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Langsam öffnete ich meine Augen. Helles Licht blendete mich weswegen ich sie sofort wieder schloss. Was zur Hölle? Hatte ich gestern was getrunken?

Vorsichtig setzte ich mich auf und hielt mir den brummenden Schädel, der mit jeder Bewegung mehr zu pochen schien.

Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken und ich sah mich in dem noch recht kargen Zimmer um. Mein Bruder und ich waren gestern erst hergezogen, weswegen noch keinerlei Dekoration herum stand.

Mit halb geschlossenen Augen schielte ich zur hellen Zimmertür. "Ja?", brummte ich dann und wunderte mich kurz lüber meine unglaublich kratzige Stimme. Alles deutete auf einen Kater hin aber ich konnte mich nicht erinnern was getrunken zu haben.

Langsam wurde die weiße Holztür aufgeschoben und der helle Schopf meines Bruders schob sich durch den Spalt. "Na, auch mal wach?", murrte er rau und warf mir einen vernichtenden Blick zu.

Verwirrt hievte ich mich aus dem Bett, nur um festzustellen, dass ich nicht mehr trug als das Shirt meines Bruders.
Langsam trottete ich zur Tür und schob meinen ungeliebten Mitbewohner grob aus der Zimmertür, bevor ich selbst hinaus trat und mir dabei immer wieder über meine Schläfen massierte.

Neugierig warf ich meinem Bruder einen Blick zu, den er mit schiefgelgtem Kopf erwiderte. "Was ist gestern passiert?", knurrte ich und presste mürrisch die Augen zu. Das konnte doch nicht war sein, warum verschwanden diese Kopfschmerzen einfach nicht?

"Ich hab selbst keine Ahnung mehr. Aber mein Kater ist nach zwei Stunden verschwunden. Feiern wir für einen Moment unsere übernatürlichen Gene.", gluckste er und klopfte mir sichtlich erheitert auf die Schulter.

Murrend rieb ich mir die Augen. "Müssen wir heute... Arbeiten?", fragte ich und blinzelte neugierig zu ihm hoch.
Die silbernen Augen meines Bruders glühten flammend auf, bevor er langsam den Kopf schüttelte. "Scheint als wolle heute niemand sterben", grinste er und drehte sich um.

"Ich mach uns was zu essen, willst du auch?", rief er noch, als er die Treppe runterlief. "Jaaaaaa", schrie ich noch zurück, bevor er lachend in unserer Küche verschwand.

Das Klingeln an der Haustür ließ mich innehalten. Auch wenn Alec es gehört hat so würde er nicht aufmachen. Ich kannte ihn.

Leise knurrend lief ich die Treppe hinunter und schielte neugierig durch das Schlüsselloch.

Vor unserer Tür stand eine Frau, ich schätzte sie auf Anfang siebzig, die lächelnd etwas in der Hand hielt, was schwer nach Kuchen aussah.

Ich liebte Kuchen. Erwartungsvoll biss ich mir auf die Unterlippe, bevor ich mit einem breiten Grinsen schwungvoll die Tür aufmachte.

"Hallo, ich bin...", doch als die Frau mich ansah, blieben ihr die Worte im Hals stecken und Tränen stiegen ihr in ihre Augen. Verwirrt legte ich den Kopf schief.

"Alles okay bei Ihnen, Madame?", fragte ich sanft, packte sie Ellbogen und bugsierte sie durch die Tür, welche ich hinter ihr sanft schloss.

Schniefend strich sich die alternde Dame ihre Tränen aus den Augen, bevor sie zögerlich nickte.

"Ja, Darling. Du erinnerst mich nur sehr an jemanden. Das ist alles. Ich bin Mrs. Dawn. Ich bewirte die Farm, zwei Kilometer weiter von hier. Als ich gehört habe, dass hier Leute eingezogen sind, wollte ich unbedingt mal vorbei schauen. Ich ... ich hab Kuchen mitgebracht.", lächelte sie.

Sofort bei ihren Worten streckte Alec seinen Kopf aus der Küche. "Kuchen?", grinste er breit und seine hellen Augen fixierten den in Alufolie gepackten Teller in Mrs. Dawns Händen.

