⊱Kapitel 34⊰

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Evan und ich haben beide kein Wort über den Kuss verloren. Wenn wir uns in den darauf folgenden zwei Wochen in der Schule über den Weg gelaufen waren, haben wir uns schlicht ignoriert und in den Mittagspausen, vermeidet er es immer tunlichst in meine Richtung zu sehen und das, obwohl wir mittlerweile immer alle am selben Tisch sitzen und zusammen essen. Weder Zara, noch Shane oder den anderen fällt die Veränderung in Evans Verhalten auf und das ist auch gut so.

Ich genieße die Gesellschaft von Zaras Freunden. Dylan ist wirklich nett, wenn man von der Einladung zum Ball einmal absieht und Ian der wohl mit Abstand größte Spaßvogel, der mir jemals untergekommen ist. Andauernd reißt er Scherze, meistens auf seine eigenen Kosten. Er hat einen unvergleichlichen Humor.

Obwohl ich anfangs selbst von Vorurteilen überhäuft gewesen bin, muss ich zugeben, dass Körperschmuck bei weitem nichts über den Charakter eines Menschen aussagt.

Tattoos und Piercings machen Ian nicht gleich zu einem Kriminellen, genauso wenig wie Zaras violettes Haar und die vielen Ohrringe sie zu einer Prostituierten machen, wie die neuste Version von Caesys Klatsch und Tratsch lautet.

Dieses Mädchen ist unausstehlich und ich verstehe nicht, wie Shane jemals mit ihr zusammen sein konnte. Seitdem Caesy mit Shane Schluss gemacht hat, hat dieser seltsamerweise noch kein weiteres Wort über sie verloren.

Wenn es ihn noch immer sehr verletzt, dann lässt er sich jedenfalls nichts anmerken. Was man allerdings deutlich feststellen kann ist, dass Shane im Gegensatz zu mir einzig und allein die Gesellschaft von Kota nichts auszumachen scheint.

Die anderen vier scheint er nicht wirklich zu mögen und nur mir zu liebe zu dulden. Das lieg vermutlich daran, dass er Kota bereits vorher schon vom Footballtraining kennt und der zurückhaltendste und zugleich am wenigsten tätowierte von ihnen ist.

Obwohl es schulisch viel zu erledigen gibt, findet Zara jedes Wochenende die Zeit zu irgendeiner Party zu gehen und schreibt dennoch gute Noten. In derselben Zeit, lerne ich fast durchgehend zusammen mit Shane für die anfallenden Tests. Das Verhältnis zu meiner Mutter, hat sich schließlich auch wieder etwas gebessert, nachdem sie begriffen hat, dass Zara keinen Einfluss auf meine Noten nimmt.

Dass ich mich weiterhin mit ihren und jetzt auch meinen Freunden treffe, kann sie allerdings nicht ahnen, weil weder Shane noch ich es ihr erzählt haben. Auch so nehme ich mir, seit ich Zara kenne, des Öfteren deutlich mehr Freiheiten heraus als früher.

Im Endeffekt bedeutet dies allerdings nur, dass ich ab und an etwas mehr Make-up auftrage und mir mit meinem angesparten Geld zusammen mit Zara neue Klamotten kaufe. Etwas anderes als Blusen und Jeanshosen, haben meinem Kleiderschrank gutgetan.

Nach einer wohltuenden Dusche, schlüpfe ich schließlich in die Klamotten, die mir Zara für den heutigen Abend herausgelegt hat. Ein schlichtes, dafür aber eng anliegendes schwarzes Top und einen marineblauen, nicht zu kurzen Rock. Mein Haar bearbeite ich selbst so lange, bis es mir in glänzenden Wellen über die Schultern fällt.

»Wow du siehst mega sexy aus«, verkündet Zara, die bereits fertig gestylt auf meinem Bett sitzt und wie immer fantastisch aussieht. Sie betrachtet mich kurz, danach durchsucht sie ihr Repertoire von Make-up nach etwas passendem.

»Danke«, antworte ich und lasse mich neben sie nieder. Ich habe mich schließlich doch noch von ihr breitschlagen lassen, sie auf die Party irgendeines Typen zu begleiten.

Bereits die ganze Woche über hat sie mich immer wieder darum gebeten und irgendwie habe ich schlussendlich dann doch zu gestimmt, nur mit einem klitzekleinen Zusatz zu letztem Mal. Shane würde uns nicht begleiten.

Er verbringt das Wochenende bei seinem Onkel und da meine Mutter eine Doppelschicht im Krankenhaus übernehmen muss, wird auch sie nichts davon erfahren. Beide wären ganz bestimmt gegen die Party gewesen, dabei möchte ich nachdem ganzen Stress der letzten Wochen nichts lieber, als etwas Spaß zu haben.

Zara beginnt damit mein Make-up aufzutragen und ich versuche dabei nicht darüber nachzudenken, dass Zara es übertreiben und ich am Ende wie ein Panda aussehen könnte. Um mich selbst abzulenken, stelle ich Zara eine Frage, die mich bereits seit längerem interessiert.

»Sind Evan und Nici ein Paar?«
Zara scheint nicht überrascht zu sein und fährt ohne Unterbrechung mit meinem Make-up fort. Sie lächelt leicht.
»Nein, soweit ich weiß nicht. Kleine Techtelmechtel haben sie natürlich schon miteinander, schließlich ist er nicht gerade von der hässlichen Sorte Mann, verstehst du? Aber eine richtige Beziehung ist nichts für Evan, glaub mir.«

»Verstehe.«
»Hat es einen bestimmten Grund, dass du fragst?«
»Nein, natürlich nicht!«
Zara wirkt nicht überzeugt, verkneift sich allerdings einen Kommentar.

»Na wie dem auch sei. Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber Evan ist nicht gerade der Typ, der gerne über sich und sein Leben spricht. Vermutlich hat es irgendetwas mit seinen stinkreichen Eltern zu tun, bei denen er aber nicht mehr wohnt.«

»Evan wohnt nicht mehr bei seinen Eltern?«
»Nein, er ist in irgendeine WG von Studenten gezogen, kaum das er achtzehn geworden ist. Meines Wissens nach wohnt er mit vier weiteren Typen zusammen. Zu Hause hat er es wohl nicht mehr ausgehalten.«

So wie Zara davon spricht, klingt es, als wäre es keine große Sache. Aber für Evan muss es die größte der Welt sein. Was ist so schlimm, dass man es bei seinen eigenen Eltern nicht mehr aushält?

Zara ist es schließlich, die meine Gedanken diesbezüglich unterbricht und einen Spiegel vor mein Gesicht hält.
»Fertig«, verkündet sie strahlend. »Wie gefällt es dir?«

Zara hat noch mehr Make-up verwendet, als ich es für gewöhnlich tue, aber sie hat nicht übertrieben. Es sieht hübsch aus und passt mit Tönen aus Blau und Schwarz zum Konzept des Outfits.

»Wundervoll«, erwidere ich.
»Na dann lass uns los. Kota hat mir geschrieben, dass er bereits unten auf uns wartet.«

Ich nicke und folge ihr mit wackeligen Schritten die Treppe hinunter. Zara hat mich dazu genötigt ihre schwarzen Absatzschuhe anzuziehen, in denen ich allerdings nicht richtig laufen kann. Schon mal kein gutes Zeichen.

Wenn der Abend mal kein Fehler wird.

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