⊱Kapitel 3⊰

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Ms Miller lässt mich für den Rest der Stunde in Ruhe, sodass ich meinen Block ungestört mit Kringeln und Blumen verzieren kann. Leider scheint mir selbst das nach den Sommerferien nicht mehr gelingen zu wollen. Dabei zählt Kunst zu meinen Lieblingsfächern.

Seufzend lasse ich den Stift sinken und meinen Blick durch den Klassenraum schweifen. Ich bleibe dabei unbeabsichtigt an Zara hängen.

Gut, ich werde ihr später die Schule zeigen müssen, aber das ist nicht schlimm. Schließlich ist sie vorhin eigentlich ganz nett rübergekommen. Trotz ihres unverkennbaren Punk-Looks.

Während ich darüber nachgrübele, aus welchen Gründen man sich freiwillig das Haar Violett färben sollte, vergesse ich den Ausführungen von Ms Miller zu folgen. Erst die schrille Klingel schafft es, mich aus meinen Gedanken zu reißen.

Sofort ist Shane zum Aufbruch bereit an meiner Seite.
»Komm, wir müssen uns diesmal wirklich beeilen, wenn wir in Bio noch einen guten Platz erwischen wollen!«
Ich nicke mechanisch, dann reiße ich mich am Riemen und schnappe mir meine Tasche.

Als wir auf den Gang hinaus treten, geraten wir in eine wahre Rushhour von Schülern, die zum nächsten Klassenraum stürmen. Seufzend stelle ich fest, dass uns die Seniors entgegenkommen.

Die Zwölftklässler werden dieses Jahr ihren Abschluss an der Arcadia High machen und nehmen sich deswegen die Freiheit heraus, jeden anzurempeln, der im allgemeinen Schülerverkehr, nicht schnell genug vor ihnen zurückweicht. Sie fühlen sich bereits jetzt wie Könige, obwohl sie den Abschluss noch nicht einmal in der Tasche haben.

»Nicht zu fassen, was die alles von uns verlangen! Da können sie uns ja gleich mit einem Regenschirm über einem Haifischbecken balancieren lassen!«

Ich blinzele überrascht, als Zara an meiner rechten Seite erscheint. Ihre violetten Locken hat sie mittlerweile zu einem unordentlichen Knoten zusammengefasst, was ihr schmales Gesicht besser zur Geltung bringt. Ihre grauen Augen blicken trotzig in meine, als ich nicht schnell genug reagiere.

»Was denn? Stimmt doch!«, entrüstet sie sich weiter und diesmal kann ich nicht anders, als leicht zu lachen. Auf Zaras Gesicht erscheint daraufhin ein zufriedenes Grinsen und ich bemerke, dass es tatsächlich ein Scherz sein sollte.

»Hast du jetzt auch Bio bei Mr Blake?«, frage ich, um ein Gespräch in Gang zu setzten. Innerlich bin ich stolz auf mich, weil mir tatsächlich etwas eingefallen ist, worüber ich mit ihr sprechen kann.

Zara schüttelt den Kopf, wobei die vielen Ringe in ihren Ohren im Sonnenlicht blitzen, welches durch die hohen Fenster hereinfällt.
»Nein, ich habe jetzt Französisch. Ich nehme mal an, dass du Spanisch gewählt hast, was?«

»Stimmt.«
»Hätte ich auch getan, wenn der Kurs an meiner alten Schule nicht schon voll gewesen wäre. Tja das nennt sich dann wohl Pech gehabt. Wir sehen uns später, Maggie. Shane.«

Zara winkt zum Abschied, dann treibt sie mit der Schülermenge in eine andere Richtung davon.
»Ob sie das Klassenzimmer wohl ohne uns finden wird?«, will Shane skeptisch wissen, doch ich zucke nur die Schultern.
»Sie kommt mir ziemlich selbstbewusst rüber. Im Notfall wird sie sicher jemanden fragen.«

»Was hältst du von Zara?«
»Ich weiß nicht. Um sie einschätzen zu können, müsste ich sie besser kennenlernen«, antworte ich ehrlich, woraufhin ich mich nah an Shane quetsche, um einer laut diskutierenden Lehrerin auszuweichen, die ich allerdings nicht mit Namen kenne.

Neben ihr läuft der ziemlich erschöpft aussehende Schulleiter Mr Parker, der sich wahrscheinlich gerade seine Chancen zur Flucht ausrechnet, so angestrengt starrt er ein offenes Fenster an. Er geht, ohne etwas zu tun daran vorbei, obwohl ich mir fast schon sicher bin ein Seufzen von ihm zu vernehmen.

»Diese Chance scheinst du bei der Schulführung heute jedenfalls zu haben«, erinnert mich Shane lachend.

»Ja, allerdings«, murmele ich, weniger begeistert und folge ihm zu unserem Platz, den er in Beschlag nimmt, kaum sind wir zur Tür hereingekommen. Dritte Reihe. Perfekt. Ich setze mich neben ihn und lächele zufrieden.

Biologie ist nicht nur wegen des Unterrichts ein schönes Fach. Viel mehr liegt es daran, dass Shane und ich in Bio nebeneinander sitzen können, weil es der einzige Raum mit Tischen ist, an denen jeweils zwei Schüler Platz finden. In Chemie muss man sich tatsächlich zu dritt an einen quetschen.

»Ich glaube, Zara ist ganz nett«, sage ich schließlich, als wären nicht bereits fünf Minuten seit meinen letzten Worten vergangen.

»Nett bestimmt, aber ich weiß nicht wirklich, ob sie ... uns zu einer guten Freundin werden kann«, inseriert Shane und holt sein Exemplar des dicken Biologielehrbuchs aus der Tasche. Ich tue es ihm gleich, aber seine Worte lassen mir keine Ruhe.

»Meinst du wegen ihrer violetten Haare?«, bohre ich lachend nach, was Shane dazu veranlasst den blonden Lockenkopf zu schütteln.

»Nein ... na ja vielleicht doch. Ich weiß nicht. Sie ist auf den ersten Blick schon irgendwie anders als wir und ich kann nicht sagen, ob das gut oder schlecht ist. Glaubst du, ich lasse mich zu sehr von meinen Vorurteilen beeinflussen?«
Shane hat die sonst glatte Stirn nachdenklich in Falten gelegt.

»Vermutlich, aber um ehrlich zu sein, geht es mir da nicht anders. Egal, bestimmt will sie diese Schultour genauso wenig machen wie ich.«

Wenn ich zur Abwechslung mal Glück habe, wird Zara mich vielleicht in der Pause darum bitten die Führung abzublasen, weil sie lieber etwas essen möchte.

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