Seufzend wedelte ich mit einer Hand in seine Richtung. "Das ist mein liebenswerter Bruder, er macht gerade Frühstück. Wollen sie uns nicht Gesellschaft leisten? Wir haben heute frei.", meinte ich freundlich, woraufhin die alte Dame wie wild begann zu nicken, als hinge ihr Leben davon ab.

Belustigt führte ich sie in unsere Küche, wo ich ihr bedeutete sich zu setzen.

"So Mrs. Dawn. Erzählen Sie. Wie sind die Leute hier So? müssen wir irgendwas wissen? Leben sie allein?", zwitscherte ich und lächelte breit, was Mrs. Dawn ebenfalls zum Lächeln brachte.

"Nun, meinen Namen kenne Sie ja jetzt. Ja ich wohne neben den Tieren allein. Mein Mann ist vor 10 Jahren gestorben, mein ältester Sohn ist zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn weiter in den Norden gezogen und meine Tochter...", sie geriet wieder ins Stocken und kämpfte sichtlich gegen die Tränen an.

"Verzeihung, junge Dame aber sie sehen meiner Tochter so ähnlich. Naja meine Tochter ist vor 17 Jahren in einem schweren Feuer ums Leben gekommen. Ich hatte lange die Hoffnung, dass nicht sie es ist aber ... dann wurde ihre DNA nachgewiesen.", wieder hielt sie inne und schluckte hart.

"Wenn sie nicht wollen müssen sie nicht darüber Reden", meinte ich sanft, wobei ich neugierig war auf Mrs. Dawns Familie und die Geschichte ihrer Tochter.

Doch die alte Dame schüttelte vehement den Kopf. "Ich möchte aber. Sie hat es nicht verdient verleugnet zu werden, nur weil ich den Schmerz nicht tragen kann", meinte sie und straffte mit einem tiefen Atemzug die Schultern.

"Ich glaube manchmal dass mein Mann nicht mit dem Schmerz leben konnte und deshalb sein Herz versagte. Auch mein Sohn hat sich sehr verändert nach ihrem Tod. Er war ein sonst so fröhlicher, junger Mann und danach stützte er sich in seine Arbeit. Ich glaube, er vernachlässigte seinen Sohn und seine Frau auch sehr, bis sie ein Machtwort sprach.

Ihr bester Freund hat mir damals die Nachricht überbracht. Wesley. Ein hübscher junger Mann, mit unglaublichen Augen. Aber Ich möchte nicht weiter über mich und meine Lieben reden. Was ist mit Ihnen?", fragte sie und in ihren Augen glitzerte unbändige Neugier.

Seufzend richtete ich meinen Blick auf Alec dessen Augen unruhig zwischen mir und Mrs. Dawn hin und her huschten.

"Nun, Mrs. Dawn. Leider haben wir bei einem schweren Autounfall vor drei Jahren unsere Eltern und unser Gedächtnis verloren ... es kam nie zurück. Wir erinnerten uns nur an unsere Namen und eben an unsere Eltern.", meinte ich dann zögernd. 

Sofort riss Mrs. Dawn die grünen Augen auf. "Ihr armen. Wie alt seit ihr denn?", meinte sie mitleidig und schielte zu Alec der sich frustriert durch sein helles Haar fuhr. "Meine Schwester Silver ist 25, ich bin 27.", meinte er dann ruhig.

"Ich möchte nicht unhöflich sein, Mrs. Dawn aber unser Chef hat mir gerade geschrieben, dass wir doch arbeiten müssen, wenn Sie Lust haben, können wir aber demnächst einmal vorbei kommen.", meinte mein Bruder höflich und sah die alte Dame erwartungsvoll an.

Eifrig begann diese zu nicken. "Sicherlich, Kinder, kommt vorbei wann ihr wollt, ich bin immer da.", zwitscherte sie während wir sie langsam zur Tür begleiteten.

Kaum schloss sich die Haustür hinter ihr, warf ich Alec einen fragenden Blick zu. Dieser zuckte daraufhin nur mit den Schultern.

"Ein toter Werwolf, im örtlichen Rudel.", meinte er nur, bevor er den Herd ausmachte, sich seine Jacke griff und mich mahnend ansah.

Seufzend huschte ich die Treppe hinauf und quetschte mich in meinem Zimmer schnell in ein paar Klamotten. Kaum war ich fertig, rannte ich wieder runter.



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