❧ Kapitel 66

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Taehyung Pov

Geschockt trat ich einen vorsichtigen Schritt nach hinten und brachte somit einen kleinen Sicherheitsabstand zwischen mich und Jungkook. Ein starkes Brennen war auf meiner Wange verspürbar, zwischen uns herrschte eisige Stille, in welcher ich nach und nach erst realisierte, warum vereinzelte Tränen mein Gesicht herunterrannten und was eben geschehen war. Ungläubig fasste ich mir sachte an die Wange, genau an die Stelle, die er zuvor hart getroffen hatte und ich wusste genau, dass dies nun keine Einbildung, sondern die knallharte Realität war.
»Du hast...«, fing ich an vor mich her zuflüstern, wagte es jedoch nicht den Satz zu beenden und wusste außerdem nicht, ob er ihn überhaupt vernommen hatte. Vermutlich nicht, sonst hätte er sich etwas anmerken lassen.

Er inspizierte mich eindringlich, sein strenger Blick brannte auf meinem Körper und ich spürte wieder dieses Ziehen an meinem Herzen, welches ich schon bei unserem letztem Streit hatte erleben müssen. Es war eines der schrecklichsten Erlebnisse meines Lebens, es tat so weh und das einfach bloß, weil die Person, die dir so wichtig war gleichzeitig über ein Privileg dich zu verletzen verfügte. Ob sie dieses ausspielen würden oder nicht, war ihnen selbst überlassen und normalerweise würde man das auch nicht tun, zumindest wenn die Gefühle von beiden Seiten aus kommen würde. Doch diese Liebe war einseitig und vermutlich tat es ihm dabei nicht annähernd so weh wie mir.

Langsam schien auch er die Situation zu verarbeiten, ich sah wie sich seine Augen ein Stück weit weiteten und er mich folgend mit einem geschockt, erschrockenen Blick begutachtete und seine Art des Atmens sich zunehmend veränderte - es wurde wilder.
Sein Mund öffnete sich etwas, als würde er mir wieder etwas sagen wollen, doch dazu kam es nie und deshalb wusste ich auch nicht, in welche Richtung diese Auseinandersetzung damit gesprungen wäre, ob positiv oder negativ.

»Taehyung... ich...«, brachte er nur stoßweise von sich und sein Blick wurde dabei leicht verzweifelt, wenn nicht sogar schon panisch und ich begann echt über diesen raschen Wechsel an Emotionen zu schmunzeln. Was wollte er denn damit nun schon wieder zum Ausdruck bringen?
»Das war nicht meine Absicht...«, kam es erneut von ihm und er kam mir einen kleinen Schritt näher, doch ich fürchtete mich vor ihm, vor weiteren Schlägen und wich deshalb einen weiteren Schritt zurück. Traurig schaute er mich an und nickte langsam mit dem Kopf, verstehend, dass ich ihn gerade nicht in meiner Nähe haben wollte, wie ich es sonst immer wollte. Er merkte, dass dies ganz und gar nicht spurlos an mir vorbeigegangen war.

»Du hast mich geschlagen...«, antwortete ich daraufhin nuschelnd und senkte den Kopf, um die erneut aufkommenden Tränen zu verdecken, in der Hoffnung, er würde diese nicht bemerken und es nicht als eventuelle Schwäche meinerseits betrachten. Denn auch, wenn mir das ganze mental mehr weh tat als körperlich, so konnte ich darüber einfach nicht hinwegsehen und mir demnach auch nicht erlauben, zu verweichlichen und ihm die Chance zu geben, wieder alles herunter zuspielen und mich in seinen Bann zu ziehen. Denn dies war doch seine Taktik, damit würde er mich bestimmt versuchen zu locken, doch keinesfalls mit mir.

»Taehyung, du musst das vergessen! Es war nicht beabsichtigt, bitte...«, Jungkook's Tonfall überraschte mich, jedoch traute ich es mich noch nicht aufzuschauen und deshalb blieb mein Blick zunächst noch gesenkt, während er wohl noch nicht fertig mit reden war.
»Das musst du mir glauben! Irgendetwas ist bei mir durchgebrannt und ich habe gehandelt, ohne darüber auch nur eine einzelne Sekunde nachzudenken. Es war ein Fehler, ich weiß das, aber bitte, ich wollte das nicht tun«, gegen Ende hin wurde er immer leiser, er schluckte einmal seinen scheinbar schweren Kloß hinunter und wartete dann scheinbar auf eine Antwort meinerseits.

