Evan und ich verbringen die Mittagspause zusammen. Während ich an einem Apfel knabbere und nebenbei meine Aufzeichnungen für den Englischtest in der nächsten Stunde studiere, spielt Evan mit einer meiner Haarsträhnen und betrachtet mich mit einem liebevollen Lächeln.
»Wow, ich wollte die Gerüchte erst nicht glauben, aber anscheinend hat Reece tatsächlich die Wahrheit gesagt, als er meinte Evan Davis ist mit der bezaubernden Maggie Frey liiert.«
Zara lässt sich mit einem breiten Grinsen gegenüber von uns nieder.
»Wer ist Reece?«, frage ich, aber Zara winkt nur ab.»Unwichtig«, entscheidet sie knapp. »Also, was habe ich verpasst?« Ihre grauen Augen funkeln neugierig, während sie mit einer Plastikgabel aufgeregt in ihren Spaghetti herumstochert.
»Wo hast du denn Kota gelassen?«, umgeht Evan geschickt das Gesprächsthema, doch mit einem Mal schleicht ein Schatten über Zaras Gesicht und das fröhliche Lächeln verschwindet.»Er ist ... also ...« Ich sehe ihr an, dass sie nicht darüber sprechen möchte und greife unter dem Tisch nach Evans Hand. Er versteht, ohne, dass er mich ansehen muss.
»Okay, wir sehen uns später. Ian wollte sich mit mir treffen. Schien wichtig zu sein.« Evan erhebt sich und haucht mir mit seinem attraktiven schiefen Lächeln einen Kuss auf die Lippen. »Bis dann, Baby.«Mein Herzschlag setzt bei dem Kosenamen für eine Sekunde aus, ehe es viel zu heftig weiterschlägt. Erst als er aus der Cafeteria verschwunden ist, schaffe ich es meinen Blick von ihm loszureißen.
»Baby, hmm?« Zara wackelt vielsagend mit den Augenbrauen. »Scheint etwas Ernstes zu sein. Klärst du mich auf?«Ich kann mir ein verliebtes Kichern nicht verkneifen, doch werde ziemlich schnell wieder ernst, als ich über Zaras Schulter einen Blick auf Shane erhasche, der an einem Tisch zusammen mit seinen Footballkumpels, am anderen Ende des Raumes sitzt und mich betrachtet. Ertappt sieht er weg und fängt eine Unterhaltung mit Simon an, wenn ich mich noch richtig an den Namen des dunkelhäutigen Spitzensportlers erinnere.
Zara die meinem Blick gefolgt ist, zieht die Mundwinkel nach unten.
»Unerwiderte Liebe ist die schrecklichste«, seufzt sie und schüttelt den violetten Lockenkopf.
»Woher weißt du davon?« Sie hat es aufgegeben ihre Nudeln essen zu wollen und schiebt das Tablett lustlos von sich. Irgendetwas stimmt nicht.»Meinst du nicht mir ist aufgefallen, dass Shane mehr für dich empfindet? Selbst Ian ist es nicht entgangen und der ist normalerweise blind für die Gefühle anderer.«
»Selbst Ian?« Warum dann mir nicht? Oder habe ich absichtlich weggesehen, weil ich es nicht glauben wollte?Als Zara nickt, weiß ich plötzlich was anders an ihr ist. Sie trägt nicht wie gewohnt das schwarze Make-up, sondern überhaupt keines und auch ihre Kleidung ist heute hochgeschlossener als gewöhnlich.
»Hey, ist alles in Ordnung bei dir? Ist gestern Abend noch etwas vorgefallen?«Sie bereitet mir Sorgen und als sie dann erneut nickt und dabei heftig blinzelt, um ihre Tränen zurückzuhalten, bin ich mir sicher, dass es etwas Schlimmes gewesen sein muss.
»Willst du mir davon erzählen?«
»Kannst du mir nicht lieber erst von Evan und dir erzählen? Ich glaube, ich breche sonst jeden Moment zusammen«, bittet sie mit zitternder Stimme.Zara wischt sich hastig eine Träne von der Wange und ich komme ihrem Wunsch eilig nach. Obwohl ich nicht weiß, wo genau ich beginnen soll, berichte ich ihr zunächst von meinen Gefühlen für Evan, die sich über die letzten Wochen immer mehr verstärkt haben, bis ich sie nicht länger ignorieren konnte. Erst dann erkläre ich ihr den Verlauf des gestrigen Abends, allerdings ohne das zu erwähnen, was mir Evan unter Tränen anvertraut hat.
Wenn er gewollt hätte, dass Zara davon weiß, hätte er ihr selbst von seiner verstorbenen Mutter erzählt. Und weil er das nicht getan hat, gehe ich davon aus, dass er nicht will, dass sie oder jemand anderes davon weiß.
