick aus den Augen.

Zögernd nickte ich und mein Blick huschte zu Sol, der nachdenklich in die Ferne starrte.

"Unser Vater, Fenrir, bezeichnet zwar alle Werwölfe als seine Kinder aber manche sind seine direkten Nachfahren. Du bist zwar eine gewandelte aber der Wolf der sich mit dir verbunden hat, ist unsere Schwester. Unsere direkte Schwester. Und hätte Cadan dich nicht aus versehen gewandelt, hätten wir eine andere Möglichkeit gefunden. Du warst von Anfang an die Auserwählte um der Seele unserer Schwester einen Körper zu geben. Sie ist du und du bist sie und das schon seit deiner Geburt. Aber erst durch das Wolfsgift konnte sie dir auch ihre Gestalt schenken. Du bist unsere Schwester. Du trägst ihre Seele in dir. Und jetzt ist die Zeit gekommen aufzuwachen. Du musst dir deines Platzes bewusst werden, Schwester. Nur so kannst du unseren Vater befreien.", meinte Luna und ihr Blick brannte sich förmlich in mein Gehirn.

"Aber was bin ich dann?", stotterte ich und mein Blick huschte rasch zwischen den beiden Götterkindern hin und her.

Sol sah mich an und lächelte. "Du bist eine Halbgöttin, wenn du es so willst. Dazu auserwählt, den Platz unseres Vaters einzunehmen, wenn du dein sterbliches Leben beendet hast. Er lebt seit aber tausenden von Jahren und will nicht mehr herrschen. Wir haben unsere Aufgabe schon. Es wäre unmöglich für einen von uns, nun auch seine zu übernehmen. Also kamst du. Du bist unsere kleine Schwester und wir haben dich seit deiner Geburt beschützt so gut wie konnten aber nun ist es an der Zeit, dich selbst zu beschützen.", meinte er düster und sein Blick verzog sich schmerzerfüllt. Es war deutlich sichtbar das ihm das missfiel.

Luna warf ihrem Bruder einen warnenden Blick zu, bevor sie sich wieder mir zu wandte. Als sie die Angst in meinem Blick bemerkte, lächelte sie.

"Hab keine Angst. Niemand wird dich aus deinem sterblichen Leben reißen, bis du an dessen Ende angekommen bist. Aber sobald dein Sterblicher Körper ... nun ja ... stirbt, musst du deinen rechtmäßigen Platz einnehmen. An unserer Seite. Als Göttin der Wölfe.", mein Herz raste bei ihren Worten. Normalerweise würde ich das aufregend finden aber alles was jetzt gerade meinen Kopf beherrschte war Cadan und eine weitere Frage.

"Fenrir, meinte ich sei eine Ker. Wenn ich seine Tochter bin, wie kann ich dann eine Ker sein?", fragte ich und runzelte die Stirn. "Und wieso, hat er nie etwas in dieser Richtung gesagt?", sprudelte die nächste Frage aus meinem Mund.

"Nun...", begann Sol und kratzte sich leicht den Kopf. "Nun, du bist nicht unsere Vollblutschwester, wenn man es so will. Du bist unsere Halbschwester. Als Tochter Fenrirs hast du eine ... eine Gabe, sage ich mal, doch auch deine ... seelische Mutter hat dir etwas mitgegeben. Dein Ker Blut ist schwächer als bei anderen aber trotzdem existent, doch macht es dich, als Tochter eines Gottes und als Werwölfin, nur stärker, während es normale Menschen mit der Zeit auffrisst.", die Worte kamen ihm nur langsam von den Lippen. Er war sichtlich darauf bedacht, es so zu erklären, das ich es auch verstand.

Luna seufzte leise und stand auf. "Unsere Zeit ist abgelaufen, Schwester. Aber versprich mir... Du musst endlich aufwachen", hauchte sie und warf ihrem Bruder einen Blick zu.

Dieser lächelte schief. "Wir sehen uns wieder, Sonnenschein.", Trauer leuchtete in seinen hellen Augen auf, bevor er die Hand seiner Schwester ergriff und verschwand.

Dann wurde alles schwarz.

Pain of Wolves Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt