⊱Kapitel 4⊰

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»Ich würde mal sagen, die Tour findet doch statt«, wispert Shane amüsiert in mein Ohr, kaum betreten wir Seite an Seite die Cafeteria. Zara sitzt lächelnd an einem der Tische, wobei es sie nicht zu stören scheint, allein zu sein.
Als sie mich bemerkt springt sie auf und kommt mit einem erfreuten Ausdruck im Gesicht und leuchtenden grauen Augen auf uns zu.

»Du kannst gerne mitkommen«, entgegne ich im Flüsterton, in einem letzten Versuch auch ihn für diese Sache einspannen zu können. »Wird bestimmt lustig werden.«
»Oh ja und wie. Sorry Maggs, doch ich verzichte. Mein Magen stopft sich nicht von allein. Caesy wartet schon auf mich.«
»Verräter«, grummele ich, als auch schon Zara neben mich tritt.

Ich seufze innerlich und beginne gleichzeitig eine imaginäre Rede, um mich selbst positiv zu stimmen und zu motivieren. Klappt allerdings nicht wirklich. Ich habe noch immer wenig Lust auf diesen Mist, den Ms Miller mir eingebrockt hat.

»Und bist du so weit jeden Raum unsere Schule kennenzulernen, Zara?«, versuche ich einen enthusiastischen Tonfall anzuschlagen.
»Kommt darauf an, ob du mir auch den Treffpunkt der heißen Typen zeigst. Ich bin gerade Single und habe nicht vor, es lange zu bleiben!«, erwidert sie lachend.

Ich schüttele leicht den Kopf, insbesondere, weil sie damit unabsichtlich beginnt meine Vorurteile zu bestätigen. Nicht, dass ich Zara für ein Betthäschen halte, aber irgendwie habe ich schon damit gerechnet, dass sie bereits mehrere Beziehungen hinter sich hat.

»Ähm klar«, sage ich diplomatisch und beginne mit der Führung, indem ich mich an einem rundlichen Jungen mit üblem Schweißgeruch vorbeischiebe, der gerade den Ausgang verstopft. »Ich nehme an, die Wand direkt neben dem Eingang kommt der Sache ziemlich nahe. Dort treffen sich immer die Sportler.«

Alle bis auf Shane, weil er im Gegensatz zu seinem restlichen Team nicht abgehoben ist.

Während ich mit dem Kunstraum und den Klassenzimmern anfange, um mich zur Bibliothek und zur Bühne für den Theaterclub hochzuarbeiten, erweist sich Zara als wahrer Freigeist. So wie es aussieht, wird sie bald jeden Club unsicher machen, den unsere Schule zu bieten hat.

»Und das hier ist das Footballfeld«, schließe ich nach einer vergeudeten Mittagspause und mit knurrendem Magen. Wie soll ich bloß bis heute Nachmittag durchhalten?

»Danke, dass du mir alles gezeigt hast. Das war wirklich lieb von dir, Maggie.« Mit ihrem ehrlich gemeinten Dank, kann ich nicht anders, als Zara als sympathisch einzustufen. Vielleicht hat sich Shane geirrt und wir können doch gute Freunde werden. Vorausgesetzt Zara möchte mit uns befreundet sein.

Gerade als sich mein Bild von Zara ins Positive kehrt, ertönte hinter uns ein Pfiff. Irritiert wende ich mich um und sehe mich einer dreiköpfigen Jungengruppe gegenüber. Ich habe sie alle bereits öfters gesehen, weswegen sie für mich keine wirklichen unbekannten sind.

Ihre Namen kenne ich allerdings nicht, denn dafür hat mein Interesse schlussendlich nicht ausgereicht. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass sie alle Seniors sind. Allein ihr selbstsicheres Auftreten spricht schon dafür.

»Na Cousinchen, solltest du nicht langsam mal wieder in den Unterricht gehen?«, lacht ein Junge, der sein schwarzes Haar zu einem Zopf gefasst trägt und in dessen Gesicht Metall glänzt.

Das muss wohl auch der gewesen sein, der eben gepfiffen hat. Mein Blick bleibt an seinen muskulösen Armen haften, aber nicht, weil ich auf Kraftpakete abfahre, sondern jedes Fleckchen Haut des Jungen mit bunten Tattoos überseht ist.

