❧ Kapitel 57

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Taehyung PoV

»W-Wie meinst du das?«, fragte ich schwer schluckend, während mein Blick wie gebannt an ihm hängen blieb und er auch die Neugier, welche ich in diesem Moment empfand, wiederspiegelte. »Ist das nicht offensichtlich? Vielleicht sollte ich ein wenig weiter in der Vergangenheit graben, zu der Zeit, in der ich in meinem Elternhaus herangewachsen bin«, seufzte er daraufhin und schüttelte leicht mit seinem Kopf, als er scheinbar an die Ereignisse aus seiner Vergangenheit dachte. Er hielt mir seine Hand hin und deutete auf das Foto-Album, welches er offensichtlich wieder haben wollte, weshalb ich ihm dieses in die Hand drückte, sodass er es beiseite legen konnte. Ich hatte die Vermutung, dass das nicht alles war und langsam aber sicher bekam ich das Gefühl, dass Jungkook anfangen würde mir zu vertrauen. Er kaute sich auf der Unterlippe herum, jedoch nicht allzu feste, da es ihm keine Schmerzen verursachen sollte und gespannt wartete ich auf seine nächste Erzählung.

»Nur einmal vorweg, meine Eltern waren alles andere als Vorzeige-Exemplare«, sagte er und irgendwas ließ mich an dieser Aussage schmunzeln. Normalerweise mochte ich es absolut nicht, wenn man seine Eltern schlecht redete, immerhin hatte man ihnen einiges zu verdanken und nur durch sie wurde uns das Leben geschenkt, welches soviele als selbstverständlich ansehen. Im Grunde sollte man dankbar sein, überhaupt auf dieser Welt sein zu können.
»Wie jedes kleine Kind war auch ich ziemlich verspielt damals, ich hatte immer meinen Spaß im Kindergarten und war immer froh, wenn ich die Möglichkeit hatte, mit einem anderen Kind zu spielen. Das war solange so, bis mein Vater davon Wind bekam und mir anschließend Zuhause die Hölle heiß machte«, fing er an zu erzählen, in seiner Stimme war eine Spur Verbitterung heraus zuhören und ich spürte regelrecht wie sich mein Herz zusammenzog. »Weshalb? Du hast doch nichts verbotenes getan, oder irre ich mich da?«

Er zog kurz eine Augenbraue nach oben und musterte mich nachdenklich, »Der Überzeugung war ich anfangs auch. Mir wurde immer wieder eingetrichtert, dass ich mich von anderen Menschen fernzuhalten hatte und dass sie meiner nicht würdig wären. So etwas in der Art, meine Mutter unterstützte meinen Vater darin, indem sie mir immer wieder beibrachte, dass es so etwas wie wahre Freundschaft unter zwei Menschen nicht geben kann. Alles würde auf Mitleid basieren, Menschen würden einander ausnutzen und diese sogenannten Freundschaften würden zu Bruch gehen, so sagte sie«, er schnaufte einmal laut aus, scheinbar war es nicht gerade angenehm für ihn, wenn er darüber reden musste. »Wie meine Eltern es mir aufgetragen haben, hatte ich mich von anderen Menschen ferngehalten und das bis ich in die Schule kam. Gezwungenermaßen freundete ich mich dort mit Leuten an, ich brachte es nicht über mein damals schwaches Herz, andere Leute zu versetzen oder gar zu verletzen«