»Er hat bei dir übernachtet, obwohl deine Mutter nichts davon wusste?« Zara kichert.»Ja, ich glaube im Übrigen nicht, dass sie allzu begeistert davon gewesen wäre.« Trotzdem muss ich ebenfalls lachen. »Magst du mir nun sagen, warum es dir nicht gut geht? Schlimmer als die Lage, in der ich mich befinde kann es kaum sein. Schließlich ist mein bester Freund in mich verliebt, ich habe ihn mit meiner Liebe zu Evan das Herz gebrochen und meine Mutter hasst meinen Freund.«
»Du hast die Latte ziemlich hoch angesetzt, was?«, murmelt Zara und weicht meinem Blick aus. »Okay, ich sag’s dir.«
Dennoch atmet Zara vorher tief durch, ehe sie einfach damit herausplatzt. »Kota hat Schluss gemacht.«
»Er hat was getan?« Entsetzt starre ich sie an. »Aber ich dachte, er liebt dich?«Zara knetet nervös ihre Hände.
»Das tut er ja auch.«
Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Deswegen bringe ich auch nur ein dämliches »Hä?« heraus.Zara fährt sich hastig durch ihre Locken.
»Er liebt mich, Maggie!«, wiederholt sie ausdrucksvoll, als müsse sie sich erst selbst davon überzeugen. »Aber ... er ist davon überzeugt, dass ich ihn nicht liebe, nicht so sehr wie er mich. Deswegen hat er um eine Auszeit gebeten.«»Oh.« Es dauert eine Weile, ehe ich ihre Worte verarbeitet habe. »Und ... hat er recht? Ich meine, liebst du ihn?« Ich erinnere mich an ihr Strahlen, als er sie zum kommenden Herbstball eingeladen hat, an ihre Geburtstagsparty und den damit einhergegangenen Tanz auf dem Tisch in Evans Elternhaus. Sollte das alles nur Fassade gewesen sein?
»Genau das ist ja das Problem! Ich weiß es einfach nicht!«, blafft Zara und zieht damit die Blicke der umstehenden Schüler auf sich. Im gedämpften Tonfall erklärt sie: »Ich meine Kota ist toll. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Spaß mit jemanden gehabt, als mit ihm. Selbst der Sex ist grandios, aber wenn ich ihn küsse ... habe ich das Gefühl, dass etwas fehlt. Ich bin traurig, ja, aber irgendwie bin ich auch erleichtert. Stimmt irgendetwas nicht mit mir?«
Verzweiflung spiegelt sich in dem stürmischen Grau ihrer Augen und ich strecke ihr mitfühlend meine Hand entgegen. Dankbar nimmt sie sie an, nur um sie anschließend fast zu zerdrücken. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass Zara so viel Kraft besitzt.
»Gefühle können verwirrend sein, Zara. Glaub mir. Nur weil du denkst, dass zwischen dir und Kota etwas fehlt, bedeutet das noch lange nicht, dass mit dir etwas nicht stimmt. Vielleicht hat Kota recht und etwas Abstand tut euch ganz gut. Dann kannst du dir in Ruhe über deine Gefühle klar werden.«
Mein Aufmunterungsversuch scheint zu glücken, denn auf Zaras Lippen bildet sich ein zögerliches Lächeln.»Vermutlich hast du recht«, stimmt sie nachdenklich zu. »Danke, dass du für mich da bist. Ich glaube, ich hatte noch nie so eine gute Freundin wie dich.«
»Was denn besser als Nici?«, stichele ich gerührt und erwidere Zaras Umarmung über den Tisch hinweg.Nachdenklich zieht sie die Stirn kraus.
»Wenn ich’s mir recht überlege habe ich schon lange nicht mehr mit Nici gesprochen. Das letzte Mal war vor ein paar Wochen beim Footballspiel.«Als sie das Footballspiel erwähnt fällt mir wieder die Unterhaltung zwischen Nici und diesem Typen ein, die ich belauscht habe, kurz bevor Evan mich im Glauben Nici vor sich zu haben in den Schrank des Hausmeisters gezogen hat. Wie hieß er noch gleich? Irgendwas mit K. Kian, Kevin, Kyle ... Keith!
»Ähm sag mal, kennst du eigentlich einen gewissen Keith?«, hake ich vorsichtig nach, ohne zu erwähnen, dass dieser mit Nici in Verbindung steht.
Zara wirkt verwundert, schüttelt dann allerdings den Kopf.
»Nein. Sollte ich ihn etwa kennen? Geht er mit uns zusammen auf die Schule?«Ich zucke die Schultern, aber Zara verfolgt das Thema nicht weiter, als sie meine Englischaufzeichnungen entdeckt.
»Sag mal, lernst du für irgendwas?«»Ja, für den Englischtest in der nächsten Stunde.«
Zaras Gesichtsausdruck entgleist und Panik gräbt sich in ihre Züge.
»Welcher Test?«, schreit sie entsetzt und bringt mich damit zum Lachen.
»Keine Sorge ich erzähle dir alles, was du wissen musst.«
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Light up my World
JugendliteraturSie sind so verschieden, wie die Farben Rot und Blau, doch zusammen ergeben sie ein atemberaubendes Violett! Als Maggie Frey und Evan Davis sich zum ersten Mal begegnen, ahnen sie noch nicht, was alles auf sie zukommen wird. Denn obwohl zunächst all...