Als ich den Rest der Gruppe unauffällig mustere, stellte ich fest, dass jeder von ihnen tätowiert ist. Auch, wenn die beiden anderen wohl eher auf schwarz-weiß und graue Tattoos stehen, stechen sie trotzdem aus der breiten Menge der Schülerschaft heraus. Ich glaube den mit den mandelförmigen, braunen Augen aus der Mannschaft des Footballteams wiederzuerkennen.

»Als ob mich feste Zeiten je gestört hätten«, erwidert Zara grinsend und begibt sich zu ihnen, während ich unsicher ein Stück zurückbleibe. Pferdeschwanz lacht, während mich nun ihrerseits die Jungs schamlos begaffen.
Gerade als ich beschließe zu gehen, scheint Zara aufzufallen, dass es mich noch immer gibt.

»Oh, tut mir leid!«, meint sie aufrichtig und beschämt. Ich bin ihr nicht einmal böse deswegen, weil ich gar nicht vorgestellt werden, sondern lieber verschwinden möchte. »Maggie, das hier sind meine Freunde und mein Cousin. Wir kennen uns alle schon viele Jahre.«

»Ian Carter, mein Name«, grinst Pferdeschwanz und ich antworte mit meinen Namen.

Das meine Stimme sich dabei so dünn und eingeschüchtert anhört, als wäre ich noch immer ein kleines fünfjähriges Mädchen scheint Zaras Cousin nicht aufzufallen. Ich hasse mich selbst dafür, dass mein Tonfall in der Gegenwart von Erwachsenen und Fremden einem Kätzchen ohne Krallen gleicht, kann aber nicht wirklich etwas daran ändern.

»Kota Yamamoto«, erwidert der schwarzhaarige Junge, den ich bereits als Spieler des Footballteams wiedererkannt habe. Er lächelt freundlich und wirkt auf Anhieb sympathisch, vielleicht weil er von den dreien am wenigsten Tattoos aufzuweisen hat. Es fällt mir leicht auch ihm ein kleines Lächeln zu schenken.

»Was hast du als nächstes, Cousinchen?«, höre ich Ian fragen, aber ich schenke ihrem Gespräch keine Beachtung. Ich erwarte, dass sich der Junge mit dem lockigen braunen Haar auch vorstellen wird, doch das tut er nicht. Ich weiß, dass ich ihn unhöflicherweise anstarre, kann meinen Blick allerdings nicht von ihm wenden.

Erst als der unhöfliche Typ Kota anstupst und ihm grinsend etwas ins Ohr flüstert, gelingt es mir meinen Blick voller Scham auf etwas anderes als den Jungen zu richten. Insbesondere, da er eindeutig mit dem Kinn auf mich deutet. Peinlich.

»Hast du jetzt auch Mathematik?«

Zara, die plötzlich an meiner Seite steht, sieht mich fragend an. Ich brauche einige Sekunden um mich zu sammeln, doch das amüsierte Lachen höre ich trotzdem. Ohne mich versichern zu müssen, weiß ich, dass es der unhöfliche Typ ist, der sich da über mich lustig macht.

»Ähm ja. Gehen wir?« Plötzlich habe ich es eilig zu verschwinden und bin erleichtert, dass mir Zara diese Möglichkeit erst eröffnet hat.
»Klar«, antwortet sie fröhlich. »Bis später, Leute!«, fügt sie in Richtung ihrer Freunde an.

Während wir über den Rasen zurückgehen, kämpfe ich gegen meine Neugierde an, muss mir allerdings schnell eingestehen, dass ich gnadenlos gegen sie verliere.

»Wer war der Junge mit dem lockigen braunen Haar?«, frage ich. Zara wirft mir daraufhin einen Seitenblick zu, den ich nicht richtig deuten kann. Wissend?

»Ach, das war Evan Davis. Dieser Idiot hat sich nicht vorgestellt, was? Tja, der wird sich später was von mir anhören dürfen, da kannst du dich drauf verlassen.«

Ich möchte noch etwas sagen, damit unser Gespräch nicht sofort wieder verstummt, aber mir fällt nichts ein, was nicht mit weiteren Fragen über Zaras Freunde enden würde. Deswegen schweige ich.

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