⊱Kapitel 80⊰

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Keith ist tot. Der Schuss, den ich gehört habe, hat seinen Selbstmord eingeläutet. Er hätte Evan erschießen können oder William, aber das hat er nicht getan. Evan hat mir nicht sagen wollen, was passiert ist, nachdem mich sein Vater nach draußen geschafft hat.

Sie haben gekämpft, ich weiß es, weil die Haut über seiner linken Augenbraue aufgeplatzt ist und auf seinem Kinn ein Bluterguss prangt. Evan hat verloren, sonst hätte Keith seine Waffe nicht gehabt um sich das Leben zu nehmen. Ich habe akzeptiert, dass es nicht wichtig ist alles zu erfahren und ich weiß, dass ich Evan bedingungslos vertrauen kann.

Ich habe nicht nachgehakt. Keith war verrückt. Vielleicht hat er ebenfalls die Polizeisirenen gehört und keinen weiteren Ausweg gesehen. Vielleicht wollte er lieber sterben, als zurück ins Gefängnis zu müssen.

Die Polizistin, die meine Aussage aufgenommen hat lächelt mir aufmunternd zu, als sie mich gehen lässt.
»Gute Besserung«, wünscht sie mir. Mein Arm pocht noch immer, aber es ist erträglich. Der Sanitäter meinte, es könne eine Narbe zurückbleiben, aber das ist mir egal. Ich bin am Leben und Evan ist es auch. Nur das zählt.
»Danke.«

Meine Mutter, die im Vorraum warten musste, weint als sie mich erblickt und drückt mich viel zu fest an ihre Brust. Die Polizei hat sie an meiner Stelle informiert, als ich meine Aussage gemacht habe und sie muss meinen Vater, Jules und Shane verständigt haben, denn auch sie sind hier.
Ich bin so glücklich, sie alle zu sehen, dass ich kaum meine eigenen Tränen zurückhalten kann. Aber ich schaffe es.

Mom will mich überhaupt nicht mehr loslassen und auch Jules umarmt mich lange und sagt mir immer wieder wie geschockt sie ist. Nur Dad sagt nichts und gibt mir den nötigen Halt, den ich in diesem Moment so dringend benötige. Ich löse mich von ihm und versuche die Sache herunterzuspielen, aber ich weiß selbst, dass ich dem Tod nur knapp von der Schippe gesprungen bin. Keith hätte nur besser zielen müssen ...

»Du bist der unvernünftigste Mensch, den ich kenne«, sagt Shane und streichelt sanft meine Wange. Ich lehne meinen Kopf gegen seine Brust und genieße die tröstende Geste.
»Es ist meine Schuld. Keith ist Nicis Wagen gefolgt und ich habe ihn direkt zu Evans Elternhaus geführt. Ich will mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wäre Kate nicht mit Juliette weggefahren.«

Es ist dumm mir Vorwürfe zu machen, schließlich ist alles gut gegangen, aber ich kann noch immer nicht verstehen wie es mir nicht auffallen konnte, dass Keith mir gefolgt ist. Shane, der meine Gedanken erahnt, schiebt mich von sich, damit ich in seine blauen Augen sehen kann.

»Es bringt nichts, dir die Schuld für etwas zu geben, was du ohnehin nie in der Hand hattest. Keith hätte Evan auch ohne dich gefunden und wer weiß was dann passiert wäre.«

Shane hat recht. Ich drücke seine Hand und umarme ihn noch einmal, als jemand meinen Namen sagt. Sofort breitet sich auf meinen Lippen ein glückliches Lächeln aus. Evan.
Mein Vater räuspert sich, während ich mir verlegen eine Haarsträhne hinter mein Ohr streiche.

»Wir warten draußen auf dich, Schätzchen«, sagt mein Vater und schiebt meine Mutter förmlich aus dem Polizeirevier, weil sie nicht derselben Meinung ist.

»Was für ein Tag, oder?«, sagt Evan und tritt auf mich zu. Er muss sich umgezogen haben denn anstatt der Jogginghose trägt er wieder eine schwarze Jeans und ein sauberes weißes T-Shirt.

»Ziemlich ereignisreich«, antworte ich.
Jetzt, nachdem ich mich von meinem Schock erholt habe, haut mich Evans Schönheit und meine Liebe zu ihm glatt um. Ich weiß nicht was ich sagen soll, aber das muss ich auch nicht, weil Evan mein Gesicht mit seinen Händen umschließt und seine Lippen auf meine legt.

Wie eine Ertrinkende halte ich mich an ihm fest und genieße die Wärme, die durch meinen Körper rauscht. Erst da wird mir so richtig bewusst, dass wir es tatsächlich geschafft haben jedes Hindernis, dass jemals zwischen uns stand zu überwinden. Wir haben uns gegenseitig belogen und Tränen heraufbeschworen, die es nicht hätte geben müssen. Wir haben uns gehasst und uns gegenseitig verflucht, um unsere wahren Gefühle zu verbergen.

Doch all das liegt nun hinter uns.

»Ich liebe dich.« Evan lehnt seine Stirn gegen meine und ich genieße es ihm so nah zu sein. Plötzlich ist es mir ein Rätsel, wie ich es die letzten Tage geschafft habe mich von ihm fernzuhalten. Er ist wie die Luft, die ich zum Atmen brauche. Der Herzschlag, ohne den ich nicht leben kann.
»Ich liebe dich, Evan.«

Als wir uns voneinander lösen, lächelt er ein bezauberndes schiefes Lächeln und verflicht unsere Hände ineinander.
»Meinst du, deine Mutter hat etwas dagegen, wenn ich heute bei dir bleibe? Ich denke nicht, dass ich es schaffe auch nur noch eine Sekunde, ohne dich zu sein.«

Mein Herz schlägt automatisch schneller und ich habe Mühe ein dämliches Grinsen zurückzuhalten. Ich muss meiner Familie alles erklären und Klarheit in den heutigen und vergangenen Ereignissen schaffen, das ist klar. Es darf keine Geheimnisse mehr geben, sie machen das Leben nur unnötig schwerer.

Aber auch mir geht es so. Ich möchte mich nicht schon wieder von Evan verabschieden und bis morgen warten müssen.
Ich lächele und gebe ihm einen Kuss auf die Wange.
»Warum finden wir es nicht heraus?«

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