⊱Kapitel 43⊰

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»Du bist heute ziemlich still, Maggs. Ist alles in Ordnung? Wenn es dir noch nicht wieder gut geht, hat Jerry sicher nichts dagegen, wenn du gehen möchtest. Heute ist nicht viel los.« Cody mustert mich aus besorgten blauen Augen, während er den schwarzen Boden kehrt. Obwohl bereits kein Krümel Popcorn mehr zu sehen ist, verweilt er noch immer an derselben Stelle, um mich ansehen zu können.

Cody lügt, wie jeden Sonntag ist das Kino gut besucht. Er tut es mir zu liebe und damit ich mich nicht schlecht fühle, aber ich werde ihn nicht allein lassen, nachdem ich bereits gestern gefehlt habe.
»Schon okay, mir geht’s gut, wirklich.« Ich zwinge mich zu einem Lächeln, aber es scheitert kläglich.

Gestern habe ich mich in die Arme meiner Tante geflüchtet, aber ich weiß, dass ich das nicht länger tun kann. Spätestens heute Abend muss ich zurück nach Hause und meiner Mutter gegenübertreten. Auch wenn Caroline und Paul mir nur zu gerne noch eine Weile bei ihnen Unterschlupf gewähren würden, weiß ich doch, dass das nicht geht.

Das liegt nicht nur daran, dass meine Schulsachen noch in meinem Zimmer liegen, sondern auch, dass ich nicht ewig vor einer Unterhaltung mit meiner Mutter davonlaufen kann.

Cody wirkt nicht überzeugt und kommt zu mir hinter die Theke der Snackbar. Den Besen und die Kehrschaufel hat er noch immer in der Hand. Mit gesenkten Blick bearbeite ich die Theke mit dem gelben Lappen, bis auch der noch so kleinste Schmutzfleck beseitigt ist.

»Du musst nicht mit mir darüber sprechen, aber ich bin für dich da, falls du jemanden zum Reden brauchst.«
»Danke, Cody«, sage ich und bin hin- und her gerissen, ob ich mich ihm wirklich anvertrauen soll. Ehe ich die Entscheidung allerdings fällen kann, verkündet ein neuer Ansturm von Besuchern das baldige Ende der gerade laufenden Vorstellungen.

»Ich werde wohl den Kartenstand besetzen müssen«, meint Cody und kratzt sich verlegen am Kopf. Das schwarze Haar umrahmt sein immer etwas bleich wirkendes Gesicht.
»Schon gut, ich komme zurecht«, sage ich und diesmal gelingt das Lächeln. Cody sieht aus, als würde er noch etwas sagen wollen, doch dann schüttelt er den Kopf und macht auf dem Absatz kehrt.

»War der Typ gerade dein Freund?«
Meine Augen fliegen unaufhaltsam zu dem Jungen, der mich angesprochen hat, doch ich weiß bereits bevor ich ihn ansehe, dass es sich um Evan handelt. Seine Stimme würde ich unter Tausenden erkennen.

Vielleicht war es keine gute Idee Zara zu informieren, dass ich am Wochenende im Kinotheater arbeite. Mich beschleicht das dumme Gefühl, dass Zara für Evans Auftauchen verantwortlich ist, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, was der Grund dafür sein soll.

Evans Gesicht offenbart mir keine seiner Gefühlsregungen, als er die Hände lässig in den Taschen seiner löchrigen schwarzen Jeans vergräbt und auf mich zu schlendert.
»Wer, Cody?«, frage ich verdutzt.
»Wenn ich wüsste wie er heißt, hätte ich ihn nicht mit »Typ« angesprochen«, erinnert mich Evan spöttisch und stützt sich mit einer Hand auf der Theke ab.

»Nein, ist er nicht«, antworte ich schließlich, was Evan zum Grinsen bringt. Ich ignoriere es. »Was tust du hier?«
»Einen Film sehen und bei dir Popcorn bestellen.« Er sieht mich an, als sei ich geistig zurückgeblieben. »Was sonst?«
»Allein?« Skeptisch ziehe ich eine Augenbraue nach oben und gehe nicht auf seine Frage ein.

»Ich hätte dich ja eingeladen uns zu begleiten, aber wie es aussieht bist du schon beschäftigt. Hätte nicht gedacht, dass du in deiner Freizeit arbeitest.«
Ich glaube ihm nicht für eine Sekunde und sehe mit zusammengebissenen Zähnen an, wie hinter Evan eine aufgebrezelte Nici erscheint. Natürlich ist er nicht allein hier, Zara ist unschuldig. Es ist purer Zufall, dass wir uns heute begegnet sind.

»Viel Spaß«, sage ich halbherzig und arbeite seine Bestellung ab. »Buttertopping?«, frage ich und mache mir nicht die Mühe höflich zu klingen, als Nici an seiner Seite erscheint und sich wie eine läufige Hündin an ihn wirft. Ich selbst hasse das Buttertopping, doch den Gedanken behalte ich für mich.
»Nein.«
»Ja.«

Überrascht sehe ich die beiden an.
»Ja oder Nein?«
»Ja!«, wiederholt Nici und seufzt entnervt, als wäre ich zu dumm, um das Offensichtliche zu begreifen. Fragend blicke ich zu Evan, doch er gibt keine Widerworte, deswegen nicke ich und reiche Nici anschließend das Popcorn mit der gewünschten Butter.

»Ach Evan, wärst du bitte so nett und bestellst mir noch eine Cola? Ich gehe schon mal vor und suche uns einen schönen Platz!«, flötet Nici und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie damit die hinterste Reihe meint. Sie wirft mir über ihre Schulter einen triumphierenden Blick zu, den ich mit einer Mischung aus Verwirrung und Ärger zur Kenntnis nehme.

»Also noch eine Cola?«, hake ich nach und diesmal nickt Evan nur.
»Das macht dann sechs Dollar«, teile ich ihm mit und schiebe ihm das gewünschte Getränk zu. »Reizende Freundin, die du da hast«, sage ich, ehe ich mich bremsen kann und hätte mich kurz darauf am liebsten selbst geschlagen.

Evan sieht mich mit zusammengezogen Augenbrauen irritiert an, sodass auf seiner glatten Stirn eine Falte entsteht.
»Sie ist nicht meine Freundin«, antwortet er tonlos und reicht mir die Geldscheine. Unsere Finger berühren sich für einen Augenblick, als ich sie entgegennehme und ein angenehmes Kribbeln schießt durch meine Fingerspitzen.

»Weiß sie das auch?«
Fest blicke ich in die unendliche Tiefe seiner grünen Augen, aber in dem Moment als ich so etwas wie Unsicherheit in ihnen zu erkennen glaube, dreht sich Evan wortlos um und geht.

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