⊱Kapitel 73⊰

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Als Shane kommt, um mich abzuholen, stelle ich überrascht fest, dass er nicht allein ist. Shane blickt mich entschuldigend an und kratzt sich nervös am Hinterkopf.
»Tut mir leid, Maggs. Ich wollte sie wirklich nicht mitnehmen, aber sie ließ sich einfach nicht abschütteln, nachdem ich ihr schon nicht erzählt habe, wo genau du bist.«

»Ich habe mir eben Sorgen um meine beste Freundin gemacht, nachdem dieser Vollidiot es gewagt hat, so eine Scheiße zu verzapfen!« Zara drängt sich an Shane vorbei, um mich fest zu umarmen. »Er hat dich überhaupt nicht verdient, Süße. Du bist viel zu gut für ihn und keine Sorge, ich hab ihm schon richtig in den Arsch getreten für diese Aktion.«

»Danke, ich freue mich dich zu sehen«, flüstere ich und blinzele die Tränen in meinen Augen weg. »Können wir los?«
Ich muss unbedingt auf andere Gedanken kommen, auch wenn ich weiß, dass Zara es nur gut mit mir meint.
»Klar«, stimmt Shane bereitwillig zu.

~*~

Das Museum ist riesig und erstreckt sich über mehrere Stockwerke. Sobald wir es betreten, spüre ich wie ich zwischen all den Kunstwerken zur Ruhe komme und gleichzeitig die Zeit mit meinen Freunden genieße.
Shane und Zara schaffen es tatsächlich mich von meiner Trauer und Evan abzulenken und mich zum Lachen zu bringen.

Während wir durch das Museum gehen und ich in die vergangenen Epochen der Kunst eintauche, sticheln die beiden miteinander und ziehen sich gegenseitig auf. Ich bin froh, dass sie sich endlich vertragen und wie richtige Freunde miteinander umgehen, selbst wenn sie sich nur meinetwegen zusammenreißen sollten.

Wir haben noch lange nicht alle Ausstellungsstücke gesehen, als Shanes Magen plötzlich lautstark zu knurren beginnt. Verlegen steigt meinem besten Freund die Röte ins Gesicht.
»Glaubst du wir könnten eine kurze Pause machen und etwas zu Essen besorgen?«, will er wissen und sieht in meine Richtung.

»In der Nähe habe ich vorhin ein paar hübsche Restaurants gesehen. Wir könnten etwas essen gehen und später noch mal herkommen«, schlägt Zara vor, obwohl ich ihr ansehe, dass sie nicht begeistert wirkt wieder herkommen zu müssen. Anscheinend weiß sie mit Kunst ebenso wenig anzufangen wie mein Vater. »Oder was meinst du?«

»Wie wäre es, wenn ihr beide etwas essen geht und ich, in sagen wir, einer halben Stunde, nach komme? Ich möchte mich nur noch ein wenig umsehen, dauert also nicht lange«, versichere ich.

Unschlüssig sehen die beiden erst mich und dann sich selbst an, als würden sie abschätzen, ob sie mich auch wirklich allein lassen können. Ich verdrehe die Augen und stemme die Arme in die Hüften.

»Hey, ich bin kein kleines Kind mehr. Ich brauche keinen Babysitter und kann gut auf mich selbst aufpassen. Und keine Sorge ich laufe schon nicht Gefahr mir an einer der Skulpturen die Pulsadern aufzuschneiden.«

Shane zuckt zusammen, aber auf Zaras blutroten Lippen breitet sich ein dickes Grinsen aus. Sie packt Shane am Arm und zieht ihn mit sich.
»Wir sehen uns später!«, ruft sie mir über die Schulter hinweg zu, was mich dazu bringt lächelnd den Kopf zu schütteln.

Es finden gerade mehrere Führungen statt, weswegen ich Mühe habe mich durch die Menschen zu quetschen, um zu dem Bild zu gelangen, was ich mir schon die ganze Zeit anschauen möchte. Ich stehe noch nicht einmal lange dort, als sich jemand zu mir gesellt und mich anspricht.

»Na, bist du hier um dir Inspiration für dein nächstes Graffiti zu holen?«
»Ron?«
»Der einzig Wahre.«

Er zwinkert mir zu, doch ich erkenne ihn kaum wieder. Nichts erinnert mehr an den waghalsigen Sprayer, den mir Evan einst vorgestellt hat. Das zerzauste blonde Haar hat er ordentlich nach hinten gekämmt und die abgewetzte Jeans gegen einen makellosen blauen Anzug getauscht. Bei unserer ersten Begegnung habe ich ihn auf neunzehn geschätzt, doch nun wirkt er eher wie fünfundzwanzig.

Ron reicht mir zur Begrüßung die Hand und unterstreicht damit meinen Verdacht, dass er in Wirklichkeit älter ist, als ich angenommen habe.
»Seit wann trägst du Anzug?«, will ich grinsend wissen und muss mir ein Lachen verkneifen. Ron, der unwohl an seiner schwarzen Krawatte zupft, seufzt tief.

»Mein Vater meint, ich solle etwas mehr Eindruck bei den Käufern meiner Werke schinden und das würde in Jeans und T-Shirt nicht funktionieren. Sieht schrecklich aus, was?«
»Nein«, erwidere ich schnell. »Es könnte durchaus schrecklicher sein«, füge ich hinzu.

Die Wahrheit ist, dass sein Vater durchaus recht hat. Im Anzug wird er die weiblichen Käufer sicherlich von seinen Gemälden überzeugen können, was vielleicht nicht einmal nötig sein wird, wenn sie genauso gut sind wie seine Graffitis.

Ron wirkt deutlich zufrieden über meine Antwort.
»Vielen Dank. Komplimente von hübschen Frauen nehme ich doch immer gerne an«, verkündet Ron und zwinkert mir unverblümt zu, aber ich bin nicht in der Stimmung um zu flirten. Das scheint auch Ron zu bemerken.

Er räuspert sich verlegen.
»Tut mir leid, ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Ich weiß ja, dass Evan und du ein Paar seid.«
»Um ehrlich zu sein, sind wir das nicht mehr«, murmele ich und wende mich ab, doch Ron folgt mir.
»Er hat auf Keith gehört? Ich kann nicht fassen, dass er das getan hat!«

»Keith?«
Dieser Name ist mir in den letzten Wochen schon das ein oder andere Mal begegnet, aber ich habe noch immer keine Ahnung wer er ... nein, hat Nici ihn nicht mal als ihren Cousin bezeichnet? Oder irre ich mich?
»Wer ist Keith und was meinst du damit, dass Evan auf ihn gehört hätte?«

Rons braune Augen verdunkeln sich und ein Schatten huscht über sein Gesicht, bevor er mit tiefer Stimme antwortet: »Ein Verbrecher.«

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