»Das ist doch absurd! Man sollte einen Menschen nicht in seinen Entscheidungen beeinflussen und genauso wenig in ihr Schicksal eingreifen, auch wenn es sich dabei um deine Eltern handelte!«, protestierte ich dagegen und schnaubte einmal aus, danach verschränkte ich meine Arme vor meinem Oberkörper. Diese Geste sollte auch zum Ausdruck bringen, dass seine Eltern mich auf eine gewisse Art und Weise wütend machten und ich hasste so etwas einfach. Ein Mensch sollte leben können, wie er es möchte und nicht wie andere es möchten, es war einfach ungerecht ihm gegenüber, wenn sie ihn mit ihren Worten so manipulierten, dass er schon anfing sie selbst zu glauben. »Vielleicht hast du recht, aber ich war nicht in der Verfassung dazu mich zu wehren, solltest du wissen. Denn sobald ich auch nur die kleinsten Anstalten von Protest andeutete, so wurden sie handgreiflich mir gegenüber. Es waren nur Ohrfeigen, anfangs zumindest. Je älter ich wurde, desto schlimmer wurde das, ich wurde in meinem Zimmer eingesperrt oder auch andere Dinge, jedoch möchte ich hier nicht ins Detail eingehen.«

Mein Mund weitete sich geschockt, mir fehlten die Worte in dem Moment und es war mir einfach ein Rätsel, wie man sein eigen Fleisch und Blut nur so miserabel behandeln konnte. Es war einfach nicht gerecht und ich wünschte, ich hätte irgendetwas für ihn tun können. »Mir wurde immer beigebracht, dass die Welt aus selbstsüchtigen Leuten besteht und Dinge wie Emotionen und Kameradschaft einen schwach machten, diesen Glauben nahm ich mit der Zeit auch an. Ich fokussierte mich also auf die wichtigen Dinge im Leben, wie gute Noten und auch eine Zukunft. Sowohl mein Vater als auch meine Mutter waren erfolgreich im Business und keineswegs wollte ich in ihrem Schatten stehen. Nein, sie zwangen mich sogar dazu.«

Je mehr er mir davon erzählte, desto mehr Mitleid bekam ich mit ihm. Es war in meinen Augen krass zu hören, dass er anscheinend nie so etwas wie die Liebe oder Zuneigung eines Elternteils gespürt hatte. Wenn ich es so vergleichen würde, dann konnte ich mich über mein Leben gar nicht beschweren, immerhin hatten meine Eltern mir immer beigebracht, andere so zu behandeln, wie ich behandelt werden möchte. Sie zeigten mir, wie sich Liebe anfühlt und sie brachten mir so vieles bei, auch, wenn sie wegen der Arbeit oftmals nicht viel Zeit für mich hatten. Aber scheinbar gab es immer jemanden, den es schlimmer traf, als man selbst es hatte.
»Meintest du das also, mit der falschen Liebe?«, wollte ich dann von ihm wissen und er musterte mich nachdenklich, ehe er zu einer Antwort ansetzte. »Für mich war das Wort Liebe fremd, ich wusste weder wie sie sich anfühlt, noch wie man jemand anderen liebt. Ich habe mit Leuten geschlafen und war der festen Überzeugung, dass das Liebe sein musste. Mehr war das nicht für mich, mehr konnte ich nicht fühlen bis eben..."

Ich legte meine Hand auf seine Schulter, er musste nicht weiterreden, denn ich wusste genau, was jetzt kommen würde. Es fiel ihm schwer darüber zu reden und da wollte ich ihm diese Bürde nicht erneut aufbinden. »Aber... wie sieht es jetzt mit deinen Eltern aus?", fragte ich ihn dann und schaute ihm direkt in die Augen. Er zischte einmal kurz, »Damals musste ich sie zu jedem Business-Treffen begleiten und es war immer so, dass ich hinten sitzen musste und sie alle Türen verriegelten. Es war ein Parkplatz, auf dem sie mich haben warten lassen und ich war eingesperrt in diesem Auto, hatte quasi keine Fluchtmöglichkeit. Ich wartete, ich wartete sehr lange, doch sie kamen nicht wieder zurück. Sie kamen einfach nicht mehr, irgendwann wurden die Türen dann von zwei Polizisten aufgebrochen, welche mir dann folgende Nachricht übermittelten...«

Ich hatte schon eine schlimme Vorahnung von dem, was jetzt kommen würde. »Sie wurden ermordet«

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Diese Story nimmt einen komischen Verlauf an

Fake Love メ Vkook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt