⊱Kapitel 15⊰

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Sobald ich das Kinotheater Harkins Theatres betrete, kommt auch schon mein drei Jahre älterer Arbeitskollege Cody Newton auf mich zu. Er wirkt erleichtert mich zu sehen, was mich nicht weiter verwundert, schließlich ist der erste Ansturm für die Filme, die pünktlich um 15.00 Uhr starten gerade erst vorüber.

»Zum Glück bist du endlich da, Maggs! Simon ist ausgefallen, weil er sich den Magen verdorben hat und Gwen hat wegen eines Familienproblems eher Schluss gemacht. Jerry dreht wahrscheinlich gerade in seinem Büro komplett durch, weil wir unterbesetzt sind.«

Schlimmer hätte es uns nicht treffen können. Ich nicke ernst, während ich frage: »Wie viele sind wir?«
Cody verzieht das Gesicht. Seine Antwort wird mir nicht gefallen.

»Abgesehen von Jerry, dir und mir ist nur noch Jamie da«, sagt er, während er bereits mit dem Wischmopp davon eilt, um in der Snackbar für Ordnung zu sorgen. Ich folge ihm und erblicke ein Chaos aus zertretenen Tortillas, Popcorn, Karamellsoße und etwas, was ich lieber nicht genauer wissen möchte.

»Kann ich helfen?«, frage ich sofort, obwohl ich heute eigentlich für den Kartenverkauf eingeteilt bin.
Cody winkt ab. Mir fällt auf, dass sich in Codys schwarzen Haaren einige Popcornkrümel verfangen haben.
»Ich schaff das schon. Melde dich lieber bei Jerry und gib Entwarnung.«

Jerry ist ein fairer Arbeitgeber und bezahlt mich gut. Er ist immer freundlich, aber gleichzeitig macht er sich auch stetig zu viele Sorgen. Als ich an sein Büro klopfe, mache ich mir nicht die Mühe auf eine Antwort zu warten. Wenn er mal wieder mitten in einer Midlife-Crisis steckt, reagiert er meist sowieso nicht auf die Geräusche seiner Umgebung.

Wie ich bereits angenommen habe, sitzt Jerry inmitten eines Papierberges und starrt mit leerem Blick die gegenüberliegende Wand ein. Jerry Connor ist ein rundlicher Mann in den fünfzigern, doch sein Alter sieht man ihm nicht an. Mit dem dichten blonden Haar und den wachsamen grauen Augen wirkt er eher wie Anfang vierzig.

»Jerry, alles klar?«, frage ich und bin überrascht ihn sofort aus seiner Trance reißen zu können. Jerry blinzelt ein Paar Mal, dann springt er plötzlich von seinem Schreibtischstuhl auf. Er sieht mich an, als wären seine letzten Hoffnungen gerade lebendig geworden.

»Wir schaffen das, nicht? Wir stecken noch nicht in einer Krise, weil zwei meiner Mitarbeiter fehlen, richtig? Schön das du hier bist, Maggie! Ich bin zuversichtlich, dass alles gut werden wird und gehe sofort zu Jamie um ihm beim Reinigen von Kinosaal drei zu helfen. Ich verlasse mich auf Cody und dich.«

Eine weitere Eigenschaft von Jerry: er ist immer in Eile. Nicht selten wirkt er gehetzt, obwohl er eigentlich nichts zu tun hat.

Meine Tasche verstaue ich im Pausenraum, bevor ich mich wieder zu Cody geselle. Obwohl er meine Hilfe vorhin abgelehnt hat, besorge ich nun neue Pappschachteln für das Popcorn und wische den Tresen ab. In der Zwischenzeit hat Cody bereits den Boden gereinigt.

»Was hast du vorhin eigentlich zu Jerry gesagt? Er hat mich seinen besten Mann genannt?«, fragt mich Cody mit gerunzelter Stirn, als er zurückkommt. Er hat die zwei vollen schwarzen Müllsäcke in den Containern hinter dem Gebäude entsorgt.

