⊱Kapitel 45⊰

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»Wieso mischst du dich in mein verficktes Leben ein, Maggie?! Warum?!«, blafft Evan mich aus voller Kehle an, kaum haben wir das Kinotheater verlassen. Noch immer umklammert er schmerzhaft mein Handgelenk, als wäge er ab mir an Ort und Stelle den Hals umzudrehen oder mich lieber vor das nächstbeste fahrende Auto zu werfen.

»Du tust mir weh«, bringe ich erstickt über die Lippen und versuche mich aus seinem Griff zu befreien, doch der tätowierte Junge ist zu sehr in seinem Zorn gefangen, als das er mich hätte hören können.

»Antworte mir verdammt noch mal!«
Tränen steigen mir in die Augen, die ich nicht aufzuhalten vermag. Meine Sicht verschwimmt und Evan wird zu einem unklaren Farbenspiel.

»Ich hasse dich!«, brülle ich ihn an und da lässt er mich endlich los. Durch den plötzlich nicht mehr vorhandenen Widerstand stolpere ich über meine eigenen Füße und strauchele. Bevor ich jedoch Bekanntschaft mit dem harten Asphalt des Parkplatzes machen kann, ist Evan schon zur Stelle und fängt mich auf.

»Maggie ...«, beginnt er, aber ich lasse ihn nicht ausreden.
Sobald ich meinen Körper wieder vollständig unter Kontrolle habe, schubse ich den Lockenkopf grob von mir und vergrößere den Abstand zwischen uns.

»Fass mich gefälligst nie wieder an!«, fauche ich und wische mir wütend die Tränen von den Wangen. »Ich bin es leid, ständig deinem Zorn und Spott ausgesetzt zu sein! Bei dem kleinsten Bisschen, was dir gegen den Strich geht, rastest du aus und schlägst mit Worten um dich, ohne darauf zu achten, wen du dabei verletzt! Warum zum Teufel bist du auf alles und jeden in der Welt sauer? Wieso bist du so ein beschissen schlechter Mensch?!«

»Ich weiß es nicht.«
Evans Stimme ist auf einen Schlag nicht mehr als ein Flüstern. Als er mich ansieht, glänzt das Grün seiner Augen voller Ernüchterung, sodass sich mein Herz schmerzhaft zusammenkrampft und ich mich frage, was Evan wohl zu dem gemacht hat, der er heute ist.

Evan streckt seine Hand nach mir aus, überlegt es sich allerdings im letzten Moment anders und lässt sie wieder an seine Seite sinken. »Maggie, es tut mir ...«

»Maggie!«
Verwundert erspähe ich hinter Evan eine weitere Person, die nicht nur ihn, sondern auch unsere Unterhaltung unterbricht.
»Dad?«
Plötzlich steht mein Vater direkt neben uns und ich beeile mich in einem unbeobachteten Moment meine Tränen zu trocken, bevor er seine Aufmerksamkeit von Evan abwendet.

»Hey Schatz, ich dachte, ich hole dich heute von der Arbeit ab. Entschuldige für die Verspätung, ich habe bei deiner Mutter wohl etwas die Zeit vergessen«, erklärt Dad peinlich berührt. »Hast du meine Nachricht gelesen?«
Nein, hätte ich aber besser tun sollen.
»Äh ja ... klar. Dad, das ist Evan Davis ... ein guter Freund. Wir kennen uns aus der Schule. Evan, das ist mein Vater David Frey«, sage ich schnell, damit keine unangenehme Stille auftritt.

»Freut mich dich kennenzulernen.« Dad gibt Evan die Hand und ich bin erstaunt, als Evan sie ergreift. In seinen Gesichtszügen ist ablesbar, wie unangenehm die Situation für ihn ist.
»Freut mich ebenfalls, Mr Frey.«
»Ich habe euch doch nicht gestört, oder?«, will Dad wissen, der die Anspannung zwischen Evan und mir bemerkt haben muss.

Ich beeile mich den Kopf zu schütteln, weil ich ahne worauf mein Vater hinaus will. Dass er mit seinen romantischen Gedanken total daneben liegt, kann er unmöglich ahnen.

»Nein, wir haben uns hier nur zufällig getroffen, stimmt’s Evan?«
»Genau. Ich hatte keine Ahnung, dass Maggie hier jobbt. Ja, wir sehen uns dann morgen in der Schule, Maggs. Mr Frey.«
Evan versucht sich an einem unbekümmerten Ton, doch er hört sich deutlich gezwungen an. Dad bemerkt es dennoch nicht.

»Netter Junge«, sagt Dad, während ich Evan mit den Augen folge und sehe, wie er in seinen schwarzen BMW steigt. Er fährt los und erst da bemerke ich, dass er Nici im Kino stehen gelassen hat. Aus irgendeinem Grund muss ich deswegen lächeln.
»Hm? Ja, ich denke, das ist er.«
Auf seine Art und Weise. Irgendwie ...

In meinen eigenen Gedanken versunken folge ich Dad zu seinem Wagen und steige auf der Beifahrerseite ein. Ausnahmsweise grübele ich einmal nicht über Shane oder meine Mutter nach und das, obwohl mein Vater direkt neben mir sitzt und gerade den Motor startet. Allein diese Tatsache ist bereits eine Überraschung für sich, die ich nicht erwartet hätte.

Ich frage mich, warum Evan auf seine Eltern so ausgesprochen negativ reagiert hat. Er wohnt nicht mehr zu Hause und das, obwohl seine Mutter anscheinend ein Kind erwartet ... oder ist sie vielleicht gar nicht seine Mutter? Dunkel erinnere ich mich daran eine weitere Frau auf den Bildern im Büro von Evans Dad gesehen zu haben ...

Dads müdes Seufzen reißt mich schließlich aus meinen Überlegungen. Er fädelt sich in den fließenden Verkehr ein und trommelt dabei unablässig mit den Fingern auf dem Lenkrad.

»Hör mal Maggs, deine Mutter und ich haben über die Sache am Freitag gesprochen. Und deine Mom hat ganz recht, es war unverantwortlich und leichtsinnig, dass du niemandem gesagt hast, wohin du gehst und nicht nach Hause gekommen bist.«

Reumütig senke ich den Blick und nicke zustimmend.
»Dad, ich weiß, dass ich falsch gehandelt und mich in Gefahr begeben habe. Und das tut mir unglaublich leid! Aber ich werde deswegen ganz bestimmt nicht den Kontakt mit meinen Freunden abbrechen, egal was Mom sagt.«

Ich fürchte, dass mein Vater dieselbe Meinung wie Mom vertritt, doch zu meiner eigenen Überraschung nickt er zustimmend.
»Und das verlange ich auch nicht von dir, Maggs. Ich kenne deine Mom und weiß, dass sie sagen wir ... eine voreingenommene Meinung hat. Aber wenn deine Freunde alle so nett wie dieser Evan sind, dann muss ich mir überhaupt keine Sorgen um dich machen. Und genau das werde ich ihr auch sagen.«

Nur gerade so kann ich ein entgeistertes Zucken meiner Mundwinkel verhindern, doch in einem Punkt hat er recht. Er muss sich um mich keine Sorgen machen.
»Danke, Dad.«
Mein Vater lächelt besonnen und das erste Mal, seitdem er von zu Hause ausgezogen ist, wird mir bewusst wie sehr ich ihn eigentlich brauche.

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