⊱Kapitel 39⊰

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Ich werde wach, als irgendein dämlicher Spinner die Hupe seines Wagens betätigt und die angenehme Ruhe des Samstagmorgens stört. Blinzelnd öffne ich die Augen, nur um mir eine Sekunde später meinen dröhnenden Schädel zu halten und schmerzerfüllt das Gesicht zu verziehen.

Fuck, ich habe also nicht nur davon geträumt, zu viel in mich reingeschüttet zu haben, sondern es wirklich getan. Ich setze mich vorsichtig auf und entdecke neben mir auf einem kleinen Nachttischchen ein Glas Wasser und zwei blaue Kapseln.

Gegen den Kater, steht in ordentlicher Handschrift auf dem kleinen Zettel geschrieben. Ich nehme die Pillen mit einem glücklichen Jauchzen ein und lege mich zurück auf die weichen Kissen.
Während ich die Ereignisse des letzten Abends zusammenkratze, wird mir mit jedem weiteren Detail, welches mir einfällt, mulmiger zumute.

Ich taste nach meinem Handy und sehe mit Schrecken die Nachrichten von Shane und meiner Mutter durch. Mindestens drei verpasste Anrufe von Mom und zehn weitere Nachrichten. Natürlich, Shane hat ihr Bescheid gegeben. Sicher, weil er nach meinem dämlichen Anruf krank vor Sorge um mich gewesen ist.

Verdammt, meine Mutter wird mich killen!

Während ich eine Salve von Flüchen ausstoße und nach Zaras Schuhen krame, wähle ich Shanes Nummer. Er nimmt sofort ab.
»Maggie, endlich rufst du zurück! Wo bist du? Deine Mutter versucht dich schon die-«

»Würdest du bitte damit aufhören, immer meine Mutter über alles zu informieren!«, unterbreche ich ihn kalt und schlüpfe in die unbequemen hohen Schuhe, weil ich keine anderen parat habe.

»Es tut mir leid, aber ich habe mir Sorgen um dich gemacht und die ganze Nacht kein Auge mehr zu getan. Geht es die gut?«
Ich seufze, weil ich ihm diesbezüglich nicht böse sein kann und fahre mir durch mein zerzaustes Haar.

»Ja, mir geht’s gut. Ich habe bei ... einem Freund übernachtet und gehe jetzt nach Hause. Und bitte, lass mich das allein mit meiner Mutter klären und ruf nicht sofort bei ihr an, nachdem ich aufgelegt habe.«

»Für wen hältst du mich, Maggie?«
Shane höre sich gekränkt an, aber ich habe jetzt keinen Nerv dafür auf seine Gefühle Rücksicht zu nehmen, schließlich stehe ich selbst gerade knietief in der Scheiße. »Selbstverständlich werde ich ihr nichts sagen. Ruf mich bitte danach an und erzähl mir wie es gelaufen ist, ja?«

Ich verspreche es ihm und wir legen auf. Bevor ich das Haus verlasse, statte ich dem Badezimmer noch einen kurzen Besuch ab. Ich finde eine Bürste, um mein braunes Haar zu entwirren und schrubbe mir das zerlaufene Make-up von meinem Gesicht.

Mehr kann ich fürs Erste nicht tun, aber meine Mutter wird ohnehin wütend auf mich sein und sich nicht durch ein makelloses Aussehen milde Stimmen lassen.
Im Wohnzimmer treffe ich auf Evan, der gerade Pappbecher und leere Flaschen in einen schwarzen Müllbeutel stopft. Als er mich kommen sieht, unterbricht er seine Arbeit für einen kurzen Moment.

»Wieder nüchtern?«, fragt er und knotet den Sack zu, der bereits bis oben hin gefüllt ist.

Aus der Küche dringen ebenfalls Geräusche zu uns. Evan ist nicht der einzige, der gerade das Haus aufräumt, auch wenn ich seine Mitbewohner nicht sehen kann.

»Ja. Danke für die Kopfschmerztabletten und, dass du mich nicht herausgeworfen hast. Tut mir leid, wenn ich dir Umstände bereitet habe.« Ich bin mir über meinen peinlichen Auftritt von heute Morgen leider nur allzu bewusst.
»Schon gut. Soll ich dich nach Hause fahren?«

Ich hätte ablehnen sollen, schließlich hat Evan bereits genug für mich getan. Er hat mir ein Bett zum Schlafen gegeben, nein, sein Bett, korrigiere ich mich und etwas gegen meinen Kater. Aber als ich in Evans fragendes Gesicht blicke und nicht wie gewohnt Spott und Hohn darin vorfinde, stimme ich zu.

Evan brüllt in Richtung Küche, dass er bald wieder da sein wird, dann gehen wir nach draußen.
»Du wohnst hier also?«, frage ich ihn, kaum, dass wir losgefahren sind.
»So sieht’s aus. Sonst würde ich wohl kaum meinen Vormittag mit Aufräumen verschwenden«, erwidert er und schenkt mir ein heiteres Grinsen.

»Hast du deswegen gefragt, ob du mich nach Hause fahren kannst? Um dich davor zu drücken?«

»Oh nein! Du hast mich doch tatsächlich erwischt«, scherzt er unbekümmert und wir lachen. Dieser unbeschwerte, sogar witzige Evan ist mir tausendmal lieber, als der mies gelaunte, zornige.

Mein Handy leuchtet auf und ich seufze schwer. Das wars dann wohl mit der heiteren Stimmung.
»Ist irgendwas? Du siehst ziemlich beunruhigt aus.« Evan mustert mich von der Seite aus.

»Meine Mutter. Ich habe ihr nichts von der Party gesagt, weil sie dagegen gewesen wäre, wenn Shane mich nicht begleitet hätte. Allerdings hat sie davon erfahren und ruft mich nun jede Minute an, weil ich noch dazu nicht nach Hause gekommen bin«, gestehe ich und weiß selbst nicht, warum ich das ausgerechnet Evan anvertraue.

»Was denn Shane spielt deinen Babysitter? Ist das nicht etwas übertrieben?«
Ich nicke und rutsche unruhig auf meinem Sitz hin und her.

»Das ist es. Du musst verstehen, meine Mutter ist sehr überfürsorglich und nachdem mein Dad sie betrogen hat, ist es noch schlimmer geworden. Sie will mich vor jeder noch so kleinen Gefahr beschützen und denkt, dass Zara einen schlechten Einfluss auf mich ausübt.«

»Auch wenn du doch so offensichtlich nicht beschützt werden willst?«, fragt er und scheint jedes Wort ernst zu meinen.
»Wie meinst du das?« Irritiert starre ich in sein ebenmäßiges Gesicht. Seine grünen Augen leuchten wissend.
Ich will mich von meiner Mutter nicht beschützen lassen?

Evan lacht und wechselt den Gang.
»Du kennst mich praktisch kaum und doch hast du die Nacht neben mir in meinem Bett verbracht. Meinst du nicht, dass du unbewusst die direkte Gefahr suchst?«

Er hat sich tatsächlich neben mich gelegt? Bei dieser Vorstellung schlägt mein Herz plötzlich doppelt so schnell. Dennoch versuche ich mich auf das Gespräch zu konzentrieren und mich nicht von wirren Gefühlen beeinflussen zu lassen.

»Soll, das etwa bedeuten, dass du gefährlich bist?«
Ich schmunzele darüber, während Evan den Wagen stoppt, weil die Ampel vor uns auf Rot gesprungen ist.
»Nur, wenn du dein Herz an mich verlierst, Maggs.«

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