»Nichts um ehrlich zu sein. Ich habe ihn nur gefragt, ob alles in Ordnung ist. Dann ist er plötzlich aufgesprungen und hat angefangen positiv zu denken«, fasse ich zusammen.

»Sieht Jerry nicht ähnlich«, murmelt er, zuckt dann allerdings die Schultern. »Danke für deine Hilfe, Maggs.«
»Dafür sind Freunde doch da«, erwidere ich lächelnd.

Nachdem ich mich versichert habe, dass es nichts mehr zu tun gibt, lasse ich Cody an der Snackbar zurück und besetze den Kartenschalter in jener Sekunde, als die Vorstellungen enden und die Kinobesucher auf den Ausgang zu stürmen. Von diesem Moment an kann ich auf die Uhr schauen und die Sekunden zählen. In weniger als fünf Minuten werden bereits die nächsten Leute eintrudeln. Und ich täusche mich nicht.

Innerhalb von zwei Minuten, hat sich im Foyer eine lange Schlange gebildet, die mich dazu zwingt die Karten im Akkord zu verkaufen. Jerrys Kinotheater ist eines der beliebtesten von Phoenix, was sich bei dem jetzigen Ansturm deutlich bemerkbar macht.

Während ich einem Mädchen höflich erkläre, dass sie mit dreizehn noch zu jung für einen Film ab achtzehn ist, denke ich ununterbrochen an Shane. Ob er schon mit Caesy gesprochen hat? Ich stelle mir vor, wie Caesy auf Shanes Nachricht reagiert und werde in meine eigene Vergangenheit zurückgeschleudert.

Zack hatte mich damals um Vergebung gebeten.
»Vanessa Smith bedeutet mir nichts!«, hatte er versucht mich zu überzeugen ihm noch eine Chance zu geben. Ich hatte es nicht getan. Stattdessen hatte ich den Punsch über ihn geleert und war von der Party gestürmt, nur um mich anschließend in Shanes Arme zu flüchten und zu heulen.

Es hat lange gedauert, bis ich schließlich über ihn hinweg gekommen bin, schließlich sind wir zu diesem Zeitpunkt schon neun Monate lang ein Paar gewesen. Doch irgendwann verblasst selbst die letzte schöne Erinnerung und nur die schlechten bleiben noch zurück. Wenn ich ehrlich zu mir bin, weiß ich mittlerweile nicht mal mehr, wie sich seine Küsse angefühlt haben ...

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als ein bekanntes Gesicht vor den Schalter tritt. Überrascht halte ich die Luft an, während Caesys Lächeln in sich zusammenfällt.

»Du?«, keift sie schon fast, doch ich starre unverblümt den Jungen neben ihr an, der eine Hand um die Taille der unechten Rothaarigen geschlungen hat. Es ist nicht Shane, aber ich kenne ihn, weil er in meinem Jahrgang ist. Sein Name ist Jordan.

»Hi, Caesy«, erwidere ich trocken, weil ich schon längst durchschaut habe, was hier läuft. Da bringt es auch nichts, dass Jordan merklich von ihr abrutscht.
»Ich bin nicht mehr mit Shane zusammen«, rechtfertigt sich Caesy sofort, während Jordan die Karten bezahlt.

Sofort wird mir klar, dass Caesy meinen besten Freund schon lange auf der Abschussliste hat. Das Shane sich gestern einen Fehltritt erlaubt und ihr diesen gebeichtet hat, kommt ihr vermutlich nur gelegen, um nicht ihren eigenen zugeben zu müssen.

Ich nicke teilnahmslos, doch innerlich zittere ich vor Zorn. Caesy scheint das Beziehungsaus recht zu kommen, doch ich kenne eine Person, die am Boden zerstört sein wird, weil dieser im Gegensatz zu Caesy echte Gefühle für sie verspürt hat.

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