Ihm tat das alles anscheind leid, vielleicht wollte er mich auch gar nicht schlagen und hatte aus Reflex gehandelt. Vielleicht, aber es könnte genauso gut auch eine billige Ausrede sein, mit der er versuchen könnte, sich aus der Situation heraus zureden und ich wusste nicht, in wie weit ich seinen Worten in diesem Moment Glauben schenken konnte. Wie viel waren die Worte dieses Mannes wert, wenn er mir ausdrücklich versprechen würde, dass es niemals auch nur seine Absicht war, mich auf irgendeine Art und Weise zu verletzen.

Es war etwas, das ich nicht kontrollieren könnte, nicht in diesem Moment und nicht hier. Mir blieb fast schon keine andere Wahl, aber eine Beziehung auf solch einer Ebene konnte nunmal nicht funktionieren. Wobei mir unser Verhältnis noch immer ein Rätsel war, wir waren zwar keine Freunde oder Arbeitskollegen, aber auch nicht zusammen. Es gab keine Definition für die Situation derzeit, wir würden es vermutlich nur als komplizierten Zustand bezeichnen und genau das werde ich nun auch tun, bis ich endlich Klarheit über all das hier erhalten würde.
»Jungkook, du weißt genau... wie sehr du mir am Herzen liegst«, ich schaute auf und erwiderte seinen neugierigen Blick, meine Augen waren mit Tränen gefüllt, die nur auf ihren Ausbruch zu warten schienen.

Er nickte kurz mit dem Kopf, »Ja Taehyung, ich weiß es«, brachte er hervor und seufzte einmal laut aus.
»Du sagst, dir würde das alles hier leid tun, aber in wie fern kann ich deinen Worten Glauben schenken? Hier in dieser Beziehung, falls man es überhaupt so nennen könnte, läuft einiges schief. Du warst die Person, die Ehrlichkeit an oberste Stelle gestellt hatte, also hör doch nur einmal auf deine eigenen Regeln und blein verdammt nochmal ehrlich mir gegenüber. Du verheimlichst mir etwas, du würdest mir keine verpassen, wenn ich mit dem Verdacht nicht nahe an der Wahrheit kratzen würde, nicht wahr? Und dann schmierst du mir eine um was zu bezwecken? Wolltest du mich abschrecken, oder war es wirklich nur einfacher Reflex? Kann ich dir das wirklich abkaufen?«

Enttäuscht blickte ich wieder nach unten, auf den Boden, welcher allem Anschein nach neulich erst geputzt wurde.
»Ich kann deine Zweifel verstehen, doch du musst mir vertrauen«, versuchte er mich zu beruhigen, meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich spürte, wie sich die Wut in mir anstaute.
»Dir vertrauen? Nach dieser Nummer hier? Nein Jungkook, so läuft das Leben nicht und so laufen Beziehungen auf Basis von Vertrauen einfach nicht ab. Ich soll dir vertrauen? Beweis mir dass ich dir vertrauen kann! Beweis es anständig, nicht durch einfachem Dahergerede und durch Gewalt. Nein, was du nun tun solltest, wäre dir Gedanken über alles zu machen und mir erstmal aus dem Weg gehen!«, so schwer mir das alles auch fallen mochte, es war die letzte Zwangsmaßnahme, die ich wirklich nur ungern ergriff, doch es musste einfach sein.

Ich wand mich ab und war schon dabei davonzulaufen, da wurde ich noch einmal von ihm gestoppt, da er seine Hand um mein Handgelenk gelegt hatte und mich daran zurückhielt.
»Bau keinen Scheiß, das sollte uns nicht im Weg stehen. Taehyung-«
»Nein, nichts Taehyung, Abstand wäre jetzt erstmal das wichtigste, damit ich in Ruhe darüber nachdenken konnte, in wie fern eine Beziehung dieser Ebene noch für mich aushaltbar wäre. Du solltest dasselbe tun, wenn du die Intention hast, hier irgendetwas zu retten«, war meine Antwort, bevor ich mich kurzerhand losriss und davon spazierte. Ich schaute kein einziges Mal mehr nach hinten, ich durfte nicht schwach werden, ich konnte es mir einfach nicht erlauben.

Ich hoffte nur, dass er seine Lektion gelernt hatte, denn das, was ich gerade an Maßnahmen ergreifen musste, tat mir ehrlich in der Seele weh und war vor allem für mich ungemein schwer. Es sollte enden, das alles sollte sich zum guten wenden, so sehr hoffte ich momentan darauf.

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Fake Love メ Vkook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt