⊱Kapitel 12⊰

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Evans charmantes Grinsen verschwindet, sobald er mich entdeckt. Wütend starrt er mich an. Das Mädchen, welches er wohl gerade vögeln wollte, wirft mir einen vernichtenden Blick zu und richtet unbeeindruckt ihre beneidenswerte dunkle Lockenmähne.

Ihr nachtblaues Kleid zeigt mehr als es versteckt und bringt ihre hellbraune Latino-Haut noch besser zur Geltung. Kein Wunder, dass Kerle wie Evan nicht von ihr lassen können, sie ist wunderschön und genau das weiß sie auch.

»Willst du zuschauen oder haust du endlich ab?«, will sie genervt wissen und sobald sie den Mund aufmacht, wird mir klar, warum Evan auf sie steht. Höflichkeit scheint jedenfalls auch bei ihr nicht unbedingt an erster Stelle zu stehen.

»Den Anblick erspare ich mir lieber«, antworte ich bissig, mutig geworden durch den Ärger Shane nicht finden zu können und stattdessen ausgerechnet Evan erneut begegnen zu müssen.

Ohne beide noch eines Blickes zu würdigen, schiebe ich mich grob an ihnen vorbei. Ausnahmsweise hält Evan die Klappe, vielleicht weil er befürchtet ich könne ihm gerade die Tour vermasselt haben. Warum sie nicht ein Schlafzimmer, sondern stattdessen das Büro nehmen, versuche ich gar nicht erst zu hinterfragen.

Stattdessen fordere ich noch einmal mein Glück heraus Shane zu finden. Ich stoße die nächstbeste Tür auf und damit beinahe auch einen spitzen Schrei.

Das kann doch nicht wahr sein.

Ich versuche den Drang zu unterdrücken, mir in den Arm zu kneifen und zu überprüfen, ob ich träume. Aber meine Augen trügen mich nicht. Tatsächlich handelt es sich bei dem Jungen um Shane, der in einem weiteren Schlafzimmer auf dem Bett sitzt.

Doch er ist nicht allein. Auf seinem Schoß räkelt sich ein mir unbekanntes Mädchen und schiebt meinem besten Freund hemmungslos die Zunge in den Hals.
M

ir dreht sich der Magen um und ich spüre, wie ich zurück stolpere. Ich schlage die Tür zu und trete die Flucht an. Es ist mir egal, ob die beiden es gehört haben.


Das Déjà-vu bricht mit halsbrecherischer Geschwindigkeit über mir zusammen. So habe ich damals Zack erwischt. Ebenfalls eine Party, es war Alkohol geflossen und er hatte etwas »dummes gemacht«. Ich hasse Caesy, aber niemand verdient es von seinem Freund betrogen zu werden.

Ich bin so sauer auf Shane, dass mir Zornestränen über die Wangen laufen. Nun werde ich definitiv ohne ihn gehen. Soll er doch weiterhin seinen Spaß haben!

Mir ist bewusst, dass ich Shane in diesem Moment Unrecht tue und es mir nicht zu steht wütend auf ihn zu sein, schließlich geht mich seine Beziehung mit Caesy nichts an. Ich kenne seine Gefühle zu ihr nicht und wie ihre Beziehung in letzter Zeit verlaufen ist, aber es ärgert mich trotzdem, ihn an derselben Stelle vorfinden zu müssen, wie einst Zack.

Weil ich nicht darauf achte, wohin ich gehe, ist es kein Wunder, dass ich nach wenigen Schritten gegen eine Person pralle, die wahrscheinlich gerade das Badezimmer gesucht hat.
»Pass gefälligst auf!«, schnauzt er mich an, wobei sich die feinen Härchen in meinem Nacken aufstellen.

»Tut mir leid«, murmele ich erschöpft und will mich an Evan vorbeischieben, doch er lässt es nicht zu. Wie es aussieht habe ich ihm tatsächlich die Tour vermasselt und nun will er sich dafür Luft machen.

Doch hingegen meiner Erwartung, ist seine Stimme plötzlich ruhiger.
»Weinst du etwa?«
Ich spüre seine schlanken, warmen Finger unter meinem Kinn, als er es sachte anhebt, damit ich ihm in die Augen sehen muss. Sie sind Grün, Smaragdgrün.

Bisher ist mir das nicht aufgefallen, vermutlich, weil wir uns bis jetzt nie direkt in die Augen geblickt haben.

Als ich sie betrachte, liegt in dem faszinierenden Grün weder Schalk noch Spott, stattdessen erkenne ich ehrliche Verwunderung und etwas was beinahe aussieht wie Besorgnis, aber auch durchaus Unsicherheit hätte sein können.

»Ist alles in Ordnung mit dir?«

Evan ohne sarkastische Bemerkung oder verletzende Worte?

Ich bin so überrascht über sein Verhalten, dass ich sofort abwehrend reagiere.
»Schon gut, du musst dich nicht um mich kümmern. Ich komme ganz gut allein zurecht«, erwidere ich knapp und umfasse mit meiner Hand seine, um sie von meinem Kinn zu lösen.

»Wie kommst du darauf, dass ich mich um dich kümmern will?«, spotte Evan und erfüllt somit wieder meine eigentlichen Erwartungen an ihn.
Ich wische die Tränen von meinen Wangen und verschwinde wieder nach unten, wobei ich ihm allerdings eine Antwort schuldig bleibe.

»Und hast du Spaß, Maggie?«
Kota und Zara kommen in holprigen Schritten auf mich zu, wobei sie beide dämlich grinsen. Zara, die sich an den hochgewachsenen Jungen klammert, als hing ihr Leben von ihm ab, zieht einen Schmollmund, als ich ihr mitteile gehen zu müssen.

»Aber du bist doch noch gar nicht lange hier!«, jammert sie und nimmt mich genau unter die Lupe. »Und noch nicht mal beschwipst! Du bist stocknüchtern!«

Ich hebe beschwichtigend die Hände, habe aber tatsächlich keine Lust mehr mich zum Bleiben überreden zu lassen.
»Leute, lasst sie ruhig gehen. Ihr seht doch, dass die Kleine zu spießig ist um richtig zu feiern. Sieht man schon an ihren Klamotten. Wir brauchen sie hier nicht.«

Ich wirbele zu Evan herum, der die Hände in seine schwarze Jeans geschoben hat und entspannt am Treppengeländer lehnt. Zornig funkele ich ihn an, was bei ihm allerdings nur ein abgehobenes Grinsen zur Folge hat.

Am liebsten hätte ich ihm in diesem Moment jedes Kopfhaar einzeln ausgerissen, aber ich hätte schwören können, dass er mich mit Leichtigkeit hätte abwehren können.

Ich habe zwar keine Ahnung, welchen Sport Evan ausübt, aber an seinem Körper klebt nicht ein einziges Gramm Fett. Er ist unübersehbar durchtrainiert und mit den vielen Tattoos, strahlt er die klischeehafte und zudem einschüchternde Bad Boy Aura aus.

»Was? Klar brauchen wir sie hier, sie ist meine Freundin!«
Zaras gelalltes Geständnis lässt mein Herz kurzzeitig erwärmen, aber es tröstet mich dennoch nicht über den miserablen Abend hinweg. So wütend, wie es der Alkohol in ihrem Blut zulässt, starrt sie Evan an.

»Lass gut sein, Zara«, sage ich beruhigend, bevor es meinetwegen noch zum Streit zwischen den beiden Freunden kommt. »Evan hat recht, ich sollte gehen.«
»Aber ...!«, setzt Zara an, doch da schreitet Kota ein und legt ihr eine Hand auf die Schulter. Ich lächele ihn dankbar an, aber er bemerkt es nicht.

»Bis Montag, die Party war super«, versichere ich Zara, obwohl es nicht stimmt und umarme sie zum Abschied, wobei mich ihr violettes Haar im Gesicht kitzelt.
»Tschüss.«

Als ich in die angenehme Nachtluft hinaustrete und Zaras Haus hinter mir lasse, atme ich erleichtert auf. Ich laufe zurück nach Hause, wobei ich bewusst nicht zurückschaue, um mein Unterbewusstsein nicht anzustacheln, sich imaginäre Verfolger einzubilden.

Als schließlich endlich das Haus meiner Mutter auftaucht, gehe ich eiligen Schrittes darauf zu, um die Haustür zu öffnen und den Abend so schnell wie möglich hinter mir zu lassen.

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