⊱Kapitel 56⊰

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Den restlichen Tag verbringe ich mit schlechtem Gewissen auf der Couch in unserem Wohnzimmer, wo ich von Kanal zu Kanal zappe und einen romantischen Liebesfilm nach dem anderen schaue. Jules fragt nicht nach, warum ich das tue. Vielleicht spürt sie, dass etwas nicht stimmt. Das mein bester Freund mir seine jahrelange Liebe gestanden hat, kann sie ja nicht ahnen.

Dustys goldenes Fell ist weich, als ich den Rüden streichele, der sich zu mir vor das Sofa gesetzt hat. Er mustert mich aus sanften braunen Hundeaugen und bringt mich damit zum Lächeln. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er es ist, der mich am besten versteht. Obwohl das völliger Blödsinn ist, schafft es Dusty immer am besten mich aufzumuntern. Ich gebe ihm einen Kuss auf das Köpfchen und flüstere ihm ein liebevolles »Danke« ins Ohr.

Als sich mein Handy klingend zu Wort meldet, habe ich keine Lust ran zu gehen, aber der Anrufer gibt nicht auf und ruft, kaum ist die erste Welle überstanden, erneut an. Dusty gibt ein aufforderndes Quietschen von sich und ich seufze gequält auf. Ich will heute mit niemandem mehr reden, egal wer es ist. Aber wie fast immer geht es natürlich nicht nach mir.

Mit einem Blick stelle ich fest, dass es Zara ist, die meinen Selbstmitleidsanfall im Keim zu ersticken versucht. Fragend sehe ich noch einmal zu Dusty, der mich weiterhin mit schief gelegtem Kopf mustert. Ich weiß, was das bedeuten soll.

»Na schön, ich mach ja schon«, murmele ich und hoffe, dass mich Jules nicht hören und damit meine Einweisung in die nächstbeste psychiatrische Anstalt planen kann.

»Hey, Zara. Sag mal, können wir morgen reden? Ich habe gerade ...«
»Maggie? Verdammte Scheiße!« Meine beste Freundin flucht laut und im Hintergrund vernehme ich Geräusche, fast wie das Splittern von Glas. Sofort bin ich hellwach.
»Zara, ist bei dir alles in Ordnung?«

»Maggie, bitte du musst sofort herkommen! Es geht um Evan!«, ruft sie, hörbar verzweifelt. Das kann doch nicht war sein.
»Was ist passiert? Geht’s ihm gut?«
Ich weiß nicht warum, aber ich gehe automatisch davon aus, dass dem Jungen mit den vielen Tattoos etwas zugestoßen ist. Eisige Angst frisst sich in meinen Knochen fest und überschattet die Erinnerungen vom Nachmittag.

»Ich kann dir am Telefon nicht alles erklären, aber ich würde dich nicht darum bitten zu kommen, wenn es nicht dringend nötig wäre. Bitte!«, fleht Zara und ihre aufgelöste Stimme, lässt mich gegen jede Vernunft zustimmen.
»Wo seid ihr?«, frage ich.
»Bei einer Party. Ich schicke dir die Adresse.«

»Gut, ich bin bald da.«
Ich lege auf und raufe mir wütend die Haare. Was zum Teufel stellt Evan gerade an und warum muss ich unbedingt kommen?

Ich lasse Dusty allein und bitte Jules darum mir ihr Auto zu leihen. Es dauert etwas, aber schließlich schaffe ich es sie davon zu überzeugen mir die Autoschlüssel auszuhändigen. Mit der Bedingung in spätestens zwei Stunden zurück zu sein, gibt mir die Schlüssel und ich verlasse rennend das Haus. Im selben Moment schickt mir Zara eine Nachricht mit der Adresse.

Es handelt sich nicht um eine Hausparty. Sie hat mir die Adresse eines sündig teuren Clubs mit dem Namen Black Sins geschickt. Ich kann nur hoffen, dass sie mittlerweile draußen sind, denn mit meinen derzeitigen Klamotten, bestehend aus einem einfachen weißen Kleid und Turnschuhen, komme ich da niemals rein.

Die Fahrt dauert nicht lange. Gerade mal eine Viertelstunde und doch hat Zara noch dreimal versucht mich zu erreichen. Ich habe nicht abgenommen, weil ich mich auf die Straße konzentrieren musste. Erst als das Fahrzeug sicher steht, wage ich einen Blick auf das Display. Im selben Moment ertönt ein lautes Klopfen an der Fensterscheibe und ich zucke heftig zusammen.

»Verdammt, Zara!«, rufe ich entzürnt, kaum bin ich ausgestiegen. Doch bei ihrem Anblick wird mir ganz anders zumute. Sie ist ganz bleich und Tränen schimmern in ihren grauen Augen. Das sonst perfekt gestylte violette Haar ist zerzaust und ihr Make-up total verlaufen. Es ist ernst.

»Maggie, du musst sofort mit kommen!«, schreit Zara mit vor Schreck geweiteten Augen, obwohl es um uns herum still ist und sie nicht brüllen müsste. Sofort schrillen all meine Alarmglocken, denn noch nie habe ich Zara so aufgelöst erlebt. Sie steht unter Schock.

»Was ist passiert?«, bringe ich atemlos heraus, doch Zara packt bereits meinen Arm und zieht mich mit sich. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie sie sich über die Augen wischt, erst dann ist sie dazu in der Lage mir eine Antwort zu geben.

»Als wir gehen wollten, ist Evan ausgerastet und hat eine Schlägerei angefangen, als ihn so ein Typ in die Quere gekommen ist. Ich habe versucht ihn zu beruhigen, aber er hört einfach nicht auf mich. Kota ist bei ihm, aber Evan lässt nicht zu, dass er sich einmischt«, erklärt Zara völlig außer sich. Bevor ich fragen kann, was ich tun soll, fährt Zara schon fort. »Bitte, Maggie. Er ist betrunken und weiß nicht was er tut. Er ...«

Aber ich stocke und halte an, als ich plötzlich eine weitere laute Stimme vernehme.

»Schreit Evan etwa meinen Namen?«, unterbreche ich Zara.
Verzweifelt nickt sie und zieht mich weiter, bis zu einer schlecht beleuchtete Gasse, die sich direkt neben dem Club anschließt.
Zara, die vor mir steht, dreht sich zu mir um. Panik kriecht in Wellen über ihr Gesicht.

»Deswegen wollte ich, dass du kommst. Bitte mach, dass er mit  dem Wahnsinn aufhört! Er schreit schon die ganze Zeit nach dir!«

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