Entnervt sieht mir Evan dabei zu, wie ich umständlich zu ihm in den Wagen steige. Vermutlich bin ich ihm zu langsam, aber es interessiert mich herzlich wenig. Diesen Gedanken entnehme ich zumindest dem ungeduldigen Trommeln seiner schlanken Finger auf dem Armaturenbrett.
Er brummt etwas Unverständliches, als ich ungeschickt am Gurt herumfummele, aber schließlich rastet er ein und Evan fährt los. Weil ich noch immer sein unmögliches Verhalten von gestern im Kopf habe, sage ich zu ihm kein Wort und starre stattdessen aus dem Fenster.
Dabei versuche ich so gut wie es geht, die Lautstärke des Radios auszublenden. Evans Musikgeschmack nervte mich bereits nach wenigen Minuten, doch ich verkneife mir einen Kommentar, weil ich nicht der Typ Frau bin, der wegen einer Kleinigkeit sofort einen Streit vom Zaun bricht.
Ich habe keine Ahnung wohin wir fahren und das beharrliche Schweigen von Evan trägt nicht unbedingt zu meiner Beruhigung bei, als mir nach zehn Minuten Fahrt bewusst wird, dass ich den Jungen neben mir überhaupt nicht kenne.
Wie leichtsinnig verhalte ich mich eigentlich, wenn ich ohne darüber nachzudenken zu einem Wildfremden ins Auto steige?
Als hätte Evan meine Gedanken gelesen, sagt er plötzlich: »Keine Sorge, Kleine, Vergewaltigung habe ich nicht nötig.«Es dauert einen Moment, bis ich sein gesagtes begreife, doch als es soweit ist, bekommt mein Gehirn auch nichts Besseres als ein überfordertes »Was?« zu Stande.
Evan verdreht die Augen, was mir kurz Zeit gibt, um ihn genauer zu betrachten.Das lockige braune Haar fällt ihm zerzaust in die Stirn, fast so als hätte ihn Zara aus dem Schlaf gerissen, als sie ihn dazu gezwungen hat mich von zu Hause abzuholen. Aus freien Stücken heraus tut er das nämlich ganz sicher nicht.
Als wir an einer roten Ampel halten, dreht Evan das Radio etwas leiser und seinen Kopf in meine Richtung. Dabei bemerke ich, dass Evan zu einer dunkelblauen Jeans ein eng anliegendes weißes Shirt trägt, durch welches seine Tattoos kaum merklich durchschimmern.
Ich zwinge mich dazu den Blick von seinem Körper wieder auf sein Gesicht zu richten. Falls Evan etwas bemerkt hat, besitzt er wenigstens den Anstand mich nicht darauf anzusprechen.
»Was hattest du gestern auf der Party zu suchen?«Ich habe mit allem gerechnet, nur nicht mit dieser Frage. Verwundert ziehe ich eine Augenbraue nach oben, während ich meine Hände zu einem nervösen Knoten verschlinge.
»Zara hat mich eingeladen, das habe ich doch schon ...«
»Du hattest dort nichts verloren. Falls es dir nicht entgangen ist, du passt nicht zu uns«, unterbricht er mich kühl und sieht mir fest in die Augen. Das Grün seiner Iriden wirkt undurchdringlich. Ich schlucke fest, dann schüttele ich den Kopf.
»Zara ist da anderer Meinung und Kota im übrigen auch«, erinnere ich ihn unnötigerweise, obwohl ich mir selbst nicht sicher bin. Evans zorniger Blick jagt mir einen eisigen Schauer über den Rücken, sodass ich mir mit einem Mal wünsche meine Jacke doch mitgenommen zu haben.
»Mich interessiert einen Scheiß, was die anderen denken«, knurrt Evan, die Zähne fest zusammengepresst. »Ich will, dass du abhaust, kapiert? Von mir aus lüge Zara an und sag ihr, dass du kein Interesse an einer Freundschaft mit ihr hast. Ist mir egal was du tust, Hauptsache ich muss dich nicht mehr sehen.«
Ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass mich Evans Hass hart trifft, zumal ich nichts getan habe, um ihn zu verdienen. Ich blinzele die verdammten Tränen weg, die sich aus meinen Augen schleichen wollen und straffe die Schultern.
»Was ist, wenn ich es nicht tue?«, will ich wissen, fest entschlossen mich nicht von einem Mistkerl wie Evan einschüchtern zu lassen.
Ein Hupkonzert ertönt plötzlich, weil die Ampel bereits grün ist und Evan noch immer keine Anstalten macht loszufahren.Als er sich zu mir herüber lehnt und den Abstand zwischen uns in so weit verringert, dass ich seinen Duft wahrnehmen kann, schießt mein Puls vor Angst in die Höhe.
»Dann schwöre ich, mache ich dir das Leben persönlich zur Hölle«, antwortet er mit ruhiger, tiefer Stimme.Mir stellen sich die feinen Härchen in meinem Nacken auf, als Evan die Fensterscheibe auf seiner Seite herunterlässt, um dem Fahrer hinter ihm seinen Mittelfinger zu zeigen und gleichzeitig das Gaspedal voll durchdrückt.
Der Wagen schießt davon, im selben Moment, als die Ampel auf Orange wechselt. Panisch kralle ich die Nägel in das teure schwarze Leder und hoffe, dass Evan nicht nur so tut als wäre er ein guter Fahrer. Doch auch als er das halsbrecherische Tempo herunterschraubt, schaffe ich es nicht mich zu entspannen.
Erst als er hält und ich endlich aus dem Auto springen kann, beruhige ich mich wieder. Als ich auf dem Parkplatz stehe, erkenne ich das hübsche kleine Diner wieder, in dem ich bereits öfters mit Shane war. Hier machen sie die mit Abstand leckersten Fritten von ganz Arizona, auch wenn mir nach dieser temporeichen Fahrt alles andere als nach Essen zumute ist.
»Evan, Maggie, da seid ihr ja endlich!«, ist das erste, was Zara zu uns beiden sagt, als wir das Diner betreten.
Obwohl ich noch immer sauer auf sie bin, weil sie Evan geschickt hat um mich abzuholen, setzte ich mich zu ihr, Kota und Ian an den Tisch, um so schnell wie möglich von Evan wegzukommen. Da keine Plätze mehr frei sind, muss er sich jetzt neben Dylan an den gegenüberliegenden Tisch setzen.
»Wir dachten schon ihr kommt überhaupt nicht mehr«, fügt Dylan an, der mit seinen bunten Tattoos, den roten Haaren und dem drei-Tage-Bart, wie eine jüngere Version von Ed Sheeran aussieht.
»Regt euch ab, ich war nicht mal in der Nähe von Maggies Haus, als mich Zara anrief«, schnaubt Evan und wirft mir einen wütenden Blick zu, als sei das alles bloß meine Schuld. Ich ignoriere ihn und versuche nicht an seine Drohung zu denken.
»Chill, Davis. Deine Launen hält ja kein Mensch auf Dauer aus.«
»Fick dich, Carter«, erwidert Evan trocken, was Ian allerdings nicht zu stören scheint. Achselzuckend beißt er in seinen Hamburger, während ich mich nicht zum ersten Mal an diesem Abend frage, wieso ich auf Zaras Vorschlag eingegangen bin.
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Light up my World
Teen FictionSie sind so verschieden, wie die Farben Rot und Blau, doch zusammen ergeben sie ein atemberaubendes Violett! Als Maggie Frey und Evan Davis sich zum ersten Mal begegnen, ahnen sie noch nicht, was alles auf sie zukommen wird. Denn obwohl zunächst all...